In diesem Psalm sehen wir den HERRN Gott, wie er in souveräner Macht bereitsteht, um die Gewalten und Regierungen dieser Erde zu richten. Es geht dabei um die heidnischen Mächte, denen er das Schwert nach der Verwerfung Israels anvertraut hatte. Er fordert sie, auf Rechenschaft über ihre Verwaltungstätigkeit abzulegen. Er erinnert sie daran, wie ihr Auftrag ausgesehen hat, überführt sie von ihrer Untreue dem gegenüber und verkündet dann das Urteil. Daraufhin gewinnt sein Volk Zuversicht und ruft ihn auf, seine große Macht zu ergreifen und auszuüben. Wir wissen, dass er nach diesem Gericht die Nationen zu seinem Besitztum erklären wird und wir wissen auch, dass die „Bewohner des Erdkreises“ Gerechtigkeit lernen, wenn seine Gerichte die Erde treffen (Jes 26,9; Off 15,4).

Wie gesegnet ist dagegen die Betrachtung der Treue Christi in Bezug auf das, was ihm anvertraut worden ist, im Gegensatz zu der Untreue, die hier verurteilt wird. Das Königtum wird deshalb nicht von ihm genommen, sondern er wird es übergeben (1. Kor 15,24). Ein weiterer Beweis seiner Treue.

Aber ich möchte noch hinzufügen, dass es uns hilft, den Gegensatz zwischen der vergangenen und heutigen Haushaltung zu sehen. Damals setzte Gott unter seinem Volk irdische Götter bzw. Richter (siehe Anmerkung) als Repräsentanten seiner Macht und Regierung ein (vgl. 2. Mose 22,28). Dagegen ist es nun der vom Himmel herabgesandte Sohn, voller Gnade und Wahrheit, der diese Stellung einnimmt. Er tut das nicht noch einmal als ein Stellvertreter des Gerichts in der Welt, sondern als ein Diener der Gnade. Ein Richter oder weltliche Autorität war der Ausdruck der damaligen Zeit – der Sohn des Vaters, voller Gnade gegenüber Sündern, ist der Ausdruck der heutigen Zeit (vgl. Joh 10,32–38). Dennoch sind die Richter bzw. weltlichen Autoritäten auch heute noch von Gott „verordnet“ (Röm 13,1). Dieser Psalm setzt das voraus, da er uns ihren Prozess und ihre Absetzung zeigt, wenn der Herr sein Königreich aufrichtet. Die heutige Zeit wird allerdings nicht durch diese beiden Handlungen charakterisiert, sondern durch Gnade.

[Eingesandt von Stephan Keune]