Die Verhältnisse auf der Erde, ob im Frieden oder im Krieg, sind wie Ebbe und Flut. Wenn wir zu sehr damit beschäftigt sind, werden auch unser Geist und unsere Empfindungen der entsprechenden Ebbe oder Flut unterworfen sein: einem ständigen Wechsel zwischen Weinen und Jubel. Um im Frieden des Herzens sicher verankert zu sein, muss unser Sinn fest auf den Herrn gerichtet sein, und die Kenntnis Seiner Fülle, die in allen Seinen Eigenschaften und Funktionen zum Ausdruck kommt, kann uns hierbei sehr gut helfen.

Die zwei Jünger auf dem Weg nach Emmaus waren zutiefst niedergeschlagen. Bei ihnen war es keine gewöhnliche Ebbe. Die Ereignisse hatten den Anschein einer katastrophalen Flutwelle. Und doch machten die Ausführungen des Herrn Jesus Christus über „das, was Ihn betraf“ „in allen Schriften“ ihre Herzen wieder brennend. Auch wir dürfen solche Jünger sein, deren Herzen brennen, wenn wir Ihn beständig und oft in dieser Weise betrachten.

Wir können sicher davon ausgehen, dass der große messianische Abschnitt in Jesaja 52,13 – 55,13 unter allen Schriften, auf die der Herr die Gedanken der zwei Jünger richtete, einen bedeutenden Platz einnahmen. Wir lesen dort zu Beginn eine Prophezeiung der kommenden Erhöhung des einst erniedrigten Knechtes des Herrn und sehen Ihn im weiteren Verlauf in Seiner Verwerfung, als Seine Seele das Sündopfer stellte. Wir entdecken, dass Seine Schmach und Seine Leiden nicht jede Aussicht auf Seine Herrlichkeit zerstörten, sondern die sichere Grundlage bildeten, auf der Seine Herrlichkeit für immer ruhen wird. Das wird im letzten Vers von Jesaja 53 hervorgehoben: „Darum werde ich ihm die Großen zuteil geben … dafür dass er seine Seele ausgeschüttet hat in den Tod.“ Dann lesen wir in Jesaja 54 von der darauf folgenden Wiederherstellung und Segnung Israels, wenn die bis dahin vereinsamte Nation in Jubel ausbrechen wird. In Kapitel 55 folgt ein Aufruf an alle „Durstigen“, der das Einführen der Nationen mit sich bringen wird. Vom alttestamentlichen Standpunkt aus betrachtet, kommt die Segnung Israels vor der Segnung der Nationen, aber die tatsächliche historische Tatsache ist, dass der Ruf an die Nationen, der das Herausrufen einer Auswahl aus ihrer Mitte zur Folge hat, der nationalen Segnung Israels vorausgegangen ist.

In kommenden Tagen wird sich Jesaja 55 natürlich völlig erfüllen: in der Segnung der Nationen in Verbindung mit Israel im Tausendjährigen Reich. Aber es gibt auch eine gegenwärtige Erfüllung dieses Kapitels. Vers 5 ist zum Beispiel ein Vorausschatten auf die Aussage des Herrn in Matthäus 21,43. Auch die „gewissen Gnaden Davids“ (Vers 3) werden von Paulus in Apostelgeschichte 13,34 im Hinblick auf die Auferstehung Christi aus den Toten zitiert. Diese Gnaden stehen nun allen zur Verfügung, die glauben, seien sie Juden oder Nationen.

Das macht auch die Bedeutung von Vers 4 vollkommen klar, mit dem wir uns jetzt ein wenig beschäftigen wollen. In diesem Vers ist die Rede von „Völkerschaften“. Nachdem der Prophet von dem erniedrigten Knecht gesprochen hat, der durch Seinen Tod Sühnung bewirkt hat, und der jetzt auferweckt ist und die „gewissen Gnaden Davids“ austeilt, sagt er dann im Namen des Herrn: „Siehe, ich habe ihn zu einem Zeugen für Völkerschaften gesetzt, zum Fürsten (o. Führer) und Gebieter von Völkerschaften.“ In diesen Eigenschaften wird Er in dem kommenden Zeitalter völlig offenbart werden; wir dürfen jedoch den geistlichen Segen jenes Zeitalters schon vorwegnehmen, denn wir kennen Ihn heute schon so.

Als der Zeuge für die Völkerschaften steht Er absolute allein da. Nur Er ist der Offenbarer Gottes als der eingeborene Sohn, der „im Schoß des Vaters“ ist (Joh 1,18). Er ist der „treue Zeuge“ und der „treue und wahrhaftige Zeuge“ (Off 1,5; 3,14). Daher dürfen wir in Ihm Gott so erkennen, wie Er wirklich ist. Es ist sehr notwendig, unsere Herzen immer wieder daran zu erinnern, weil die Menschen der Welt immer dazu neigen, Gott nach dem zu beurteilen, was sie in der Welt sehen. Das führt sie zu einem völligen Fehlurteil über Ihn, und so beschweren sie sich über Ihn. Und wir sind oft versucht, vom Grundsatz her in denselben Fehler zu verfallen, indem wir uns über Seine Wege beschweren, die schon mal das eine oder andere über uns kommen lassen. Wenn wir jedoch unsere Blicke auf Jesus richten und dort lassen, werden wir im Licht der Erkenntnis Gottes wohnen. In Jesus scheint das Licht Seines Angesichts auf uns, und so haben wir Frieden.

Wenn Er als Zeuge allein dasteht, können wir einen Gegensatz feststellen, wenn wir Ihn als Führer und Gebieter betrachten. Hier geht es notwendigerweise auch um andere – solche die Er führt und denen Er gebietet. Als Führer geht Er vor uns her, steckt den Pfad ab und zeigt den Weg. Als Gebieter gibt Er Anweisungen und unterweist uns in allem Willen Gottes. Wir brauchen beides und finden beides in ihm, denn Gott hat diesen Jesus, den die Menschen gekreuzigt haben, „sowohl zum Herrn als auch zum Christus“ gemacht. Als Herr handelt Er im Interesse Gottes, verwaltend und unterweisend, was dem „Gebieter“ entspricht. Als Christus nimmt Er Seinen Platz als das auferstandene und gesalbte Haupt der ganzen erlösten Schöpfung und insbesondere als Haupt Seiner Versammlung ein. Das geht über das hinaus, was mit „Fürst (o. Führer)“ gemeint ist.

Als Er auf der Erde war, sagte Er selbst: „Und ich, wenn ich von der Erde erhöht bin, werde alle zu mir ziehen” (Joh 12,32). Das ist eine klarere Aussage über das, was in Jesaja 55,5 festgestellt wird. Wir, die Nationen, die wir „entfremdet dem Bürgerrecht Israels, und Fremdlinge betreffs der Bündnisse der Verheißung“ waren, sind von Ihm berufen worden und sind eine Art Erstlingsfrucht der Nationen, die Ihm zulaufen werden, um des HERRN willen.

Als Führer ist Er also das Haupt der Gläubigen und ihr großer Stellvertreter vor Gott. Als Gebieter spricht Er mit göttlicher Autorität und macht uns mit dem Willen Gottes bekannt. Auch andere sind im Blickfeld, wie wir bemerkt haben, doch diese Eigenschaften hat Er einzig und allein. Die Ämter stehen ausschließlich Ihm zu. Keinem anderen sind wir zur Treue verpflichtet. Kein anderer kann uns mit Autorität gebieten.

Die Gebote, die Er gibt, sind keine gesetzlichen Verordnungen, von deren Einhaltung unsere Stellung vor Gott abhängt, wie es bei dem Gesetz Moses der Fall war. Aber trotzdem sind es Gebote. Kein Apostel redet mehr davon als der Apostel Johannes, sowohl in seinem Evangelium, wo Er die Worte des Herrn wiedergibt, als auch in seinem Brief. Der Apostel Paulus besteht darauf, dass sogar die detaillierten Belehrungen über das, was sich in den Versammlungen der Heiligen geziemt, die Gebote des Herrn sind (vgl. 1. Kor 14,37). „Seine Gebote sind nicht schwer“ (1. Joh 5,3).

[Der Text wurde von Marco Leßmann übersetzt]