Bei der Vergebung der Sünden durch Gott sollten wir drei Aspekte unterscheiden:

  1. Die ewige Vergebung. Die empfängt der Sünder, wenn er in Buße mit seiner Lebensschuld zu Gott geht. Das Verhältnis mit Gott kommt auf ewig in Ordnung. Siehe Apostelgeschichte 10,43; Apostelgeschichte 13,38.39.
  2. Die wiederherstellende Vergebung. Diese Vergebung empfängt das Kind Gottes, wenn es seine Sünde vor seinem himmlischen Vater bekennt. Die praktische Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohn wird wiederhergestellt.  Siehe 1. Johannes 1,9 und 2,1–2.
  3. Die regierungsmäßige Vergebung. Diese Art der Vergebung empfängt der Gläubige, wenn er seine Schuld einsieht und Gott sein Ziel in seiner Regierung erreicht hat. Jakobus 5,15; Matthäus 6,12–14; Matthäus 18,35; Markus 11,25–26.

Der dritte Punkt mag etwas befremden. Ich bestehe auch nicht darauf, die Formulierung „Vergebung“ in diesem Zusammenhang zu verwenden. Aber die Sache selbst ist doch wichtig. Nun, denken wir zunächst etwas über das Thema „Regierung“ nach. Als David seine schreckliche Sünde mit Urija und Bathseba bekannte, sprach Nathan ihm sofort Vergebung zu (2. Sam 12,13). Die Sommerdürre in seiner Seele konnte sich jetzt in Saft verwandeln (Ps 32,4). Die Gemeinschaft mit Gott war wieder in Ordnung! Aber die Folgen in den Regierungswegen blieben doch bestehen (2. Sam 12,14). Wenn Gott dann solche Folgen wegnimmt, ist das seine regierungsmäßige Vergebung.

Denken wir auch an die Sünde zum Tod in 1. Johannes 5. Wenn ein Christ diese Sünde begangen hat, tangiert das keineswegs die ewige Vergebung. Wenn er seine Schuld bekennt, wird er auch wieder den Frieden der Seele genießen dürfen. Aber die (ganz besonders schreckliche) Sünde wird in den Regierungswegen zum leiblichen Tod führen. Eine Änderung der Zucht – eine Vergebung in dieser Beziehung – kann es in diesem Sonderfall nicht geben. In anderen Fällen natürlich schon.

Eine Illustration mag helfen, das Ganze etwas deutlicher zu machen:

Ein Junge ist sehr faul und bringt grottenschlechte Noten nach Hause. Anstatt Hausaufgaben zu machen, jagt er lieber stundenlang einem Lederball hinterher. Und das auch noch zwischen den Wohnblocks. Der Vater ordnet deshalb an, dass der Sohnemann ein bestimmtes Lernpensum erfüllen muss, bevor er Fußballspielen – und zwar auf dem Bolzplatz – gehen darf.

Der Sohn pfeift auf dieses Wort – und zerschmettert mit dem Fußball eine Fensterscheibe. Das gibt mächtigen Ärger mit den Nachbarn; aber der Vater hilft seinem Sohn aus der Klemme, indem er den Schaden großzügig aus seiner Tasche begleicht. Er sagt seinem Sohn, dass er das Geld nicht von ihm zurückfordern würde – er könnte es ohnehin nicht bezahlen. Die Schuld ist getilgt und nie wird der Sohn dafür zur Rechenschaft gezogen werden. Es wurde ja für ihn bezahlt. – Und so ist es im Blick auf die ewige Vergebung.

Der Vater wechselt mit seinem Sohn nach dem Vorfall kaum ein Wort. Er geht ihm aus dem Weg und verlangt, dass sein Stammhalter früh zu Bett geht. Außerdem verhängt er ein komplettes Fußballverbot. Die Stimmung ist auf dem Nullpunkt. Endlich macht sich der Junge auf und schleicht zu seinem Vater und bittet ihn inständig um Verzeihung. Der Vater gibt ihm einen Kuss und sagt: „Ist gut, mein Junge“. Beide wechseln noch einige freundliche Worte. – Das ist die wiederherstellende Vergebung.

Am nächsten Tag steht der Sohn um 17.00 Uhr auf der Matte und sagt zu seinem Vater: „Ich habe viel gelernt. Jetzt möchte ich noch etwas Fußball spielen – nur ein Stündchen und nur auf dem Bolzplatz.“ „Nein“, antwortet der Herr Papa. „Aber du hast mir doch vergeben.“ „Das stimmt. Aber in meiner Erziehung (Regierung) bleibe ich bei meinem Verbot. Du darfst nicht gehen. Das ist besser für dich.“ Der Junge schluckt zweimal und verschwindet wortlos in seinem Zimmer … In den nächsten Tagen büffelt der Knabe eifrig. Auch ist deutlich zu erkennen, dass er nicht mehr einfach „überhört“, was die Eltern ihm sagen. Der Vater merkt, wie leid es seinem Sohn tut und wie tief ihn seine Strafe getroffen und auch verändert hat. Eines Tages wirft der Vater ihm den Fußball zu und sagt: „Junge, spiele heute, so lange wie du willst. Du hast dich verändert. Ich vergebe dir. Das Wort Vergebung mag dir seltsam vorkommen, aber es besagt, dass ich die Strafe hiermit beende.“ – Das ist die Vergebung in der Regierung (Erziehung).

Nehmen wir die Sünde nicht auf die leichte Schulter. Mit einem Bekenntnis ist es allein nicht getan. Der Vater im Himmel achtet auch auf unser Verhalten und züchtigt uns dementsprechend. „Wer seine Übertretungen verbirgt, wird kein Gelingen haben; wer sie aber bekennt und lässt, wird Barmherzigkeit erlangen“ (Spr 28,13).

[In Anlehnung an: „Forgiveness of sins in three aspects“ von George Cutting]