Was ist mit dem „Engel der Versammlung“ gemeint, die wir in den sieben Sendschreiben finden?

Es ist klar, dass es keine buchstäblichen Engel sein können. Denn der Engel der Versammlung ist verantwortlich für das, was in der Versammlung geschieht, und wird auch zur Buße aufgefordert. Ein Engelwesen wird nie zur Buße gerufen. Das scheidet also aus. Und hierbei ist die Bemerkung nützlich, dass „Engel“ zunächst einfach „Bote“ oder „Stellvertreter“ heißt. Wenn in der Schrift von Engeln die Rede ist, dann sind nicht immer die erschaffenen Himmelswesen gemeint. So ist der „Engel des HERRN“ (Einzahl) im Alten Testament oft eine Bezeichnung des Herrn Jesus Christus selbst.

Der Gedanke der Stellvertretung scheint uns weiterzuführen. Das möchte ich gerne etwas illustrieren. Stellen wir uns mal einen örtlichen Verein vor, der eine Vereinsversammlung abhält, weil der Verbandspräsident eine Botschaft an den Verein richten will. Der Verbandspräsident ordnet an, dass die Verantwortlichen des Vereins und diejenigen, die dem Verein das Gepräge geben (also der Vorstand, verdiente Mitglieder usw.), separat sitzen, aber dass alle Vereinsmitglieder anwesend sein sollen. In der Vereinsversammlung wendet er sich nun an die, die für den Verein verantwortlich sind – doch alle Vereinsmitglieder hören zu. Er wendet sich nicht direkt an die gesamte versammelte Mannschaft, da er davon ausgehen muss, dass nicht alle so gut zuhören und verstehen werden, worum es geht.

Übertragen wir das auf die örtliche Versammlung! Die örtliche Versammlung ist natürlich kein Verein und sie hat auch keinen Vorstand. Aber wir verstehen das Bild: Der Herr Jesus wendet sich an die Versammlung. Er gibt seine Beurteilung ab. Dabei spricht er diejenigen an, die Verantwortung tragen. Da ein Niedergang eingesetzt hat, kann er nicht „frei“ alle ansprechen, wie es in den Briefen der Fall gewesen war. Dennoch gilt die Botschaft allen, die Ohren haben zu hören.

Bei dem „Engel der Versammlung“ geht es also um das „verantwortliche Element“ in einer Versammlung. Das ist nicht der Pastor oder der Gemeindevorsteher – denn das finden wir nirgends im Neuen Testament –, sondern es sind Brüder, die beispielsweise einen Ältestendienst oder den Dienst des Wortes versehen (ohne dies darauf beschränken zu wollen). Die, die eine besondere Verantwortung haben, sind in erster Linie gefordert, die ernsten Botschaften unseres großen Herrn in das Gemeindeleben hineinzunehmen.