Der reiche Oberzöllner Zachäus will den Herrn Jesus sehen. Es geht ihm um seine Person und nicht um ein Zeichen (im Gegensatz zu Herodes, Lukas 23,8). Die Blicke des Retters und dieses Sünders treffen sich. Der Herr tut dann etwas, was uns nicht zusteht: Er lädt sich selbst ein. Alle murren darüber, dass Jesus zu ihm geht und sagen, dass Zachäus ein sündiger Mann sei. Die Volksmenge offenbart damit ein sündig primitives Schubladendenken. Für sie ist die Formel einfach: Zöllner = Sünder.

Mir scheint, dass Zachäus auf dieses Vorurteil eingeht. „Zachäus aber trat hinzu und sprach zu dem Herrn: Siehe, Herr, die Hälfte meiner Güter gebe ich den Armen, und wenn ich jemand etwas durch falsche Anklage genommen habe, erstatte ich es vierfach“ (Vers 8). Zachäus macht darauf aufmerksam, dass dieser Vorwurf nicht stimmt. Er verteidigt sich nicht vor den Menschen, sondern sagt es dem Herrn. Aber gewiss nicht, um sich zu rechtfertigen, denn ansonsten hätte Christus ihm nicht direkt darauf das Heil zugesprochen. Zachäus macht klar, dass er mit seinem alten Leben bereits gebrochen hat und mit dem Beschenken der Armen und dem Zurückzahlen der erpressten Gelder bereits angefangen hat.

Aber wenn auch das, was die Menschen sagen, so nicht (mehr) stimmte, so war Zachäus dennoch klar, dass er unbedingt diesen Jesus brauchte. Damit bildet er einen wohltuenden Kontrast zu einem anderen kurz vorher erwähnten reichen Mann, der sich auf seine Werke etwas einbildete (Lk 18,18 ff.). Zachäus versteht, dass man nicht aus Werken, sondern nur durch Glauben gerechtfertigt wird. Damit tritt er in die Fußstapfen Abrahams, der der (moralische) Vater aller Gläubigen ist (Röm 4). Und so sagt dann der Herr: „Heute ist diesem Haus Heil widerfahren, da ja auch er ein Sohn Abrahams ist; denn der Sohn des Menschen ist gekommen, zu suchen und zu erretten, was verloren ist“ (Vers 9.10).

Anmerkung: Diese Worte des Zachäus (Vers 8) legen jedoch viele so aus, dass sie sich auf die Zukunft beziehen, dass Zachäus also davon spricht, was er künftig (als Gläubiger) für den Herrn tun will. Er würde dann mit seiner Aussage der Buße würdige Früchte zeigen und wahren Glauben offenbaren. Unmöglich ist diese Auslegung sicher nicht und wir haben an anderer Stelle diese Ansicht auch vorgestellt. Aber es tun sich doch gewisse Probleme auf:

  • Denn Zachäus nimmt Bezug auf den Vorwurf der Menschen, die auf sein bisheriges Leben abzielen (man beachte das „aber“ in Vers 8).
  • Die hier verwendete Zeitform ist Präsens. Es mag nicht auszuschließen sein, dass das im futuristischen Sinn gebraucht wird, aber es ist nahe liegender, davon auszugehen, dass Zachäus das beschreibt, was er zu tun gewohnt war (ohne die Zukunft auszuschließen).
  • Wenn Vers 8 das Tun eines Gläubigen beschreibt, der den Herrn kennt, warum kommt es dann vor der Aussage, dass dem Haus Heil widerfahren ist? (Allerdings ist nicht auszuschließen, dass Zachäus, wie Kornelius, bereits schon neues Leben besaß.)
  • Wenn es das Tun des Gläubigen beschreibt, sollte Zachäus dann davon ausgehen, dass er eine falsche Anklage vornehmen wird (so könnte man seine Aussage zumindest verstehen)?