„Denn alles, was zuvor geschrieben ist, ist zu unserer Belehrung geschrieben, damit wir durch das Ausharren und durch die Ermunterung der Schriften die Hoffnung haben“ (Röm 15,4).

Die Hoffnung hat ein Auge, das den Himmel selbst an Wolkentagen sehen kann, einen Anker, der festes Land unter Wassermengen findet.

Die wahre Hoffnung ist ein Juwel, das nur die Braut Christi trägt, eine Gnade, die nur das Herz des Gläubigen kennt. Christuslos und hoffnungslos gehören zusammen (Eph 2,12).

Wir werden aufgefordert, den „Helm des Heils” zu nehmen, und das nicht nur zu gewissen Gelegenheiten, um ihn dann wieder wegzuhängen, bis die nächste außerordentliche Bedrängnis uns dazu führt, ihn wieder herunterzuholen und aufzusetzen. Wir sollen ihn aufsetzen und nie wieder ablegen, bis Gott ihn uns abnimmt und uns stattdessen eine Krone der Herrlichkeit aufsetzt. „Seid nüchtern und hofft völlig“, lautet der Rat des Apostels Petrus (1. Pet 1,13).

Die Hoffnung auf den Himmel verdrängt die Welt in den Gedanken des Christen. Wer zum Himmel aufsieht, dem bleibt keine andere Wahl, als von der Erde wegzuschauen. Das Auge der Seele kann genauso wenig wie das Auge des Körpers gleichzeitig nach oben und nach unten blicken. Hier unten ist meine Hoffnung nicht, sagt die Seele, und darum auch nicht meine Heimat; meine Hoffnung ist im Himmel, von woher ich meinen Heiland erwarte, und meine Errettung, die er mitbringt.

Hast du den Himmel im Auge? Das ist mehr, als wenn du die ganze Welt in der Hand hättest. Der größte Monarch, den die Erde hat, wäre in seiner Sterbestunde froh, wenn er seine Krone gegen deinen Helm eintauschen könnte. Seine Krone kann ihm nicht diesen Helm beschaffen, aber dein Helm wird dir die Krone einbringen, eine Krone, nicht aus Gold, sondern aus Herrlichkeit, die, wenn sie einmal angezogen ist, nie wieder abgenommen wird.

Warum werden Menschen träge und schwerfällig im Dienst für Gott? Weil ihre Hoffnung ebenso ist. Hoffnungslos und leblos gehen Hand in Hand. Es ist kein Wunder, dass die Arbeit nicht gut von der Hand geht, wenn die Menschen nicht die Hoffnung auf eine gute Bezahlung haben. Wer nur für den Lohn eines Liedes arbeitet, wird bei der Arbeit nicht singen. Der beste Kunde wird immer am besten und ehesten bedient, und als besten Kunden sehen wir den an, der wahrscheinlich am besten zahlen wird. Wenn wir so über Gott denken würden, würden wir alles stehen und liegen lassen und nur noch ihm dienen. Nichts befreit die Seele mehr von Faulheit und Lustlosigkeit des Geistes im Dienst für Gott als eine erneuerte und gestärkte Hoffnung. Das ist genau die Arznei, die die Apostel für diese Krankheit verordnen: „Wir wünschen aber sehr, dass ein jeder von euch denselben Fleiß beweise zur vollen Gewissheit der Hoffnung bis ans Ende, damit ihr nicht träge werdet“ (Heb 6,11.12).

 „Welche solltet ihr dann sein in heiligem Wandel und Gottseligkeit, indem ihr erwartet und beschleuniget die Ankunft des Tages Gottes“ (2. Pet 3,11.12). Lebe deiner Hoffnung entsprechend, lieber Christ; lass deine Handlungen der Würde deiner Grundsätze entsprechen, und deinen Weg auf der Erde der Würde deiner Hoffnung auf den Himmel. Das Auge sollte den Fuß leiten. Du erwartest die Errettung; dann geh auch in die Richtung, in die dein Auge blickt. Es gibt eine Würde, und wenn ein Christ sie nicht beachtete in seinem Leben, dann gibt er seine hohe Berufung und seine Hoffnungen dem Spott preis. Hoch zu blicken und niedrig zu leben, wie lächerlich sieht das aus!

Möge deine Hoffnung deine Zuneigungen zur Welt dämpfen. „Seid nüchtern und hofft“, sagt der Apostel (1. Pet 1,13). Wer so viel in einer anderen Welt zu erwarten hat, kann sich wohl mit dem Wenigen in dieser Welt zufriedengeben. Nichts bekommt der himmlischen Hoffnung schlechter als ein irdisch gesinntes Herz.

Ich zweifle nicht daran, dass jeder geneigte Leser bestätigt, dass man in seiner Hoffnung dem Himmel umso näher kommt, je weiter man sich in seinen Wünschen von der Erde entfernt. Wer auf jener Zinne des Himmels steht, dem erscheint der Misthaufen der Welt so winzig wie ein kleines Staubhäufchen.

[Aus „Extracts from the Writings of William Gurnall, selected from Hamilton Smith“. Übersetzung von: Marco Leßmann]