Es war der Tag des Sabbats und unser Herrn ging seiner Gewohnheit nach in die Synagoge. Synagogen waren keine Orte der Anbetung (es gab nur einen solchen Platz in Israel: der Tempel Gottes in Jerusalem), sie waren lediglich Gebäude, in denen Kopien der Schriften unter der Aufsicht eines Gelehrten aufbewahrt wurden, dessen Pflicht es war, dem Volk das Lesen in den Schriften zu ermöglichen und sie ihm zu erklären. Der Heiland trifft in der Synagoge auf einen Mann mit einer verdorrten Hand. Sein ganzes Herz voller Mitleid wandte sich augenblicklich diesem Mann zu. Vor kurzem erst war er von den Pharisäern dafür kritisiert worden, dass er seinen Jüngern am Sabbat erlaubt hatte, ihren Hunger an einem Kornfeld zu stillen; dieser geplagte Mann nun wurde ein neuer Anklagegrund für sie. Nach Markus und Lukas stellte der Herr ihnen die Frage: „Ist es erlaubt, am Sabbat Gutes zu tun oder Böses zu tun?“ Matthäus fügt eine weitere Frage hinzu: „Welcher Mensch wird unter euch sein, der ein Schaf hat und, wenn dieses am Sabbat in eine Grube fällt, es nicht ergreifen und aufrichten wird? Wie viel vorzüglicher ist nun ein Mensch als ein Schaf!“

Das natürliche Herz liebt Äußerlichkeiten. Religiöse Anordnungen sprechen es stark an. Auf die Beachtung selbiger haben die religiösen Führer immer streng geachtet, sogar wenn sie dadurch Gottes Werk der Gnade behinderten. Was kümmerte es die Pharisäer in den Tagen unseres Herrn, dass das Land in einem jämmerlichen Zustand war, wenn nur die Formen des Sabbats eingehalten wurden. Die Menschen in diesen Tagen würden eher Seelen hilflos alleine und umkommen lassen, als dass die feststehenden Gewohnheiten geändert würden. Nichts täuscht das Herz so sehr wie Religion ohne die Hinwendung des Herzens auf Gott, nichts führt die Menschen so sehr in eine absolute Unsicherheit. Dieselben Menschen, die sich über das Heilen des Herrn am Sabbat beschwerten, sahen nichts Falsches darin an diesem Tag, den Mord an ihm zu planen. Zu einer späteren Zeit nahmen die Priester Abstand davon, über die Türschwelle von Pilatus zu treten, und doch wurden sie durch einen solch engen Kontakt mit einem Heiden verunreinigt und unpassend zum Essen des Passahs gemacht. Aber es traf sie nie in ihrem abgestumpften Gewissen, dass es unendlich mehr verunreinigend war, das Blut eines unschuldigen Menschen zu vergießen. O, Religion ohne Gott, wie finster ist der Beweis deiner Sünde!

Der Heiland gestattete es nicht, dass der Ausfluss seiner Güte verhindert wurde. Äußerlichkeiten konnten ihn nicht binden. Demzufolge wurde der Betroffene gebeten seine Hand auszustrecken, und sie wurde wiederhergestellt wie die andere. Viele von uns leiden unter verdorrten Händen in dieser Zeit. Die Sünde hat uns so sehr gelähmt, dass wir nichts für Gott tun können. Wir können keine guten Werke vollbringen, wie tief auch immer wir ihre Notwendigkeit verspüren. Aber es gibt Rettung in dem was Christus getan hat. Sein kostbares, sühnendes Opfer genügt für alle unsere Bedürfnisse. Ein Resultat seines Segens ist, dass die Hand, die einst verdorrt war, Kraft erhält, um etwas für ihn inmitten einer belasteten und leidenden Schöpfung zu tun.

[Übersetzt von Benjamin Runkel]