Missbrauch in den Familien ist leider keine Seltenheit. Wie verbreitet diese böse Sache ist, kann niemand sagen. Viele vermuten eine hohe Dunkelziffer. Töchter und Schwestern sind von Missbrauch besonders betroffen. Das Problem des Missbrauchs wird dadurch verschärft, dass es heute viele „Patchwork-Familien“ gibt. Denn in solchen Familien fehlt die natürliche Hemmschwelle, die die Blutsverwandtschaft aufbaut.

Der König David hatte mehrere Frauen und viele Kinder. Auch in seiner Familie kam es zu sexuellem Missbrauch. Sein ältester Sohn Amnon vergewaltigte die eigene Halbschwester Tamar. Was die Schrift in diesem Zusammenhang berichtet, ist lehrreich:

  • Der Vater David gewährte Amnon die Bitte, seine Schwester Tamar sehen zu dürfen. David ahnte nichts. Auch heute geschieht Missbrauch da, wo man es nicht vermutet hätte (2. Sam 13,7).
  • Der Täter, Amnon, empfand nach der Tat Hass und Verachtung. Die Abscheu, die er gegen sich selbst haben musste, richtete er auf das unschuldige Opfer (2. Sam 13,15–16).
  • Das Opfer, Tamar, wusste nicht, wohin sie ihre Schmach tragen sollte (2. Sam 13,13). Missbrauchsopfern fällt es schwer, über das Geschehene zu berichten. Die Scham schnürt ihnen den Hals zu.
  • Tamar war verzweifelt und wollte nur noch schreien (2. Sam 13,19). Ihre unschuldige, anziehende Erscheinung war geradezu vernichtet worden.
  • Tamar wohnte einsam bei ihrem Bruder Absalom (2. Sam 13,20). Ihre Beziehungsfähigkeit war durch den Missbrauch offenbar eingeschränkt worden.
  • Tamar musste erleben, dass sie von ihrem Bruder Absalom nur sehr oberflächlich getröstet wurde (2. Sam 13,20). Nach dem Motto: „Ist halb so schlimm!“

Diese Hinweise zeigen einige typische Schwierigkeiten und Probleme auf, die es in diesem Zusammenhang gibt. Diese zu kennen, ist gar nicht so unwichtig, denn wenn man ein Problem richtig einschätzt, dann ist das der erste Schritt, es zu lösen.