Einige Gedanken zur Nächstenliebe anhand von Lukas 10,25–37:

1. Die Liebe zu Gott geht der Nächstenliebe voran (Lk 10,27). Nur wer Gott von Herzen liebt, kann auch seinen Nächsten von Herzen lieben. Das Verhalten dem Nächsten gegenüber beinhaltet dann nichts, was nicht mit der Liebe zu Gott im Einklang stehen kann.

2. Die Nächstenliebe sieht in jedem, der ihr begegnet, einen Nächsten, den sie lieben kann. Sie erstreckt sich nicht nur auf sympathische Leute, oder solche, die ihr wohl gesonnen sind (die Juden verachteten die Samariter; vgl. Joh 4,9). Selbst Feinde kann sie lieben.

3. Es ist der Nächstenliebe nicht wichtig, ob jemand durch eigenes Verschulden, vielleicht durch einen falschen Weg („von Jerusalem nach Jericho hinab“) in eine Notlage gekommen ist. Sie kennt keine Schadenfreude und sagt nicht: „Das geschieht dir recht“.

4. Wahre Nächstenliebe kennt keine Diskrepanz zwischen Reden und Handeln. Man kann viel über Nächstenliebe reden, sie sogar anderen predigen (Priester und Leviten lehrten das Gesetz), aber entscheidend ist nicht, wie viel wir darüber gesprochen haben, sondern ob wir sie praktiziert haben.

5. Das Maß der Nächstenliebe ist nicht davon abhängig, ob sie dafür etwas zurückbekommt. Sie erwartet keine Reaktion. Weder Lob von anderen noch Gegenleistung.

6. Die Tätigkeit der Hände geht mit einem inneren Empfinden für die Situation des anderen einher („innerlich bewegt“). Es ist keine reine Wohltätigkeit, vielleicht um das Gewissen zu beruhigen, sondern tätig werdende Liebe. Allerdings bleibt es auch nicht bei einer inneren Bewegung (das Mitgefühl des Samariters allein hätte dem Halbtoten wenig gebracht).

7. Die Liebe zum Nächsten ist bereit zum Verzicht. Sie verzichtet auf eigene Interessen (Unterbrechung der Reise) und opfert Zeit, Bequemlichkeit (das eigene Tier) und Vermögen (Öl, Wein, Geld), um anderen zu dienen.

8. Leute, die von Liebe zum Nächsten geprägt sind, leben in einer Haltung der Hilfsbereitschaft. Sobald Not am Mann ist, springen sie ein. Das Verbandsmaterial haben sie gleichsam immer dabei.

9. Echte Nächstenliebe tut nicht nur das Allernotwendigste für den anderen, sondern überlegt, wie ihm am Besten geholfen werden kann. Sie beschränkt sich nicht auf eine Einmalaktion und handelt dann nach dem Motto: Aus den Augen, aus dem Sinn. Sie bleibt am Ball und beobachtet, ob das, was sie getan hat, wirklich ausgereicht hat.

10. Die Nächstenliebe kann andere motivieren, das gleiche zu tun („trage Sorge für ihn“). Sie verlangt aber nicht von anderen dieselbe Opferbereitschaft („ich werde bezahlen“). Sie macht ihr eigenes Handeln nicht zum Maßstab für andere. 

11. Wir kennen Menschen, die sehr von einer solchen Nächstenliebe geprägt sind. Sie dürfen uns als Vorbild dienen. Das größte Vorbild ist natürlich der Herr Jesus selbst, von dem der Samariter nur ein schwaches Bild ist. Für uns lautet daher die Aufforderung: Tue du ebenso!