Echte Gebete berichten dem Herrn nicht jede Menge Dinge, wobei bekannte Formulierungen wiederholt oder lehrmäßige Aussagen vorgebracht werden, als ob wir versuchten, Gott Grundsätze zu erklären und ihm über alles Mögliche Auskunft zu erteilen. Lange Predigt- und Belehrungsgebete sind nichts anderes als Vorträge und Erklärungen von Männern auf Knien und stimmen nicht mit dem schriftgemäßen Muster öffentlicher Gebete überein. Solche Äußerungen üben einen austrocknenden Einfluss auf unsere Gebetsstunden aus und berauben sie ihrer Frische, ihrer Bedeutung und ihrer Kraft.

Die Gebetsstunde ist ein Ort, wo wir unsere tief empfundenen Nöte und Schwachheiten zum Ausdruck bringen und ein Platz, wo Segnungen und Kraft von Gott erwartet werden können. Wir sollten dorthin gehen, um unsere Herzen vor Gott auszuschütten, indem wir ernsthaft um Segen bitten und inbrünstig darum flehen, dass unseren Bedürfnissen, den Bedürfnissen der Versammlung Gottes sowie unserer Seelen begegnet wird. Das zeichnet echte Gebete aus.

Ein sorgfältiges Studium der Schrift wird zeigen, dass langatmige Gebete in der Öffentlichkeit nicht die Regel in der Bibel sind. Der Herr verweist auf solche Gebete mit Missbilligung: „Wenn ihr aber betet, sollt ihr nicht plappern wie die von den Nationen; denn sie meinen, um ihres vielen Redens willen erhört zu werden“ (Mt 6,7). In Bezug auf die Schriftgelehrten sagt er: „die die Häuser der Witwen verschlingen und zum Schein lange Gebete halten“ (Mk 12,40).

Salomo äußerte weise Worte als er sprach: „Bewahre deinen Fuß, wenn du zum Haus Gottes gehst; und herbeikommen, um zu hören, ist besser, als wenn die Toren Schlachtopfer geben: Denn sie haben keine Erkenntnis, so dass sie Böses tun. Sei nicht vorschnell mit deinem Mund, und dein Herz eile nicht, ein Wort vor Gott hervorzubringen; denn Gott ist im Himmel, und du bist auf der Erde: Darum seien deiner Worte wenige … der Tor wird laut durch viele Worte“ (Pred 4,17; 5,1–2). Wir kommen durch die eben zitierten Verse deshalb unweigerlich zu dem Schluss, dass derjenige, der langatmige Gebete in der Öffentlichkeit spricht, sich in eine Reihe mit Heiden, Schriftgelehrte und Toren stellt, was sicherlich keine besondere Auszeichnung darstellt.

Das längste öffentliche Gebet in der Bibel ist das von Salomo anlässlich der Einweihung des Tempels und kann innerhalb von fünf Minuten gelesen werden, während das gesegnete und erfrischende Gebet unseres Herrn in Johannes 17 (das längste im Neuen Testament) in nur drei Minuten verlesen werden kann.

Kurze, inbrünstige und gezielte Gebete führen zu Frische, Aufmerksamkeit und Kraft in den Gebetsstunden, wogegen langatmige und weitschweifige Gebetspredigten einen bedrückenden, entkräftigenden Einfluss auf die Zusammenkünfte ausüben. Es ist viel besser, wenn jemand in einer Gebetsversammlung mehrere Male kurz betet, als ein langes Gebet zu sprechen.

[Übersetzt von Stephan Keune]