Es ist eine sehr zu beachtende Tatsache, dass jede der vier Schriftstellen, die wir bereits untersucht haben (Jes 9, Mich 5, Röm 1, Joh 1), während sie die Göttlichkeit des Herrn Jesus Christus betonen, ebenso klar von seinem Menschsein sprechen.

In der Tat scheint das MENSCHSEIN DES HERRN JESUS im Neuen Testament so klar auf der Hand zu liegen, dass jegliche in die Einzelheiten gehende Untersuchung gänzlich überflüssig sein müsste. Und doch hat es der große Feind und Verderber des Glaubens nicht versäumt, diese Wahrheit anzugreifen; und von den ganz frühen Tagen der Kirchengeschichte an bis heute sind spitzfindige Theorien in Umlauf gebracht worden, die, während sie Ihn als Menschen in den Himmel heben, gleichwohl die Fülle und Vollkommenheit seines Menschseins leugnen. Wenn wir [diese Vollkommenheit] im Blick behalten, dürfen wir sagen, dass der von Gott geschaffene Mensch nach 1. Thes 5,23 aus drei natürlichen Elementen besteht, nämlich aus „Geist und  Seele und Leib“. Und der Herr Jesus selbst berief Sich in aller Deutlichkeit in Bezug auf Seine Person auf diese drei Elemente. Wir hören Ihn sagen: „Mein Geist“ (Lk 23,46), „Meine Seele“ (Mk 14,34), „Mein Leib“ (Mt 26,12).

Die Gefahr jedoch ist, dass jemand dem wohl zustimmen möchte, gleichwohl aber die Kraft, die darin liegt, weiterhin abschwächt, so dass die Worte aus seinem Mund etwas ganz anderes meinen als aus unserem Mund; nämlich, dass Sein Geist, Seine Seele, Sein Leib in einer anderen, besonderen Weise verstanden werden muss, so dass man z.B. bezüglich Seines heiligen Leibes nicht an einen wirklichen menschlichen Leib denken soll, noch bezüglich Seines Geistes von einem wirklichen menschlichen Geist. Wenn das wahr wäre, dann gäbe es nicht „den Menschen Christus Jesus“, und zwar in überhaupt keinem Sinn.

Es ist uns nicht überlassen, darüber zu räsonnieren. Heb 2,16–17 sagt deutlich, dass [Gott] Sich Seiner nach Seiner Erniedrigung nicht als Engel, sondern als Same Abrahams angenommen hat; „... in allem Dingen musste er den Brüdern gleich werden“ [so nach einigen Übersetzungen]. Beachten wir diese drei bedeutenden Worte – IN ALLEN DINGEN:  wenn nun in allen Dingen, dann in Geist, Seele und Leib.

Heb 4,15 gibt uns eine weitere Bestätigung dieser großartigen Tatsache, indem von dem Hohenpriester gesprochen wird, der „in allem versucht worden ist in gleicher Weise wie wir, ausgenommen die Sünde.“ Und wieder sagen wir: lasst uns die drei bedeutenden Worte beachten – IN ALLEN DINGEN - an dieser Stelle eingeschränkt durch die folgenden drei Worte „jedoch ohne Sünde“ oder „ausgenommen die Sünde“.

Dies ist ein bemerkenswerter Abschnitt, der es wert ist, genau studiert zu werden. Vers 14 betont die Größe unseres Hohenpriesters sowohl in Seiner Person als Sohn Gottes als auch in Seiner Stellung in den Himmeln. Vers 15 betont Sein Mitleid durch die Tatsache, dass Er jegliche Versuchung, die seine Heiligen bedrängt, selbst praktisch erfahren hat, immer jedoch mit Ausnahme solcher Versuchungen, die aus unserer gefallenen, sündigen Natur kommen. Manche Versuchungen betreffen den Geist, andere die Seele, wieder andere den Leib; und es ist leicht zu erkennen, dass der Teufel in der Wüste seine drei Versuchungen in genau diesen drei Richtungen vorbringt. In Lk 4,1–13 werden sie uns in aufsteigender Reihenfolge vorgestellt: Leib – Seele – Geist; die heftigsten Prüfungen sind immer die, die sich an den edelsten Teil des Menschen wenden. Der Herr Jesus erfuhr als wahrer und vollkommener Mensch diese vollständige Prüfung. Er bestand [diese Prüfung] in der Schule des Leidens auf vollkommene Weise, und deshalb kann Er vollkommenes Mitleid haben in allen Dingen, ausgenommen die Sünde.

Diese beiden Abschnitte im Hebräer-Brief machen in größter Deutlichkeit klar, dass die Wahrheit von dem Platz unseres Herrn Jesus Christus als Mittler und Priester auf der Tatsache beruht, dass Er MENSCH  wur-de in vollem Sinn des Wortes; deshalb wird die Betonung in 1. Tim 2,5 auf Sein Menschsein gelegt: „Denn Gott ist einer, und einer ist Mittler zwischen Gott und Menschen, der Mensch Christus Jesus.“ Er ist in der Tat der „Schiedsmann“, nach dem sich Hiob sehnte, Der „seine Hand auf uns beide legte“ (vergl. Hiob 9,32–33). Er wusste, dass Gott kein Mensch wie er selber war, und deshalb sah er die unbedingte Notwendigkeit von Einem, der groß genug wäre, Seine Hand auf Gott zu legen, jedoch auch gnädig genug, Seine Hand auf jemanden wie Hiob zu legen.

Das Neue Testament ist die Offenbarung dieses Schiedsmannes, den Hiob sich wünschte – JESUS, der beides ist: GOTT und MENSCH.

[Übersetzung: H.-J. Klenke]