Immer wieder hört man die Ansicht, dass die neue Geburt vor der Bekehrung stattfinden würde. Das wird damit begründet, dass in dem Menschen von Natur aus kein Zug zu Gott vorhanden ist. Wie sollte er dann Buße tun und glauben? Die alte Natur glaubt nicht. Deshalb muss ganz am Anfang die Neugeburt stehen. Nach der Neugeburt tut der Mensch Buße und glaubt an den Herrn Jesus Christus. Jetzt erst bekommt er die Vergebung der Sünden und das ewige Leben. So wird gesagt.

Doch ich bezweifle sehr, dass die Ansicht – Neugeburt vor Buße und Glauben – richtig ist. Ein paar Überlegungen dazu:

  • Wenn jemand neues Leben durch die Neugeburt hat, aber noch nicht glaubt – warum sollte er dann überhaupt noch glauben? Er hat doch schon eine herrliche Segnung!
  • Was geschieht, wenn jemand neues Leben hat, aber dann doch nicht zum Glauben durchbrechen sollte?
  • Gibt es wirklich einen kurzen Moment, in dem jemand neues Leben hat, aber noch nicht glaubt?
  • Sollte jemand neues Leben (durch die Neugeburt) haben, aber noch nicht die Vergebung der Sünden und das ewige Leben? Kann man die Segnungen so auseinanderdividieren?
  • Wenn das Wasser des Wortes Gottes auf die Seele durch die Kraft des Geistes angewendet wird (siehe Joh 3), kann es dann seine Wirkung entfalten, wenn kein Glauben vorhanden ist (vgl. auch Joh 1,12–13)?
  • Wenn der Herr zu Nikodemus sagt: „Ihr müsst von neuem geboren werden“, musste Nikodemus dann nur warten, bis etwas geschieht? Was für eine Schlussfolgerung sollte er denn aus den Worten des Herrn ziehen? Nicht die, dass er glauben muss?
  • Ist es nicht so, dass immer Personen glauben und dass es schon deshalb abwegig ist, davon zu reden, dass „die alte Natur nicht glauben kann“? Es sind Personen, die unter der Wirksamkeit des Geistes Gottes stehen. Die Toten hören die Stimme des Sohnes Gottes (Joh 5,25).
  • In Apostelgeschichte 11,18 steht: „Als sie aber dies gehört hatten, beruhigten sie sich und verherrlichten Gott und sagten: Also hat Gott auch den Nationen die Buße gegeben zum Leben.“ Wie kann man dann einfach das Leben vor die Buße stellen wollen (vgl. 2. Kor 7,10)?

Es ist natürlich wahr, dass der Mensch von sich aus nicht zur Buße kommt. Ohne die Wirksamkeit Gottes rennt er ins Verderben. Doch Gott wirkt an den Herzen der Menschen. Der Vater zieht zum Sohn – und, siehe da, ein Mensch bricht vor Gott zusammen. In diesem Augenblick bewirkt Gott, der vorher schon an der Seele gewirkt hat, durch das Wasser des Wortes Gottes in der Seele das neue Leben.

Es ist so, dass es bei der Neugeburt um die Souveränität Gottes und sein Handeln geht. Aber es gibt eben auch die Schriftstellen, die die menschliche Verantwortung zeigen. Und immer dann, wenn Gottes Handeln mit dem Handeln des Menschen zusammengeht, können wir das nicht erklären. Es ist nur die menschliche Logik, die dahin führt, zu sagen, dass der Mensch sich nur bekehren kann, wenn er vorher von neuem geboren wurde.

Lassen wir es doch dabei: Gott handelt auf der einen Seite. Der Wind weht, wo er will. Auf der anderen Seite wird der Mensch aufgefordert, zu glauben. Und wenn er es tut, bekommt er ewiges Leben. Glauben und Neugeburt fallen zeitlich zusammen.