Hesekiel und Jeremia (3/4)

Hesekiels Prophetie ist eng mit der Jeremias verbunden. Als Hesekiel am Ufer des Kebar sein großes Gesicht gesehen hatte, war Jeremia bereits 35 Jahre Prophet. Noch einige Jahre und die Arbeit dieses Mannes Gottes würde zu Ende sein.

Es ist mehr als wahrscheinlich, dass Hesekiel mit der warnenden und ermahnenden Botschaft Jeremias vertraut war, wiewohl er in seinem ganzen Buch nie auf Jeremia verweist. Und dennoch – die beiden Botschaften dieser Propheten haben viel Gemeinsames. Manche behaupten übrigens, dass Hesekiel so ein begeisterter Bewunderer Jeremias war, dass er unter seinem Einfluss seine Prophetien äußerte. Doch immer lesen wir in Hesekiel: „So sprach der Herr Gott zu Hesekiel“, oder: „Das Wort des Herrn kam über mich“.

Nein, die Worte Hesekiels kamen weder durch den Einfluss Jeremias noch durch sein Vorbild, sondern durch den Geist Gottes. Beide Männer wurden durch Gott berufen; jeder für einen speziellen Dienst. Sie unterscheiden sich größtenteils in Charakter und Temperament.

Jeremia übte sein Amt als sehr junger Mann in den Tagen Jesajas aus. Seine Aufgabe war, die schrecklichen Gerichte anzukündigen, die über Jerusalem kommen würden. Er war allerdings ein sehr empfindlicher Mann. Darum wird er zu Recht der weinende Prophet genannt. Der Zustand der Nation griff ihn gewaltig an.

Hesekiel dagegen ließ den emotionalen Charakter Jeremias vollständig vermissen. Er war ein Mann mit großer Energie, der sich seiner Verantwortung tief bewusst war. Auch er hatte Gesichte, und zwar über die ferne Zukunft, die wir bei Jeremia nicht finden. Und die Verurteilungen des Bösen sind strenger als die, die wir im Buch Jeremia finden. Darum unterscheidet sich sein Stil auch größtenteils von dem des Propheten Jeremia.

[Bode des Heils, Jahrgang 91, S. 150]