Nach Haggai kommen wir nun in unserem Streifzug durch die kleinen Propheten zu Sacharja. Diese beiden Propheten wirkten zur gleichen Zeit. Inhaltlich überschneiden sich ihre Botschaften teilweise, doch ihr Stil ist ganz unterschiedlich: Haggai ist einfach und direkt; Sacharja vielschichtig und bildreich. – Werfen wir einen Blick hinein in den ausdrucksstarken Propheten Sacharja!

Der Bote:

Der Prophet Sacharja stammte aus priesterlichem Geschlecht (vgl. Neh 12,16); er war also Priester und Prophet zugleich. Mit seinem Prophetendienst begann Sacharja schon als junger Mann (2,8). Seine erste Weissagung geschah zwei Monate nach der ersten Weissagung Haggais – das war wahrscheinlich am 01.11.520 v. Chr. (Hag 1,1; Sach 1,1). Man nimmt an, dass das Buch Sacharja erst einige Jahrzehnte später abgeschlossen wurde (um 480 v.Chr.), da in Kapitel 9,13 Griechenland als eine bekannte Macht vorausgesetzt wird. Folglich dürften zu diesem Zeitpunkt die siegreichen Schlachten der Griechen gegen die Perser (490/480 v. Chr.) schon stattgefunden haben. Das Leben Sacharjas fand ein blutiges Ende: Er wurde von seinen eigenen Landsleuten an heiliger Stätte umgebracht (vgl. Mt 23,35).

Die Botschaft:

Sacharja beschäftigt sich besonders mit der Gegenwart und Zukunft Jerusalems. Seine Prophezeiung zerfällt in zwei große Teile. Der erste umfasst die Kapitel 1–8: Das sind genau datierte Botschaften, die während des Tempelbaus in Jerusalem gebracht wurden (1,1; 1,7; 7,1). Im Mittelpunkt stehen dabei die acht Nachtgesichte Sacharjas (1,7–6,15). Kapitel 9–14 bilden den zweiten Teil. Diese undatierte Botschaften wurden nach dem Tempelbau gegeben. Die Kapitel 9–11 zeigen das erste Kommen des Messias und seine Verwerfung durch die Juden, die Kapitel 12–14 das zweite Kommen des Messias und seine Annahme, was auch aus heutiger Sicht noch zukünftig ist.

Streiflicht aus der Prophezeiung Sacharjas:

„Dies ist das Wort des Herrn an Serubbabel: Nicht durch Macht und nicht durch Kraft, sondern durch meinen Geist, spricht der Herr der Heerscharen. Wer bist du, großer Berg, vor Serubbabel? Zur Ebene sollst du werden! Und er wird den Schlussstein herausbringen unter lautem Zuruf: Gnade, Gnade ihm! Und das Wort des Herrn erging an mich, indem er sprach: Die Hände Serubbabels haben dieses Haus gegründet, und seine Hände werden es vollenden; und du wirst erkennen, dass der Herr der Heerscharen mich zu euch gesandt hat. Denn wer verachtet den Tag kleiner Dinge? Und mit Freude werden jene Sieben das Senkblei in der Hand Serubbabels sehen: Die Augen des Herrn, sie durchlaufen die ganze Erde.“ (Sacharja 4,6–10)

Bei dem Wiederaufbau des Tempels in Jerusalem spielten zwei Männer unter den zurückgekehrten Juden eine Schlüsselrolle: Josua, der Hohepriester, und Serubbabel, der Statthalter der Provinz Judäa (Esra 3,8 ff.). Diese beiden waren es, die den ins Stocken geratenen Tempelbau wieder aufnahmen. Die Propheten Haggai und Sacharja ermutigten sie dazu und unterstützen sie dabei (Esra 4,24 ff.). Das Buch Haggais wendet sich vornehmlich an Josua und Serubbabel (Hag 1,1; 2,2; 2,20), und in Sacharja gibt es jeweils ein Kapitel, das ihnen „gewidmet“ wird. In Sacharja 3 geht es um den Hohenpriester Josua, den besonders der innere Zustand des Volkes Gottes beschäftigte. Wie konnte das Volk, das er als Hoherpriester repräsentierte, mit seiner Schuld vor Gott bestehen? Satan verklagte es deswegen und Josua konnte nicht ein Wort darauf erwidern. Was nun? Gott handelt: Er nimmt die Ungerechtigkeit weg, er vergibt (V. 4.9).

Kapitel 4 gilt speziell dem Statthalter Serubbabel, der aus königlichem Geschlecht stammte. Er hatte mehr den äußeren Zustand des Volkes Gotte im Auge. Die Juden waren zahlenmäßig sehr schwach und standen unter der Herrschaft der Perser. Konnten sie so überhaupt ein Zeugnis für Gott sein – ein Leuchter, der Licht verbreitete (vgl. V. 2)? Wie ein Berg stand das Bauverbot des persischen Königs Artasasta vor ihnen (V. 7), der auch die Arbeit am Tempel zum Erliegen gebracht hatte (Esra 4,21–24). Was war zu tun? Sollte sich Serubbabel mit anderen Mächten verbinden, um den Feinden entgegen treten zu können? Sollte er alle seine intellektuellen Kräfte und organisatorischen Fähigkeiten in die Waagschale werfen, um Artasasta eine Baugenehmigung abzuringen? Nein, die Hilfe lag nicht in menschlicher Macht und Kraft, sondern in der Macht Gottes. Er wollte die Wege ebnen, damit der Bau seines Hauses vollendet werden konnte (V. 8). Das bedeutete nicht, dass Serubbabel die Hände in den Schoß legen durfte; er sollte sie vielmehr fleißig benutzen (V. 9), um den Tempelbau im Vertrauen auf Gott voranzutreiben. Zwar war der Tempel im Vergleich zum prächtigen Tempel Salomos wie nichts (vgl. Hag 2,3), aber Serubbabel und seine Gefolgsleute wurden daran erinnert, dass sie den Tag kleiner Dinge nicht verachten sollten. Gott hatte Freude daran, wenn sie an seinem Haus bis zum Ende weiterbauten (V. 10; Hag 1,8).

Heute ist auch ein Tag kleiner Dinge, an dem wir vielleicht wehmütig an die Zeiten großer Erweckungen denken. Die Arbeit für das geistliche Haus Gottes (vgl. 1. Kor 3) ist gegenwärtig oft schwach, wird wenig beachtet und bringt nur geringe Ergebnisse. Das gilt zum einen für die evangelistischen Bemühungen, die darauf abzielen, dass Menschen zu lebendigen Steinen am Haus Gottes werden. Nicht viele sind es, die auf eine Einladung zur Evangelisation reagieren, an Büchertischen stehen bleiben, aufmerksam Traktate lesen oder sich Zeit nehmen, um über den Glauben zu sprechen. Und was – zum anderen – die Arbeit unter dem Volk Gottes betrifft, sieht es vielleicht so aus: Der Bruder, den wir zum Bibellesen animieren wollten, versinkt mehr denn je in seinem Beruf. Die traurige Schwester, um die wir uns bemühten, scheint beinahe resigniert zu haben. Die Jugendstunde bricht mangels Interesse auseinander, und für die Büchertischarbeit und ähnliche Aktivitäten kann man nur schwer jemand mobilisieren. Und jetzt? Alles sein lassen? Nein, denn das hieße, den Tag kleiner Dinge zu verachten. Also Ärmeln hochkrempeln, um allen zu zeigen, wie es geht? Auch das ginge am Ziel vorbei. Gott möchte, dass wir im festen Vertrauen auf seine Hilfe das tun, was Er von uns haben möchte. Er kann Hindernisse aus dem Weg räumen, Widerstände brechen und Dinge gelingen lassen, an die kaum einer mehr geglaubt hat. Ja, auch heute noch!

Christus im Buch Sacharja

Übrigens sind der Herrscher Serubbabel und der Hohepriester Josua auch Vorbilder auf den Herrn Jesus, wie Sacharja 6,12.13 deutlich macht: Christus wird einmal den Tempel bauen und als Herrscher sowie als Priester auf dem Thron sitzen. Das ist nur eine von vielen Bibelstellen in Sacharja, die auf den Herrn Jesus hinweisen. In der nachfolgenden, unvollständigen Auflistung nennen wir 14 davon. Sie sollen zum weiteren Studium anregen, wozu auch die Bibelstellenangaben in Klammern dienen. Wichtig und interessant ist, jeweils der Frage nachzugehen, ob das, was von dem Herrn Jesus in den genannten Stellen gesagt wird, sich bereits erfüllt hat oder noch aussteht.

Der Herr Jesus ist nach dem Propheten Sacharja:

  • Der Knecht des Herrn, Kap. 3,8 (Mt 12,18);
  • Der Spross, Kap. 3,8 und 6,12 (Jes 4,2; Jes 53,2);
  • Der Stein mit sieben Augen, Kap. 3,9 (Jes 28,16; Off 5,6);
  • Der Priester-König auf dem Thron, Kap. 6,13 (Heb 7,1–3);
  • Der gerechte, rettende, demütige König – auf einem Esel reitend, Kap. 9,9 (Mt 21,5);
  • Der Frieden bringende, große Herrscher, Kap. 9,10 (Jes 9,6);
  • Der Eckstein, Kap. 10,4 (Ps 118,22; Eph 2,20);
  • Der Pflock, Kap. 10,4 (Jes 22,23);
  • Der Kriegsbogen, Kap. 10,4 (1. Mo 49,24);
  • Der wahre Hirte, der schlecht entlohnt wird, Kap. 11,4–14 (Joh 10,11; Mt 27,3 ff.);
  • Der Durchbohrte, über den man wehklagt, Kap. 12,10 (Off 1,7);
  • Der Genosse seines Volkes, der von ihnen geschlagen wird, Kap. 13,5.6 (Joh 19,14–16);
  • Der Genosse des Herrn, der von Ihm geschlagen wird, Kap. 13,7 (Jes 53,10);
  • Der zum Kampf Erscheinende – auf dem Ölberg, Kap. 14,3.4 (Off 19,11 ff.; Apg 1,11.12).

Wer den Propheten Sacharja studiert, erfährt manches über den Herrn Jesus. Spornt das nicht an, sich einmal mit Sacharja gründlich auseinander zu setzen?