Im Kontext des Themas Bibelüberlieferung/-entstehung tauchen Begriffe auf, die nicht immer leicht zuzuordnen sind. Nachfolgend eine kleine Aufstellung dazu, die hoffentlich hilfreich ist.

Urtext: Die von Gott inspirierten Schriften. Davon ist keine einzige Schrift mehr erhalten. Das AT wurde in Hebräisch und einige Teile in Daniel und in Esra in Aramäisch verfasst und das NT in Griechisch.

Handschriften: Die Bibel wurde fleißig vervielfältigt[1]. Ungefähr 3.000 hebräische Handschriften (die von den Masoreten, den „Kopierern“, vervielfältigt wurden) sind heute bekannt. Die älteste vollständige Handschrift des AT, der Codex Leningradensis bzw. Codex Petropolitanus (1008 n. Chr.), gilt als so gut, dass er Wort für Wort in der wissenschaftlichen Ausgabe der Deutschen Bibelgesellschaft abgedruckt wurde. Vom NT gibt es über 5.500 Handschriften[2]. Dazu zählen unter anderem die zum Teil sehr alten 95 Papyrus-Handschriften (2. bis 8. Jahrhundert)[3], die 278 Majuskel-Handschriften (3. bis 11. Jahrhundert) und die 2765 Minuskel-Handschriften (9. Jahrhundert bis 16. Jahrhundert). Die Majuskel- und Minuskelhandschriften wurde auf Pergament (Tierhaut) geschrieben, ab dem 12. Jahrhundert auch auf Papier. Handschriften vor dem 4. Jahrhundert sind selten vorhanden, da besonders der Kaiser Diokletian das heilige Buch ausrotten wollte. Dann gibt es noch viele Handschriften, die Bibeltexte für Lesungen enthalten (sog. Lektionare), und so viele Zitate bei den Kirchenvätern, dass man allein dadurch die ganze Bibel rekonstruieren kann. Die Datierung der Handschriften erfolgt anhand des Materials, der Schreibweise und des Fundortes, die C14-Methode wurde wohl bisher nicht angewandt.

Grundtext: Aus den Handschriften muss nun der Grundtext ermittelt werden (und es kann kein Zweifel bestehen, dass es theoretisch möglich ist, den exakten Wortlaut des Urtextes zu rekonstruieren). Beim NT gestaltet sich das nicht so einfach, da die Vervielfältigung der Handschriften nicht so exakt wie beim Hebräischen vonstattenging und es sehr viel Material gibt. Man kann im Wesentlichen drei Textgrundlagen im Neuen Testament unterscheiden: Textus Receptus (er war die Grundlage der Übersetzungen in der Reformationszeit, er basiert auf wenigen Handschriften und wurde mehrfach geändert; er ist nahe am Mehrheitstext); Mehrheitstext oder byzantischer Text (die meisten Minuskelhandschriften haben diesen Text); wissenschaftlicher oder kritischer Text, besonders Nestle-Aland (Betonung der alten Handschriften, wie man sie vielfach in Ägypten gefunden hat, wo ausgezeichnete klimatische Bedingungen für die uralten Papyrus-Handschriften herrschen).

Codex Sinaiticus: Das ist die älteste Handschrift der Bibel, die das NT vollständig und das AT fast vollständig umfasst. Der Codex Sinaiticus entstand in der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts. Der Text wurde komplett eingescannt und kann online abgerufen werden.

Kanon: Gott sorgte dafür, dass die inspirierten Schriften zum Kanon zusammengestellt wurden. Wir finden Beispiele in der Bibel, dass Bibelbücher kurz nach der Abfassung als kanonisch bzw. inspiriert beurteilt wurden. In Jeremia 26,18 wird Micha zitiert (Micha 3,12). Daniel verweist auf Jeremia (Dan 9,2; Jer 25,12). Und Paulus zitiert Lukas (1. Tim 5,18; Lk 10,7). Das griechische Lehnwort (kanon) geht auf ein hebräisches Wort zurück, das in Hesekiel 40,3 mit Messrute übersetzt wurde. Es bezeichnet ursprünglich ein Rohr, das im Bauhandwerk als Messlatte verwendet wurde. Es wurde im übertragenen Sinn dann als Regel und Vorschrift betrachtet. Der Ausdruck kanon kommt fünfmal im Neuen Testament vor. Die Stellen machen klar, dass man damit zwei Gedanken verbindet: Richtschnur und etwas, was deutlich abgegrenzt ist (2. Kor 10,13.15.16; Gal 6,16; Phil 3,16). So ist der Kanon der Bibel von anderen Büchern abgegrenzt und unsere alleinige Richtschnur im Glauben.

Apokryphen („geheim, verborgen“): Zu dem Kanon der Bibel haben manche nicht inspirierte Schriften hinzugefügt. Die Apokryphen des AT waren aber nie Bestandteil der hebräischen Bibel, sondern tauchten erstmalig in der Septuaginta auf. Jeder, der den Geist Gottes hat, wird leicht erkennen, dass diese Schriften nicht vom Geist inspiriert sind.

Septuaginta („siebzig“): Die Entstehung der Septuaginta (LXX) geht zurück ins 3. Jahrhundert vor Christus. Dort übertrugen der Tradition nach siebzig Gelehrte (siebzig heißt auf lat. Septuaginta) den hebräischen Bibeltext und andere Schriften des Judentums ins Griechische.  Es ist die erste Übersetzung der hebräischen Bibel. Sie gilt als nicht sehr genau, aber der Sohn Gottes selbst hat daraus zitiert und uns damit eine Hilfestellung gegeben, wie wir mit Bibelübersetzungen umgehen können. Im Jahr 2009 wurde erstmals eine deutsche Übersetzung der Septuaginta von der Deutschen Bibelgesellschaft herausgebracht.

Targum: Als die Juden aus dem Perserreich nach Palästina zurückkehrten, brachten sie das Aramäisch nach Palästina. Deshalb wurde die hebräische Bibel ins Aramäische übersetzt – die Übersetzung nennt man Targum. Es gibt mehrere Targumim, die im Zeitraum von 200 v. Chr. bis 800 n. Chr. entstanden. Teilweise finden sich auch Erklärungen neben dem Bibeltext.

Vulgata („allgemein verbreitet“): lateinische Bibelübersetzung. Herausgegeben von Hieronymus im 4. Jahrhundert nach Christus. Es war nicht die erste Übersetzung ins Lateinische, aber im Mittelalter sehr verbreitet und bedeutend. Sie enthält einige Fehler.

Deutsche Bibelübersetzungen: Es gibt im Deutschen eine große Anzahl von Bibelübersetzungen und ständig werden es mehr. Man kann unterscheiden zwischen wortgetreuen Übersetzungen (wie Elberfelder, Schlachter, Menge, Zürcher, Luther) und kommunikativen Übersetzungen (wie Neue Genfer Übersetzung oder die Neue evangelistische Übertragung).

Die Elberfelder: Im deutschen Sprachraum sind momentan grundsätzlich drei verschiedene Varianten der genauen Elberfelder erhältlich. Erstens: Die alte Elberfelder. Sie ist auf dem Stand der Bearbeitung von 1927. Zweitens: Die Revidierte Elberfelder, sie erschien als Gesamtausgabe erstmalig 1985. Im Jahr 2006 kam eine weitere umfangreiche Revision heraus. Seit diesem Zeitpunkt wird die „Revidierte Elberfelder“ nur noch „Elberfelder Bibel“ genannt. Drittens: Im Jahr 2003 brachte die Christliche Schriftenverbreitung die Komplettausgabe der Elberfelder Übersetzung heraus. Diese Elberfelder Übersetzung geht in den Änderungen nicht so weit wie die Revidierte Elberfelder (und ist somit näher an der alten Elberfelder), klammert sich im NT nicht so stark an Nestle-Aland und hält sich im AT mehr an den masoretischen Text. Die Übersetzung kann mit einer umfangreichen Strong-Indizierung kostenlos im Internet abgerufen werden: www.csv-bibel.de.

Kapitel- und Verseinteilung: Die Kapiteleinteilung erfolgte im 12. Jahrhundert und die Verseinteilung im 15. Jahrhundert. Die leichten Abweichungen bei der Kapitel- und Verseinteilung in diversen Ausgaben geht auf einen Holländer im Mittelalter zurück, der eine hochwertige hebräische Bibelausgabe herausbrachte und dabei ein paar Veränderungen vornahm. Diese Variante setzte sich auf dem Kontinent durch, während im angelsächsischen Bereich die alte Variante blieb. Als Darby auf den Kontinent kam, setzte er die alte Zählung bei der Elberfelder um. Aber dadurch war die Elberfelder in ihrer „Umgebung“ isoliert. Darum ist das später angepasst worden, sodass die Elberfelder die auf dem Kontinent gebräuchliche Einteilung aufweist.


Fußnoten:

  1. 1500 vor Christus schrieb Mose das erste Bibelbuch; im 15. Jahrhundert wurde die Buchdruckkunst erfunden, also wurde rund 3000 Jahre lang mit der Hand abgeschrieben.
  2. Von Cäsars „Gallischem Krieg“ sind noch zehn Handschriften vorhanden, die 1000 Jahre nach seinem Tod entstanden sind.
  3. die älteste Handschrift ist P52, das einige Fragmente aus Johannes 18 enthält, geschrieben um das Jahr 125 n. Chr.