Vers 29: Wende von mir ab den Weg der Lüge und gewähre mir dein Gesetz!

Außerhalb des Weges des Gehorsams zu Gott ist der Weg der Lüge. Dieser letztgenannte Weg regiert in der Welt durch seinen Fürst der Dunkelheit, der auch „der Vater der Lüge“ genannt wird.

Hier erwähnt der Psalmist das erste Mal „den Weg der Lüge“. Der natürliche Mensch (nicht wiedergeboren) gefällt es auf diesem Weg, denn darauf hat er alles, was den Ansprüchen des verdorbenen Menschen entspricht. Der Psalmist, der auf alle göttlichen Gebote geachtet hat (V. 6), der den Herrn mit einem aufrichtigen Herzen preist (V. 7), der die göttlichen Satzungen hält (V. 8), der das Wort in seinem Herzen verwahrt (V. 11), der an den Zeugnissen Gottes Gefallen hat (V. 14), der über seine Vorschriften sinnt (V. 15), der seine Wonne an seinen Satzungen hat (V. 16) und der seine Augen geöffnet hat (V. 18) bittet Gott, dass der Weg der Lüge weit von seinem Herzen entfernt sei. Denn die Lüge ist immer bereit, sich einen Weg in das Herz des Gläubigen zu bahnen, der auf sich selbst vertraut. Darum zeigt der zweite Teil von Vers 29, dass die Kraft in der Gnade Gottes zu finden ist. Der Psalmist ist sich bewusst, dass Gott die Quelle und der Halt des treuen Wandels ist. Es ist er, der den Weg der Lüge fernhält, der seine Gnade befestigt und der sein Gesetz gibt. Vers 29 vereint zwei Ausdrücke, die sich gegenseitig zu widersprechen scheinen. Denn die Gnade gibt kostenlos, das Gesetz fordert. Wie kann man diese beiden Ausdrücke miteinander verbinden? Der Psalmist bezieht sich nicht auf die Ordnung des Gesetzes. Diese Ordnung hat das ganze Scheitern des Menschen bewiesen und dass der Mensch ein Sklave der Sünde ist. Das muss vehement verteidigt werden vor der Überheblichkeit der falschen Lehre des freien Richters. Denn der gefallene Mensch ist ein Sklave der Sünde. Wie kann ein Sklave ganz frei sein, wenn er ein Sklave ist? Wie es unser Bruder P. Fuzier geschrieben hat: „Gott gibt dem Menschen nicht die Wahl zwischen glauben und nicht glauben, nicht mehr als in dem Garten Eden gibt er Adam nicht die Wahl: „Von dem Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen sollst du nicht essen.“ Das war eine ausdrückliche Anordnung, und so ist es heute immer noch: „Gott gebietet ...“; das ist so, weil er seine Schöpfung liebt ... Darum lässt er dem Menschen nicht die freie Wahl; wenn er ihm eine freie Wahl geben würde, würde der Mensch nicht schuldig, wenn er den Glauben ablehnt“ (Le messager Evangélique, 1974, Seite 87).

Das Gebet des Psalmisten besagt nicht, dass das Heil aus dem Gesetz entsteht. Wie wir in dem Kapitel der Synonyme der Sprache schrieben, ist das Gesetz eine Ordnung der göttlichen und vollkommenen Führung, ausgehend von Gott und sich offenbarend im Herzen. Diese Führungsregel kann nur durch den wiedergeborenen Menschen realisiert werden in dem Bewusstsein, dass allein der Gott der Gnade den Willen und das Tun bewirkt. Wir finden das Wort „Gnade“ nur zweimal im Psalm 119, hier und in Vers 58. In Vers 29, die Gnade und die göttliche Quelle des treuen Wandels, in Vers 58 ist sie an das geschriebene Wort Gottes gebunden. Die Gnade und das Wort Gottes sind also zwei untrennbare Elemente: Man kann die echte Gnade nur durch die Heiligen Schriften kennen.