Ich wünschte aber, alle Menschen wären wie auch ich selbst; aber jeder hat seine eigene Gnadengabe von Gott, der eine so, der andere so. 1. Korinther 7,7

Was ist mit der Gnadengabe an dieser Stelle gemeint? Viele denken, dass es eine Gnadengabe des verherrlichten Christus bzw. des Heiligen Geistes ist, so wie wir das in 1. Korinther 12 beispielsweise finden. Und das wird besonders auf das Unverheiratetsein bezogen – von dem Paulus ja, anhand seines Beispiels, spricht.

Doch ist das die Bedeutung von „Gnadengabe“ an dieser Stelle? Ein paar Punkte dazu:

  • Paulus zeigt, dass die Gnadengabe „so oder so“ sein kann – also verheiratet oder nicht verheiratet. Kann man denn das Verheiratetsein als Gnadengabe des verherrlichten Christus zur Auferbauung seines Leibes betrachten?
  • Eine Gnadengabe (im eigentlichen Sinn) ist speziell und vielfältig (1. Kor 12, hier aber ist es „so oder so“). Hier werden nur zwei Möglichkeiten gezeigt und jeder ist davon betroffen.
  • Eine Gnadengabe bedeutet die Befähigung, „Christus vor die Seele zu bringen“ (wie man es schon mal definiert hat), aber wie soll man das mit dem Verheiratetsein oder Nicht-Verheiratetsein verbinden?
  • Paulus schreibt in diesem Zusammenhang von „Menschen“ (Vers 7), nicht von Gliedern des Leibes Christi.
  • Der Begriff „Gnadengabe“ bedeutet auch an anderen Stellen nicht zwingend die geistliche Befähigung derer, die zum Leib Christi gehören (Röm 6,23; 11,29 etc.)

Es geht also offenbar nicht um eine geistliche Gnadengabe, sondern um eine natürliche. Der Herr schenkt dem einen Freudigkeit im Alleinsein und dem anderen Freudigkeit in der ehelichen Beziehung. Beides ist eine Gnadengabe Gottes für uns Menschen. Was wir mit dieser Gabe machen und ob wir somit wirklich unser Glück finden, ist natürlich eine ganz andere Frage.

Dasselbe Wort meint in der Schrift nicht zwingend an jeder Stelle dasselbe. Das ist eher nicht der Fehler, dessen sollten wir uns gerade im Zeitalter der Computerkonkordanzen erinnern.