Sorglos (o. ungestört) war Moab von seiner Jugend an, und still lag es auf seinen Hefen und wurde nicht ausgeleert von Fass zu Fass, und in die Gefangenschaft ist es nie gezogen; daher ist ihm sein Geschmack geblieben und sein Geruch nicht verändert. (Jeremia 48,11)

Moab stammt von Lot ab und ist ein Brudervolk von Israel. Es steht bildlich für Christen, die geistlich nicht „geübt“ sind. Moab liegt auf der Ostseite des Jordan, die sehr fruchtbar ist (vgl. 4. Mo 32,1) und wo (nach Jes 16,8) Wein angebaut wurde. Ohne Probleme wachsen die Moabiter dort sorglos und ungestört auf.

Moab wird hier mit Wein verglichen, der in seiner Gegend gewonnen und in Fässern gelagert wurde. Im Prozess der Weingewinnung fehlt allerdings ein ganz wesentlicher Schritt, der auf den Geschmack einen entscheidenden Einfluss hat. Normalerweise werden die Weintrauben in einer Kelter gepresst und anschließend gärt der gewonnene Most für eine bestimmte Zeit. Nach der Gärung sinken die Hefe und andere sogenannte Trubstoffe (Partikel, die vom Fruchtfleisch oder der Weinbeere stammen) langsam auf den Boden ab. Anschließend wird der obere, gereinigte Teil des Weins abgesaugt – bzw. damals wurde er in ein anderes Fass geschüttet, was in unserem Vers mit dem Ausdruck „von Fass zu Fass“ beschrieben wird. Der Bodensatz aus Hefe und Trubstoffen wird anschließend entfernt (heute mit „Abstich“ bezeichnet). Bei Moab fehlt dieser Trennungsprozess von gereinigtem Wein einerseits und andererseits der Hefe sowie Trubstoffen, was den Geschmack stark schmälert.

Wenn wir wirkliche, für Gott annehmbare Frucht von gutem Geschmack und Geruch bringen möchten (vgl. Phil 4,18; Amos 5,21), werden wir durch geistliche „Übungen“ gehen müssen, wobei geschmackstrübende Elemente auf den Boden unserer Prioritätenliste sinken. Jede Bürde (Heb 12,1), jeder unnütze Ballast (1. Kor 10,23) wird in diesem Prozess herausgefiltert, um echte und bleibende Frucht für Gott hervorzubringen. Beim nächsten Umschütten – d.h. beispielsweise bei größeren Veränderungen in unserem Leben wie einem Umzug, einer neuen Arbeitsstelle, einer Heirat – kann dieser Bodensatz dann einfach wegfallen, wobei der gute Teil übrig bleibt, der wiederum die Grundlage für die nächste Reinigungsstufe bildet. Anschließend geht der Prozess wieder los, wobei diesmal die sogenannte Feinhefe auf den Grund sinken muss. Wird sich Gott nicht über diesen gereinigten Wein freuen?

Vielleicht ist der Hinweis, dass Moab nie in Gefangenschaft kam, ein Fingerzeig darauf, dass Moab nie für die Wahrheit Leiden auf sich genommen hat – im Gegensatz beispielsweise zum Apostel Paulus, der für seinen aktiven Einsatz für das Evangelium ins Gefängnis musste. Elimelech in Ruth 1 geht diesen Weg nach Moab, der ihm gerade erschien und für eine Entscheidung steht, die mit wenigen oder gar keinen geistlichen „Übungen“ verbunden war, denn es war für den natürlichen Menschen sicher einfacher, in diese fruchtbaren Gegenden zu ziehen, als die Hungersnot in Israel auszustehen. Letztlich führte dieser Weg zu seinem Tod und dem Tod seiner Söhne.