Josua 23

„Du aber bleibe in dem, was du gelernt hast und wovon du völlig überzeugt bist, da du weißt, von wem du gelernt hast“ (2. Tim 3,14)

Wie bei allen letzten Worte von edlen Dienern Gottes an solche, die den Kampf des Herrn auf der Erde noch zu kämpfen haben, schwingt auch bei den Worten Josuas eine gewisse Traurigkeit mit. Der große Kriegsmann, der seit einiger Zeit körperlich schwächer wurde, stand im Begriff, „den Weg der ganzen Erde“ zu gehen. Als ihm das bewusst wurde, versammelte er Israel zu sich – Älteste, Oberst, Richter und Vorsteher – um sie noch ein letztes Mal seine eindringlichen Worte hören zu lassen. Vorher hatte der Herr schon zu Josua gesagt: „Du bist alt, hochbetagt, und vom Land ist sehr viel übrig, in Besitz zu nehmen.“ Das Werk war noch unvollendet und die Kraft des Führers sank. Weder Länge noch Breite Kanaans waren von Israel vollständig durchschritten und er selbst würde sie bald verlassen. Daher empfahl er Israel ihrer ewig bleibenden Stärke an – dem Herrn, der ewig derselbe ist und dessen Jahre nicht vergehen. „Ich bin alt geworden, hochbetagt“, sagt er, „und ihr habt alles gesehen, was der HERR, euer Gott, allen diesen Nationen euretwegen getan hat. Denn der HERR, euer Gott, er ist es, der für euch gekämpft hat … der HERR, euer Gott, er selbst wird sie vor euch ausstoßen ... so wie der HERR, euer Gott, zu euch geredet hat ... dem HERRN, eurem Gott, sollt ihr anhangen, ... denn der HERR, euer Gott, er ist es, der für euch kämpft.“ So war es auch bei dem Apostel Paulus, der angesichts seines Abschiedes die Heiligen, die er liebte, Gott und dem Wort seiner Gnade anbefahl (Apg 20).

„Ich habe euch diese übrigen Nationen durch das Los als Erbteil zufallen lassen“, sagte Josua. „Diese Nationen“ waren die größte Sorge seines Herzens. Das Land, das den Nationen gehört, die er ausgetrieben hatte, musste kultiviert werden. Doch für den Erhalt Israels erforderten die „übrigen“ Nationen neue Entschiedenheit zum Kampf. Entweder mussten sie ausgetrieben und ihr Land in Besitz genommen werden, oder Israel würde durch sie seine Freiheit verwirken, und vielleicht auch sein Leben. Der wahre Kämpfergeist brannte in Josua in hohem Alter noch genau so wie in den Tagen seiner Kraft. Im Alter beschäftigt man sich gewöhnlich mehr mit den früheren Siegen, als mit denen, die noch zu gewinnen sind, doch der Eifer seiner anfänglichen Energie entflammte immer noch das Herz Josuas. Um zu erben, musste Israel wie zu Beginn zunächst die Kanaaniter enterben. Um zu besitzen, mussten sie immer noch zunächst die Nationen vertreiben. Es gab keinen Mittelweg. Entweder gingen sie jetzt in der ersten Energie vorwärts, oder sie würden vollständig versagen. Obwohl sie schon Eigentum in Kanaan hatten, waren sie doch in genau derselben Position, wie bei ihrem ersten Eintritt in das Land. Und das stellte er ihnen mit allem Nachdruck und Eifer vor.

Deshalb mussten sie jetzt, genau wie am Anfang, mutig sein, alles zu halten, was in dem Buch des Gesetzes geschrieben war, so wie ihnen auch befohlen worden war, als sie noch nichts besaßen. Auch wenn sie schon im Land angesiedelt waren, mussten sie doch diesen Mut haben, der vom Wort Gottes weder zur Rechten noch zu Linken abweicht, so wie es ihnen befohlen worden war, bevor die Kämpfe in Kanaan begannen. Wie mühsam ist es für den Gläubigen, daran festzuhalten, dass er immer und zu allen Zeiten allein im Gehorsam gegenüber Gottes Wort erobern kann. Wie schwierig ist es für ihn, täglich unerschütterliche Abhängigkeit von Gott zu verwirklichen! Und zu keinem anderen Zeitpunkt in seiner Laufbahn ist es schwieriger als dann, wenn er bereits eine Position erreicht hat, wenn er wie Israel bereits große Erfolge erzielt hat. Der junge christliche Kämpfer, der noch alle Siege vor sich hat, empfindet, dass Gott seine Stärke sein muss, sonst ist das Versagen unausweichlich, während der, der schon auf viele Siege zurückblicken kann, in der Gefahr steht, mit Simson zu sagen: „Ich werde davonkommen wie die anderen Male und mich freischütteln.“ Außerdem ist, wenn ein Kind Gottes sein aktives christliches Leben beginnt, die Welt für ihn noch die Welt und die Trennungslinien klar und deutlich in seinem Herzen. Doch wenn sein Christentum etabliert ist (wie es in unseren Tagen so häufig ist), steht er in der großen Gefahr, dass ihm die Liebenswürdigkeit der Welt zur Schlinge wird und dass er Verbindungen mit ihr eingeht.

Die Nationen, die inmitten des Volkes blieben (Vers 7), des ständigen Widerstands überdrüssig, hatten es akzeptiert, besiegt zu sein, und waren dadurch gefährlicher für Israel als in Zeiten des offenen Kampfes. Das Lächeln der Welt ist tödlicher als ihre bösen Blicke. Ihre Rechte der Gemeinschaft ist fataler für das Gedeihen des Christen als ihre Rechte, die das Schwert führt. „Die Freundschaft der Welt ist Feindschaft gegen Gott“ (Jak 4,4). Für Israel war es eine Unmöglichkeit, gleichzeitig dem Herrn anzuhangen und sich an den Rest der Nationen zu hängen (Vers 8+12). Es konnte sich kein neuer Weg zu Wohlfahrt und Erfolg vor ihnen eröffnen, denn es gab nur den einen für sie, den einzigen Weg des Fortschritts für das Volk Gottes: Gehorsam gegenüber seinem Wort. Es ist eine Täuschung und eine Falle zu denken, die Welt hätte sich geändert, weil sie die Christen toleriert, oder anzunehmen, dass das Wort Gottes nach Jahren der Mühen für Christus anders anzuwenden ist als am ersten Tag, als der Herr uns als Kämpfer berief. Und in unseren Tagen des leichtfertigen Umgangs mit Untreue und der Schwachheit in der Entscheidung zum Gehorsam gegenüber dem Wort Gottes, sollten wir diese letzten Worte Josuas zu Herzen nehmen.

Der Weg des Gedeihens und der Weg der Zerstörung für Israel werden ihnen klar vorgestellt: der alte Pfad, den sie bei ihrem Eintritt in das Land beschritten hatten und der neue und verlockende Pfad der Bequemlichkeit und der Verbindung mit den Nationen, jetzt, da das Land erobert war. „Wenn ihr euch irgend abwendet“, indem ihr euch an den Rest der Nationen hängt, dann wäre Israels Lage aussichtslos. „So wisst bestimmt, dass der HERR, euer Gott, nicht fortfahren wird, diese Nationen vor euch zu vertreiben; und sie werden euch zur Schlinge werden und zum Fallstrick und zur Geißel in euren Seiten und zu Dornen in euren Augen, bis ihr umkommt aus diesem guten Land, das der HERR, euer Gott, euch gegeben hat.“ Schreckliche Worte, die sich schrecklich erfüllt haben. Israel wandte sich zurück, verließ den wahren Platz der Absonderung von den Heiden für Gott, ging Ehen mit ihnen ein und betete ihre Götzen an; dann schwand ihre Stärke und die Israeliten wurden elende Sklaven der Völker, die sie einst besiegt hatten. Ach, wie abtrünnig ist das christliche Zeugnis! Wie viele sind abgewichen von den Wahrheiten der Rechtfertigung aus Glauben, für die ihre Väter bereit waren zu sterben, und wurden selbst die Beute des Aberglaubens, den ihre Väter überwanden. Die verbliebenen Nationen erheben ihre Häupter, Untreue erwacht zu riesenhafter Stärke und fesseln Hunderte von Seelen in Elend und Eisen. „Unser Kampf ist … gegen Fürstentümer, gegen Gewalten, gegen geistliche Mächte der Bosheit in den himmlischen Örtern“, sagt die Schrift. Ununterbrochener Kampf gegen alles, was nicht von Christus ist, ist unsere einzige Sicherheit. Wie schade um solche Christen, die, nominal oder real, Verbindungen mit Untreue und Aberglauben eingehen, oder die klaren Grundsätze des Wortes Gottes aufgeben!

Der Weg des Gedeihens und der Weg der Zerstörung, sagten wir, wurden deutlich vorgestellt. Das Gute wird nicht ausbleiben, genauso wenig das Böse. Israel wusste tief im Herzen und in der Seele, dass nicht ein Gutes, das der Herr verheißen hatte, ausgeblieben ist; sie wurden aber auch gewarnt, dass kein Wort des Herrn in Bezug auf Böses auf die Erde fallen würde. Dienten sie anderen Göttern, dann würden sie den Zorn des Herrn erregen und „schnell umkommen aus dem guten Land, das er euch gegeben hat.“

Es ist wahr, dass Gott in seinem Handeln mit dem einzelnen Kind, jedes sicher in sein himmlisches Haus bringen wird. Doch ebenso wahr ist es, dass der Mensch das erntet, was er sät. Es ist gut, über den Einzelnen zu schweigen. Doch in der Geschichte von Gemeinden und des Volkes Gottes als Ganzem sehen wir sein Handeln entsprechend der korporativen Verantwortlichkeit. Das Böse, das in ihrer Mitte geduldet wird, wird zu Geißeln in ihren Seiten und zu Dornen in ihren Augen werden, und das Gute, das sie einst reichlich genossen, wird aus ihrer Mitte umkommen. Ach, wir sehen wie das gleiche Volk, das sich einst in seinem Gott erfreut hatte, jetzt seinen Mangel an Frieden und Wohlfahrt beklagt!