Manche Eltern möchten ihrem Kind einen ausgefallenen Vornamen geben. Doch zum Schutz des Kindes dürfen in Deutschland manche Namen nicht verwendet werden. Dazu gehören Produkt- und Firmennamen, lächerliche Kosenamen – und auch der Name Judas, weil dieser zu negativ belegt ist.

Dass Judas Iskariot den großen und gütigen Meister, den er so gut kannte, verriet, ist eine unfassbar schreckliche Tat. Diese furchtbare Handlung drückt seinem ganzen Leben den Stempel auf. Deshalb wird immer dann, wenn sein Name in der Schrift erwähnt wird, auch der Verrat erwähnt.

Seine Herkunft

Judas ist die griechische Form des hebräischen Vornamens Juda und war damals ein beliebter Name. Der Beiname Iskariot mag darauf hindeuten, dass Judas aus der Stadt Kerijot stammte (vgl. Jos 15,25). Wenn das zutrifft, dann war Judas der einzige Judäer in der Schar der zwölf Apostel, denn alle anderen kamen aus Galiläa. Der Vater von Judas Iskariot hieß Simon. Sonst erfahren wir nichts weiter über den familiären Hintergrund dieses Jüngers.

Übrigens gab es unter den zwölf Jüngern noch einen anderen Jünger mit Namen Judas. Dieser Judas hatte einen Bruder, der Jakobus hieß, und er wurde auch Lebhäus und Thäddäus genannt. Er wird in der Bibel ausdrücklich von Judas Iskariot unterschieden (Lk 6,16; Apg 1,13; Joh 14,22). Insgesamt werden sechs Personen in der Bibel erwähnt, die den Namen Judas tragen, unter anderem ein leiblicher Bruder des Herrn (Mt 13,55).

Seine Berufung

Nach einer denkwürdigen Nacht im Gebet auf einem Berg rief der Herr Jesus seine Jünger zu sich. Aus der Schar der Jünger wählte Er zwölf aus, die Er auch Apostel nannte. Diese Männer sollten sich besonders in seiner Nähe aufhalten. Unter den Zwölfen war auch Judas Iskariot. Es fällt auf, dass Judas bei der Aufzählung der erwählten Jünger jeweils an letzter Stelle genannt wird und dass nicht einmal bei dieser Gelegenheit sein Verrat unerwähnt bleibt (Mt 10,1–4; Mk 3,13–18; Lk 6,12–16).

Warum erwählte Jesus Judas, dessen wahren Charakter Er doch kannte? Ein wichtiger Grund ist: Nur so konnten sich Voraussagen des Alten Testaments erfüllen (Joh 13,18; 17,12). So wurde prophezeit, dass der, der mit dem Messias das Brot aß, die Ferse gegen Ihn erheben würde (Ps 41,10). Ein Freund und Vertrauter würde sich Ihm als Feind erweisen (Ps 55,13–15). Und dieser Mann musste früh sterben und sein Amt musste ein anderer empfangen (Ps 109,8; Apg 1,20). Dass diese Prophezeiungen die persönliche Verantwortung des Judas nicht wegnehmen, ist selbstverständlich und sei nur am Rand vermerkt.

Sein Dienst

Judas Iskariot wurde, wie die anderen Jünger, mit Vollmacht vom Herrn ausgesandt. Judas tat das, was seine Mitstreiter auch taten: Er predigte Buße, befreite Menschen aus dämonischer Macht und vollführte Wunder (Mt 10,5 ff.). Das Tragische aber war, dass er selbst nicht Buße getan hatte und vom Teufel für seine dunklen Zwecke benutzt werden konnte. Inmitten der Jüngerschar hatte Judas sogar eine besondere Aufgabe: Er war für die Finanzen verantwortlich und verwaltete die Spendengelder. Judas muss seriös gewirkt haben, so dass kein Zweifel an seiner Zuverlässigkeit aufkeimte und die Jünger keinen Anlass sahen, seine Arbeit zu kontrollieren.

Seine Habsucht

Als Judas die Brücken hinter sich abbrach, um mit dem armen Jesus von Nazareth durchs Land zu ziehen, war von seiner Habsucht nichts zu sehen. Und doch beherrschte ihn die Liebe zum ungerechten Mammon. Das konnte auf Dauer nicht verborgen bleiben und zeigte sich dann auch deutlich, als Maria von Bethanien den Herrn mit einer kostbaren Narde salbte. Das empörte Judas, und er machte sich zum Sprecher der Jünger: Die Narde hätte für 300 Denare verkauft und das Geld in die gemeinsame Kasse getan werden sollen (Joh 12,3–8). Warum wohl? War ihm daran gelegen, den Armen etwas davon zu geben, wie er behauptete? Nein, er wollte nur mehr Kapital haben, aus dem er als Dieb schöpfen konnte. Er war nicht für die Armen, sondern um seinen Reichtum besorgt. Und kurz nach diesem Ereignis wollte er dann das „Geschäft“ seines Lebens machen: Jesus gegen 30 Silberstücke „eintauschen“.

Seine Heuchelei

Judas verstand es „meisterhaft“, sich in die Schar von Jüngern zu integrieren, deren Herzen für den Heiland Jesus Christus schlugen. Er fiel nicht negativ auf. Man nahm ihm ab, wenn er sich besorgt für die Armen zeigte, obwohl er doch nur an sich selbst dachte. Selbst als er als Verräter offenbar gemacht und vom Herrn zum eiligen Handeln aufgefordert wurde, dachten die anderen Jüngern, Judas sollte schnell etwas an die Armen verteilen (Joh 13,29). Doch der Herr Jesus durchschaute das Blendwerk seiner heuchlerischen Frömmigkeit und bezeugte schon früh, dass Judas ein Teufel sei (Joh 6,70.71).

Sein heimtückischer Plan

Das, was Judas aus der gemeinsamen Kasse entwenden konnte, war ihm anscheinend auf Dauer zu wenig. So entschloss sich Judas, seinen Meister für Geld zu verraten. Dahinter stand der Teufel, der ihm diesen Gedanken ins Herz gegeben hatte (vgl. Joh 13,2).

Die religiösen Führer des Volkes waren sich einig geworden, dass Jesus ohne Volksauflauf listig gegriffen und getötet werden sollte (Mt 26,3–5). Doch auf die Idee, mit Judas Iskariot zu kooperieren, kamen sie nicht. In ihren Augen war er, wie die anderen Jünger, ein fanatischer Anhänger Jesu. Was für eine Freude war es für sie, dass Judas Iskariot aus eigenem Antrieb zu ihnen kam und Jesus überliefern wollte! Sie boten ihm 30 Silberstücke für seine Dienste an, was der geldgierige Judas auch direkt akzeptierte (Mt 26,14–16). 30 Silberstücke – das war die Summe, die als Entschädigung nach dem Gesetz Moses für einen Knecht gezahlt werden musste, wenn er von einem Ochsen getötet worden war (2. Mo 21,32). Der Prophet Sacharja nennt diesen Betrag ironisch einen „herrlichen Preis“ (Sach 11,12.13).

Judas suchte nun eine Gelegenheit, den Meister an die Feinde zu überliefern. Sicher war ihm bekannt, dass seine Geldgeber nicht wollten, dass Jesus am Passahfest verhaftet würde, wenn ganz Israel auf den Beinen war. Es war wohl am besten, noch ein paar Tage zu warten. Doch es musste anders kommen, denn das wahre Passahlamm musste zum Passahfest geschlachtet werden.

Seine schreckliche Tat

Der Herr Jesus aß mit seinen Jünger in einem Obersaal das Passah. Erschüttert bezeugte er, dass einer von seinen Jüngern ihn überliefern würde (Joh 13,21). Kein Jünger verdächtigte Judas und alle fragten traurig: „Doch nicht ich, Herr?“ Auch Judas stellte schließlich diese Frage – doch dabei redete er Jesus bezeichnenderweise als einziger nicht mit „Herr“, sondern mit „Rabbi“ an (Mt 26,20–25).

Dann machte der Herr Jesus den Verräter offenbar, indem er ihm einen Bissen reichte. Satan fuhr in Judas Iskariot. Es gab kein Zurück mehr. Der Herr sagte zu Judas: „Was du tust, tu schnell.“ Judas stand auf und ging in die Nacht hinaus (Joh 13,21–28). Seine Füße, die der Herr eben noch gewaschen hatte, eilten, um die Feinde Christi zu mobilisieren.

Judas Iskariot wusste, dass Jesus sich mit seinen Jüngern im Garten Gethsemane aufzuhalten pflegte. Also führte er die bewaffnete Schar dorthin. Da der Herr Jesus sich äußerlich nicht von den Jüngern unterschied und der Zugriff in der Dunkelheit erfolgen sollte, musste Judas den Häschern klarmachen, wen sie festnehmen sollten. Für Judas war ein Kuss das geeignete Zeichen. Und er machte es besonders gründlich, indem er den Meister mehrmals küsste (Mt 26,47–50). Ja, die Küsse eines Hassers sind „überreichlich“ (Spr 27,6).

Wie bewegend ist es, den Herrn hier zu sehen! Er zeigte Judas noch einmal seine Liebe und Macht – seine Liebe, indem er ihn Freund nannte, als Judas ihn heuchlerisch herzte, und seine Macht, indem er ihn und die Umstehenden mit einem „Ich bin’s“ zu Boden warf (Mt 26,50; Joh 18,5.6). Doch dann ließ der Herr es zu, dass die Feinde seine Hände banden und ihn abführten.

Sein Ende

Nachdem Judas als Verräter „erfolgreich“ war, bekam er 30 Silberstücke ausgehändigt. Doch die Sache mit Jesus ließ ihm nun doch keine Ruhe. Er musste erfahren, was aus Jesus werden würde. Als er sah, dass Jesus zum Tod verurteilt wurde, reute ihn seine Tat. Er wollte mit dem Verräterlohn nichts mehr zu tun haben. Er brachte die 30 Silberstücke zu den Hohenpriestern und Ältesten zurück und bezeugte, dass Jesus unschuldig sei. Die schroffe Antwort, die er von ihnen bekam, brachte ihn dazu, das ganze Geld verzweifelt in den Tempel zu werfen. Er hatte niemand mehr, weder im Himmel noch auf der Erde. Dann ging er hin und erhängte sich (Mt 27,3–5).

Petrus berichtete, dass Judas kopfüber gestürzt und mitten entzweigeborsten war, so dass alle seine Eingeweide verschüttet wurden (Apg 1,18). Wie ist das mit dem Erhängen in Einklang zu bringen? Es könnte so gewesen sein, dass der Ast des Baumes brach, an dem er sich stranguliert hatte, so dass Judas einen Abhang herabstürzte und sein Körper grässlich zerschunden wurde. Aber noch furchtbarer ist, dass Judas (das heißt seine Seele) an „seinen eigenen Ort“ ging (Apg 1,25). Er kam also an den Ort, der zu ihm passt, wohin er gehört – das ist der Hades, der Ort der Qual (vgl. Lk 16,23 ff.). Dass er an „seinen eigenen Ort“ kam, ist das Letzte, was von Judas in der Bibel gesagt wird.

Und was wurde aus seinem Geld, seinem Verräterlohn? Die Hohenpriester wollten die Silberstücke nicht im Tempelschatz deponieren, weil es Blutgeld war. Sie kauften deshalb von dem „Judaslohn“ ein Feldstück, das als Friedhof für Ausländer genutzt und „Blutacker“ genannt wurde (Mt 27,6–10; Apg 1,18.19).

Lektionen für uns

Das Verhalten Judas Iskariots ist eine Warnung für jeden, der Jesus Christus nachfolgt. Man kann Christus dienen und manches in seinem Namen tun – und dennoch verloren gehen. Der Weg von Judas ist gewiss einmalig, auch was die Umstände und seine direkte Bekanntschaft mit Jesus betrifft. Aber es sind nicht wenige, die nach dem Namen Christi genannt werden und doch keine lebendige Beziehung zu ihm haben. Deutlich sind die Worte des Herrn Jesus: „Nicht jeder, der zu mir sagt: ‚Herr, Herr!‘, wird in das Reich der Himmel eingehen, sondern wer den Willen meines Vaters tut, der in den Himmeln ist. Viele werden an jenem Tag zu mir sagen: Herr, Herr, haben wir nicht durch deinen Namen geweissagt und durch deinen Namen Dämonen ausgetrieben und durch deinen Namen viele Wunderwerke getan? Und dann werde ich ihnen erklären: Ich habe euch niemals gekannt; weicht von mir, ihr Übeltäter!“ (Mt 7,21–23). Letztlich gilt für jeden Ungläubigen, was Christus im Blick auf Judas Iskariot gesagt hat: Es wäre dem Mensch besser, er wäre nicht geboren (Mt 26,24).

Aber auch für solche, die von neuem geboren sind, enthält die traurige Geschichte von Judas wichtige Lektionen. Wir können prinzipiell dieselben Fehler wie er begehen. Das sollten wir gut bedenken und uns stets bewusst sein, dass in unserem Fleisch nichts Gutes wohnt. Allerdings will der Geist Gottes sicher nicht bei wahrhaft Gläubigen bewirken, dass sie unsicher werden und Zweifel an ihrer Errettung bekommen. Der Geist wird nie das infrage stellen, was Er selbst bewirkt hat. Aber ernsthaft und selbstkritisch zu prüfen, ob wir nicht manchmal wie ein Judas denken und handeln – das ist schon recht.

Ich möchte das, was Judas Iskariot charakterisierte, unter drei Schlagwörtern zusammenfassen: Habsucht, Heuchelei und Heimtücke.

Habsucht: Das ist eine sehr gefährliche Sünde, die sich schleichend entwickelt, die nur schwer erkannt werden kann und die oft verheerende Folgen hat. So bezahlte nicht nur Judas Iskariot die Habsucht mit seinem Leben, sondern auch Achan sowie Ananias und Sapphira. An ihnen erfüllte sich Sprüche 1,19: „So sind die Pfade all derer, die der Habsucht frönen: Sie nimmt ihrem eigenen Herrn das Leben.“ Und Gehasi, der Knecht Elisas, der in seiner Gier dem geheilten Naaman Geld abknöpfte und damit das „Gemälde der freien Gnade“ besudelte, musste als Strafe auch dessen Aussatz „übernehmen“ (2. Kön 5). „Die Geldliebe“ , schreibt Paulus, „ist eine Wurzel alles Bösen, der nachstrebend einige von dem Glauben abgeirrt sind und sich selbst mit vielen Schmerzen durchbohrt haben“ (1. Tim 6,10).

Heuchelei: Judas wollte nach außen hin etwas sein, was er innerlich gar nicht war: ein selbstloser Jünger Jesu Christi. Auch in dem „Teig“ unseres Lebens findet sich oft mehr als nur ein Krümelchen des Sauerteigs der Pharisäer, der Heuchelei ist (Lk 12,1). Nicht umsonst wird im Neuen Testament die Gefahr der Heuchelei mehrfach erwähnt. Allein drei Stellen erinnern uns daran, dass Bruderliebe nicht vorgetäuscht werden sollte (Röm 12,9; 2. Kor 6,6; 1. Pet 1,22).

Heimtücke: Einen Freund den Feinden ans Messer zu liefern, ist heimtückisch und böse. Auch wenn wir das wahrscheinlich noch nicht getan haben, müssen wir uns doch fragen, ob wir immer loyal zu solchen stehen, die uns vertrauen und mit denen wir lange freundschaftlich verbunden sind. Oder gehören wir etwa zu denen, die einem Freund plötzlich in den Rücken fallen, um einen Vorteil für sich zu erreichen? Dann gehen wir in den Fußspuren eines Judas – und das sollte uns erschrecken lassen.

Judas Iskariot ist in seiner Person wie ein großes Warnschild. Wir tun gut daran, es zu beachten und nicht einfach weiterzugehen.