In drei Begebenheiten finden wir Maria zu den Füßen des Herrn und jedes Mal nimmt sie eine andere Stellung ein: In Lukas 10,38–42 sehen wir Maria zu den Füßen des Herrn als eine Lernende die von dem Herrn Belehrung empfängt. In Johannes 11,32 finden wir sie zu den Füßen des Herrn als Beter, wie sie ihr ganzes kummervolles Herz vor ihm ausschüttet. Schließlich, in Johannes 12,3, dürfen wir sie als Anbeter zu den Füßen des Herrn sehen.

Dabei ist das Verhalten Marias in Lukas 10 grundlegend und ausschlaggebend für ihr weiteres Verhalten. Aus der, die die Gemeinschaft mit dem Herrn und die Belehrung von ihm sucht, wird die, die in der Zeit der Prüfung durch Ruhe und Frieden gekennzeichnet ist und voller Vertrauen ihr Herz bei dem Herrn ausschüttet und Trost empfängt. Und schließlich wird aus der Empfangenden eine Gebende, zur Freunde und Erquickung des Herrn.

In Lukas 10,38–42 finden wir den Herr in Bethanien in dem Haus derer, die ihn liebten, und die auch er liebte (Joh 11,5). Martha, der das Haus in Bethanien wohl gehörte, stellt dieses zur Verfügung und „war sehr beschäftigt mit vielem Dienen“ (V.40). Maria hingegen saß zu den Füßen des Herrn und hörte ihm zu. Was der Herr gesagt hat, wissen wir nicht, wir sehen aber welche Haltung Maria einnahm. Sicherlich hatte auch sie die viele Arbeit gesehen die es im Haus zu tun gab. Doch jetzt war für sie nicht die Zeit mit den Dingen im Haus beschäftigt zu sein, so gut und so wichtig diese auch an ihrem Platz und zu ihrer Zeit gewesen sein mögen. Jetzt, wo der Herr im Haus war, wollte sie bei Ihm, zu seinen Füßen sitzen um von ihm Belehrungen zu empfangen. Indem sie dieses „gute Teil“ erwählt hatte, hatte sie das eine getan was notwendig war (vgl. V.42). Was Martha getan hat war nicht schlecht – sie diente dem Herrn. Aber weder war ihre Haltung in der sie diente gut, noch hatte sie das „gute Teil“ erwählt. Der Herr adelt die Entscheidung Marias und sagt, dass dieses gute Teil „nicht von ihr genommen werden wird“ (V.42). In Matthäus 26,10 sehen wir schließlich, dass Maria nicht tatenlos und fruchtleer geblieben ist: auf das „gute Teil“ folgt schließlich auch das „gute Werk“ .

 Auch in unserer Zeit können wir mit vielem Dienen beschäftigt sein. Gibt es nicht so viel zu tun in der Gemeinde, sowohl in praktischer als auch in geistlicher Hinsicht? Gibt es nicht so viele Seelen die noch nicht errettet sind und durch das Evangelium erreicht werden müssen? Gilt es nicht tätig zu werden und die Zeit auszukaufen? Ja, sicherlich. „Glückselig jener Knecht, den sein Herr, wenn er kommt, damit beschäftigt finden wird“ (Lk 12,43). Aber beachten wir die Reihenfolge hier: Erst war Maria bei ihm, in seiner Gegenwart, dann hörte sie die Belehrungen von ihm und erst zum Schluss lesen wir von dem guten Werk für ihn – ein Werk, das zur rechtes Zeit, in der rechten Haltung und an der rechten Person geschah.

So ist es auch für uns unerlässlich, ja notwendig, dass wir vor allem die Gemeinschaft mit dem Herrn in der Stille suchen um von ihm zu lernen und einen Eindruck der Herrlichkeit seiner Person zu erlangen. Es geht hier weniger um die zeitliche Reihenfolge, als mehr um die Priorität. Maria zeigt durch ihr Verhalten, dass sie eine klare Priorität in ihrem Leben hatte: Erst der Herr und dann der Dienst. Die Beschäftigung mit ihm und der Dienst für ihn werden in gewisser Weise in unserem Leben parallel laufen. Wenn wir den Platz zu seinen Füßen „überspringen“, dann wird es uns wie Martha gehen, die „sehr beschäftigt mit vielem Dienen“ und sehr „besorgt und beunruhigt“ war. So ein Dienst steht in der großen Gefahr zu einem blanken Aktivismus zu verkommen, bei dem die gewünschte Frucht ausbleibt (vgl. Joh 15). Nicht nur werde wir im Unklaren sein was, wann und wie wir etwas tun sollen. Wir werden auch kein rechtes Bewusstsein dafür haben für WEN wir etwas tun – und das ist vor allem notwendig um mit Geduld und Beständigkeit auch in Prüfungen im Dienst bestehen zu können. Aber wenn wir die Beschäftigung mit ihm an die erste Stelle stellen, dann werden wir den Dienst für ihn auch in der rechten Weise tun. Dann werden wir sein „wie ein Baum, gepflanzt an Wasserbächen, der seine Frucht bringt zu seiner Zeit und dessen Blatt nicht verwelkt; und alles was er tut, gelingt“ (Psalm 1,3).

Über allem aber werden wir etwas besitzen, was nicht von uns genommen werden kann (vgl. Lk 10,42). Alles was wir hier uns erwerben – sei es materiell, oder immateriell – müssen wir früher oder später einmal wieder abgeben. Auch unser Dienst kann einmal von uns genommen werden. Doch Christus kann uns nicht genommen werden. Wenn Er uns groß geworden ist und wenn wir seine Herrlichkeiten sehen, dann kann das niemals von uns genommen werden. Es wird immer unser Teil sein – hier auf der Erde und im Himmel.