Matthäus beginnt mit dem gesetzlichen Geschlechtsregister des Herrn, wodurch bewiesen wird, daß Er der Sohn Davids, der Erbe des Thrones in Israel ist. Aber Er wird auch als der Sohn Abrahams angekündigt, durch den alle Nationen gesegnet werden sollen. Dabei wird durch die namentliche Erwähnung von vier Frauen, die bezeichnenderweise alle aus den Nationen kamen, Sein Titel in geistlicher Hinsicht bewiesen. Aber der Thron Israels ist der Thron des HERRN, das kommende Königreich ein himmlisches Königreich: Um die Segnungen zu empfangen, mußte für die Juden wie auch für die Nationen Rettung geschaffen werden. Daher wird uns sofort mitgeteilt, daß der Kommende sowohl Immanuel – „Gott mit uns“ – als auch Jesus ist, weil Er Sein Volk von ihren Sünden erretten würde.

In diesem dreifachen Charakter stellt Matthäus uns den Herrn vor, wobei der letzte Aspekt nicht so ausführlich wie im Johannes-Evangelium dargelegt wird. Er bildet allerdings die Grundlage für die ersten beiden. Sein erster Titel wird auch als erstes nachdrücklich betont. Er kommt zu den Seinen. Als diese Ihn nicht aufnehmen, geht das Königreich in der Zwischenzeit an die Nationen über. Sein Titel „Sohn Abrahams“ wird somit gerechtfertigt, jedoch nie ohne einen Hinweis auf Segen und Erfüllung der Verheißungen für Israel in der Zukunft.

Die ersten beiden Kapitel stellen uns auf diese Weise den Charakter dieses Evangeliums vor. Israels König wird von den Nationen begrüßt, während Er von Seinem eigenen Volk verworfen wird: die Weisen beten an, Jerusalem ist beunruhigt; der Herr nimmt in Ägypten den Platz der Verwerfung ein, aber für Gott beginnt da die Geschichte des Volkes wieder. Hier offenbart sich das Geheimnis des bemerkenswerten Zitates aus Hosea: „Aus Ägypten habe ich meinen Sohn gerufen“ (Mt 2,15). Von der Stellvertretung dieses Einen hängen alle ihre Segnungen ab.

Der König und das Königreich sind daher im Matthäus-Evangelium die Hauptgedanken und bilden eindeutig die Verbindung zum Alten Testament. 32 Mal ist der bezeichnende Ausdruck „das Reich der Himmel“ zu finden. Gott sitzt auf dem Thron. Obwohl Er als Vater bekannt gemacht wird, gibt es keine vertraute Nähe zu Ihm. Das Werk der Rettung wird angekündigt, aber als etwas, das noch ausgeführt werden muß und worüber im jetzigen Moment noch keine Freude herrscht. Jüngerschaft und die damit verbundene Verantwortung im Wandel und Leben werden herausgestellt. Der Strom der Liebe aus dem Herzen Gottes erweckt jedoch noch keine Antwort im Herzen des Menschen, wie es später einmal sein würde. Über allem liegt der Schleier einer gewissen Einschränkung und Zurückhaltung. Die Vergebung der Sünden ist administrativ und kann wieder aufgehoben werden (vgl. Kap. 18,34). Der Schatten des Gesetzes ist noch nicht ganz verschwunden. Erst beim Kreuz wird Segen angekündigt – ein Gedanke, den die anderen Evangelien weiterentwickeln. Das Thema des Kreuzes im Matthäus-Evangelium werden wir später betrachten.