Erst das Ziel, dann der Weg

Es ist anzunehmen, dass der Herr Jesus, als er von den Wohnungen im Haus seines Vaters sprach, an die Priesterwohnungen im Tempel dachte (vgl. 1. Kön 6,5). Das waren die Wohnungen, nach denen sich die Söhne Korahs in Psalm 84 sehnten. Sie sehnten sich so sehr, dass sie sogar die Spatzen und Schwalben beneideten, die sich freimütig im Haus des Herrn ihre Nester bauten. Was war dieser Tempel, wo Gott hinter dem Vorhang verborgen im Allerheiligsten wohnte, verglichen mit dem Haus des Vaters, wo wir mit dem Vater und dem Sohn Gemeinschaft haben dürfen. Aber wie sieht es mit unserer Sehnsucht nach dem Haus des Vaters aus, verglichen mit der Sehnsucht der Psalmisten, die den Herrn der Heerscharen kannten, aber von einem Vater nichts wussten.

Doch wir wollen auch noch eine Mut machende Parallele zwischen Psalm 84 und Johannes 14 ziehen. Psalm 84 spricht erst von dem Ziel, von dem Wohnen im Haus Gottes. Und erst dann ist von dem Weg dorthin die Rede. Wenn wir das Ziel vor Augen haben, dann sind in unseren Herzen „gebahnte Wege“. Dann können wir durch das Tränental gehen und es zu einem Quellenort machen, weil wir wissen, was oben auf dem Berg auf uns wartet. Dann gehen wir „von Kraft zu Kraft“, denn die Hoffnung auf ein herrliches Ziel beflügelt uns.

Genauso tröstet der Herr Jesus auch seine Jünger. Er spricht auch über den Weg mit ihnen, darüber, dass sie Frucht bringen und ein Zeugnis sein sollten in einer Welt, die sie hassen würde. Aber vorher stellt er ihnen das Ziel vor: das Haus seines Vaters. Sollte dieses Ziel nicht auch uns beflügeln, geduldig und treu unseren Weg zu gehen, bis wir dort hingelangen?

Auch diese Worte des Herrn Jesus über das Haus seines Vaters werden die Jünger nicht verstanden haben. Sie kannten auch die Beziehung zu Gott als ihrem Vater noch nicht. Bisher hatte der Herr Jesus immer von „dem Vater“ oder wie hier von „meinem Vater“ gesprochen. Aber nach seiner Auferstehung war seine erste Botschaft an seine Jünger: „Ich fahre auf zu meinem Vater und eurem Vater.“[1] Sein Vater ist jetzt auch unser Vater, und sein Vaterhaus ist auch unser Vaterhaus.

Welche Zuversicht müssen diese Worte den Jüngern später immer wieder vermittelt haben. Johannes ist überwältigt von dieser Beziehung, wenn er schreibt: „Seht, welch eine Liebe uns der Vater gegeben hat, dass wir Kinder Gottes heißen sollen! Und wir sind es“ (1. Joh 3,1). Und wer wollte bezweifeln, dass er, wenn er hinzufügt: „Denn wir werden ihn sehen wie er ist“, an das Haus des Vaters dachte, von dem der Herr Jesus gesagt hatte: „Vater, ich will, dass die, die du mir gegeben hast, auch bei mir seien, wo ich bin, damit sie meine Herrlichkeit schauen“ (Joh 17,24).


Fußnoten:

  1. Er sagt nicht „zu unserem Vater“. Zwar sind wir in die gleiche Beziehung zum Vater gebracht, die der Sohn hat, aber als der ewige Sohn hat er auch hierin den Vorrang. Wenn wir auch seine Brüder sind, bleibt er doch der „Erstgeborene unter vielen Brüdern“.