In 1. Timotheus 1,15 finden wir – so könnte man sagen – eine Kurzfassung des Evangeliums. Im Folgenden möchten wir anhand dieses Verses einige wesentliche Punkte des Evangeliums beleuchten.

„Das Wort ist gewiss und aller Annahme wert, dass Christus Jesus in die Welt gekommen ist, um Sünder zu erretten, von denen ich der erste bin.

1. Die absolute Verlässlichkeit des Evangeliums

„Das Wort ist gewiss …“ – Das Evangelium Gottes ist absolut zuverlässig, nicht etwa weil es den Gedanken hoch gebildeter Menschen entspringt, sondern weil Gott selbst der Autor ist. Und was er sagt, ist absolut wahr. Das Wort Gottes ist das einzige Fundament, auf das sich der Glaube voll und ganz und ohne Bedenken stützen kann. „Das Wort ist gewiss“ – welch eine Sicherheit gibt dieses Wort dem zweifelnden Herzen!

Beispiele für die absolute Verlässlichkeit des Wortes Gottes gibt es mehr als genug. Denken wir nur an all die Prophezeiungen des Alten Testaments, die sich entweder schon erfüllt haben oder noch erfüllen werden! Selbst kleinste Einzelheiten, die vorausgesagt wurden, haben sich bis ins letzte Detail erfüllt. Und wie kann es auch anders sein, wenn Gott selbst die Quelle dieser Prophezeiungen ist. Derjenige, „der von Anfang an das Ende verkündet und von alters her, was noch nicht geschehen ist“ (Jes 46,10), könnte er sich irren? Nein, niemals. „Der Himmel und die Erde werden vergehen, meine Worte aber werden nicht vergehen“, bestätigt der Herr Jesus selbst in allen drei synoptischen Evangelien (Mt 24,35; Mk 13,31; Lk 21,33). Ist diese dreifache Zusicherung des Herrn nicht Grund genug, dass wir uns wieder mit neuer Entschiedenheit auf dieses Wort stützen und Gott beim Wort nehmen?

2. Der umfassende Charakter des Evangeliums

„… und aller Annahme wert …“ – Das Evangelium Gottes ist eine kostbare Botschaft, kostbar deshalb, weil es sich auf das kostbare Blut Christi gründet. Christus hat auf dem Kreuz die Grundlage dafür gelegt, dass dieses Evangelium des Heils heute allen Menschen verkündet werden kann. Es ist eine gute Botschaft, die dem verlorenen Sünder nicht nur die Vergebung seiner Sünden verspricht, sondern auch eine glückselige Zukunft im Haus des Vaters in Aussicht stellt. In der Tat eine Botschaft, die es wert ist, angenommen zu werden.

Wie überaus beglückend ist es dann, zu wissen, dass die Gnade Gottes nicht auf bestimmte Personen beschränkt ist, sondern von jedem Menschen in Anspruch genommen werden kann, welcher Nationalität er auch sein mag, welcher sozialen Klasse er auch angehören mag! Die gute Botschaft der Errettung ist für jeden, auch für dich und für mich.

Es reicht jedoch nicht aus, das Evangelium zu hören, noch ist es genug, es nur zu kennen. Das Evangelium muss persönlich angenommen, das heißt im Glauben ergriffen werden. Hast du das Heil Gottes schon ergriffen?

3. Der Gegenstand des Evangeliums

„… dass Christus Jesus …“ –  Jesus Christus ist der Gegenstand oder das Thema des Evangeliums. Er ist „der Anfänger und Vollender des Glaubens“ (Heb 12,2), derjenige, in dem und durch den sich alle Ratschlüsse Gottes erfüllen. Wahres Christentum ist kein theologisches Lehrgebäude, sondern eine lebende Person. Gläubige verkünden keine christliche Lehre, sondern eine auferstandene und zur Rechten Gottes thronende Person – eine Tatsache, die wir oftmals allzu schnell aus dem Auge verlieren.

In gleicher Weise sind wir nicht Anhänger eines Glaubensbekenntnisses, sondern Nachfolger einer Person. Paulus konnte sagen: „Seid meine Nachahmer, gleichwie auch ich Christi“ (1. Kor 11,1). Christus ist die gesegnete Person, der wir nachfolgen und der wir anhangen. Er ist der „Gesalbte Jehovas“, an dem Gott sein ganzes Wohlgefallen gefunden hat.

Jesus Christus ist aber auch derjenige, von dem es in Philipper 2,6–8 heißt: „Der, da er in Gestalt Gottes war, es nicht für einen Raub achtete, Gott gleich zu sein, sondern sich selbst zu nichts machte und Knechtsgestalt annahm, indem er in Gleichheit der Menschen geworden ist, und, in seiner Gestalt wie ein Mensch erfunden, sich selbst erniedrigte.“ Vielleicht ist gerade diese seine Erniedrigung der Grund dafür, dass die Reihenfolge seines Namens in unserem Vers umgekehrt ist („Christus Jesus“). Er war von dem Vater ausgegangen und in diese Welt gekommen (Joh 16,28a). Er wurde wahrer Mensch, ohne einen Augenblick aufzuhören, Gott zu sein. Ja, er musste wahrer Mensch werden, um das große Werk der Erlösung vollbringen zu können. Unbegreifliches Wunder der Anbetung!

Seine Eltern gaben ihm den Namen „Jesus“ (= Jahwe ist Rettung). „Jesus“ ist der Name, den er in seiner Erniedrigung auf dieser Erde trug, der Name, mit dem er geschmäht und verachtet wurde. Doch gerade diesen Namen wird er für alle Ewigkeit tragen. „Darum hat Gott ihn auch hoch erhoben und ihm einen Namen gegeben, der über jeden Namen ist, damit in dem Namen Jesu jedes Knie sich beuge, der Himmlischen und Irdischen und Unterirdischen, und jede Zunge bekenne, dass Jesus Christus Herr ist, zur Verherrlichung Gottes, des Vaters“ (Phil 2,9–11).

„Jesus“ ist auch der einzige Name, in dem Errettung zu finden ist. „Und es ist in keinem anderen das Heil, denn auch kein anderer Name ist unter dem Himmel, der unter den Menschen gegeben ist, in dem wir errettet werden müssen“ (Apg 4,12). Was bedeutet der Name „Jesus“ für dich, lieber Leser?

4. Der Inhalt des Evangeliums

„… in die Welt gekommen ist …“ – Was ist nun der Inhalt dieser guten Botschaft? Dass Christus Jesus in die Welt gekommen ist. Ja, er ist gekommen. Welch eine Herablassung des großen Gottes! Er, der Schöpfer des Himmels und der Erde, kam in seine Schöpfung. Wie hätten wir auch zu ihm kommen können! Unmöglich! Der natürliche Mensch ist gänzlich unfähig, Gott zu nahen. Aber Gott sei Dank! Jesus Christus ist in die Welt gekommen.

Drei Bedeutungen des Begriffes „Welt“

Wenn die Schrift von „Welt“ spricht, meint sie damit nicht an jeder Stelle dasselbe. Mindestens drei Bedeutungen dieses Begriffes lassen sich unterscheiden.

a) Die Welt als Kosmos

Die erste Bedeutung von „Welt“ ist Weltall oder Kosmos – das Universum, in dem wir leben (vgl. Mt 25,34b).
Der Herr Jesus kam aus der Herrlichkeit des Vaterhauses und trat in dieses unser Weltall ein, indem er auf diese Erde kam (Joh 16,28a).

b) Die Welt der Menschen

Mit „Welt“ ist an manchen Stellen der Schrift auch die Welt der Menschen oder die Menschen im allgemeinen Sinn gemeint (vgl. Joh 3,16).

Auch in diese Welt musste unser Herr eintreten, indem er wahrer Mensch wurde und ungefähr 33 Jahre als Mensch unter Menschen lebte. „Und das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns“ (Joh 1,14a).

c) Die Welt als sündiges System Satans

Zuweilen ist mit dem Begriff „Welt“ auch der Herrschaftsbereich Satans gemeint – das böse, Gott völlig entgegengesetzte Weltsystem (vgl. 1. Joh 2,15.16), in dem Satan der „Fürst“ ist (Joh 12,31).

Unser Herr „kam in das Seine, und die Seinen nahmen ihn nicht an“ (Joh 1,11). Doch nicht nur Ablehnung war es, die dem Herrn begegnete, sondern offener Hass und tiefste Verachtung. „Und sie sahen ihn von ferne; und ehe er ihnen nahte, da ersannen sie gegen ihn den Anschlag, ihn zu töten“ (1. Mo 37,18). „Er war verachtet und verlassen von den Menschen, ein Mann der Schmerzen und mit Leiden vertraut““ (Jes 53,3). Das Kreuz war das Einzige, das diese Welt für unseren Herrn übrig hatte.

5. Die Absicht des Evangeliums

„… um Sünder zu erretten …“ – Wie wunderbar, zu wissen, dass der Herr Jesus nicht gekommen ist, Gerechte zu rufen, sondern Sünder (Mt 9,13; Mk 2,17; Lk 5,32) – und Sünder sind wir schließlich alle. „Da ist kein Gerechter, auch nicht einer“ lautet Gottes Urteil über jeden Menschen (Röm 3,10). Doch Christus ist gekommen, um Sünder zu erretten, um sie passend zu machen für die Gegenwart Gottes.

Die Errettung, die Gott uns durch den Glauben schenkt, umfasst weitaus mehr als die Vergebung der Sünden. Sie schließt die Versöhnung, Rechtfertigung und Versiegelung mit dem Heiligen Geist ein und macht ehemals verlorene Sünder zu Kindern Gottes. „Seht, welch eine Liebe uns der Vater gegeben hat, dass wir Kinder Gottes heißen sollen. Und wir sind es“ (1. Joh 3,1).

Unsere Errettung ist für Zeit und Ewigkeit. Aber schon jetzt und heute „haben wir Freimütigkeit zum Eintritt in das Heiligtum durch das Blut Jesu“ (Heb 10,19). Wir haben uneingeschränkten Zugang ins himmlische Heiligtum und vertrauten Umgang mit Gott wie Kinder mit ihrem Vater. Doch so kostbar unsere Stellung vor Gott auch ist, wir werden sie nur in dem Maß genießen können, wie wir sie in unserem Leben verwirklichen. An uns ist es also, sie in unserem Leben Realität werden zu lassen. Hast du heute schon von deinem Vorrecht Gebrauch gemacht und die Gemeinschaft mit deinem himmlischen Vater genossen?

6. Die persönliche Relevanz des Evangeliums

„… von denen ich der erste bin.“ – Der Apostel Paulus hatte eine einzigartige Bekehrung erlebt. Der Herr selbst war ihm auf dem Weg nach Damaskus in den Weg getreten und hatte eine radikale Umkehr in seinem Herzen bewirkt. Sein bisheriges Leben sah er plötzlich in einem ganz anderen Licht – dem alles durchdringenden Licht Gottes. Dieses Licht warf ihn nicht nur zu Boden, sondern drang auch tief in sein Herz. Auf einen Schlag wurde er sich bewusst, was er in Wirklichkeit gewesen war: „ein Lästerer und Verfolger und Gewalttäter“ (1. Tim 1,13).

Paulus war in der Tat ein großer Sünder gewesen. In unserem Vers bezeichnet er sich sogar als den ersten (oder auch vornehmsten, bedeutendsten) der Sünder. Aber selbst dem größten Sünder wurde Barmherzigkeit zuteil, „damit Jesus Christus an ihm, dem ersten, die ganze Langmut erzeige, zum Vorbild (oder auch Beispiel) für die, die an ihn glauben werden zum ewigen Leben“ (1. Tim 1,16). Paulus dient somit gleichsam als Musterbeispiel für die große Gnade Gottes, die selbst den größten Sünder zur Buße führte. Doch damit nicht genug: Aus dem größten Sünder wurde der größte Diener Gottes.

Ist dieses Beispiel nicht ein großer Trost für jedes hoffnungslose und verzweifelte Herz? Kein Sünder ist groß genug, als dass die Gnade Gottes nicht für ihn ausreichte. Keine Sünde ist zu schwerwiegend, als dass sie nicht vergeben werden könnte. Wie wahr ist doch auch in dieser Hinsicht, was wir in Römer 5,20 lesen: „Wo aber die Sünde überströmend geworden, ist die Gnade noch überschwänglicher geworden.“ Doch so groß und überschwänglich Gottes Gnade auch ist, so muss sie dennoch persönlich in Anspruch genommen werden. Daran führt kein Weg vorbei. Lieber Leser, es liegt an dir, die Gnade Gottes persönlich in Anspruch zu nehmen und ihre Auswirkungen zu erleben.