Nachdem die Versammlung in Jerusalem von dem mächtigen Wirken des Herrn in Antiochien gehört hatte, sandte sie Barnabas aus, damit er sich ein Bild mache von dem, was der Herr gewirkt hatte. Die Verfolgung, die wegen Stephanus entstanden war, hatte das Evangelium auch in die Gegend von Antiochien getragen, wo es von griechisch sprechenden Juden bereitwillig angenommen worden war. Eine größere Zahl von Menschen bekehrte sich zu dem Herrn. Als Barnabas nach Antiochien kam und die Gnade Gottes sah, freute er sich und ermahnte alle, mit Herzensentschluss bei dem Herrn zu verharren (Apg 11,23). Die Gläubigen dort hatten gut begonnen, indem sie dem Evangelium von Jesus Christus Glauben geschenkt hatten. Doch nun galt es, daran festzuhalten, um den Anfechtungen des Feindes nicht zum Opfer zu fallen. Mit dem Herrn anfangen ist oft leichter als mit dem Herrn fortfahren. Und Letzteres war es, was Barnabas im Hinblick auf diese Jungbekehrten besonders am Herzen lag.

Barnabas’ Ermahnung soll uns in diesem Artikel ein wenig beschäftigen. Sie gilt jedem Gläubigen, der auf dem Weg der Nachfolge hinter dem Herrn Jesus her bewahrt bleiben möchte. Weder wir selbst noch andere können uns auf diesem Weg bewahren. Der Herr allein ist dazu in der Lage. Das gewohnheitsmäßige Aufhalten in seiner Nähe und das unbedingte Festhalten an seiner Person und an seinem Wort bieten Gewähr dafür, vor Irrwegen und Straucheln bewahrt zu bleiben. In dem Maß, wie wir lernen, in allem Ihm zu vertrauen und zugleich uns selbst und unseren Fähigkeiten zu misstrauen, werden wir die Bewahrung des Herrn erfahren. David sagte einst zu Abjathar: „Bleibe bei mir …; denn bei mir bist du wohl bewahrt“ (1. Sam 22,23). Wie viel mehr werden wir bei dem wahren David, dem Herr Jesus, bewahrt bleiben, wenn wir uns nahe bei Ihm aufhalten!

Das Verharren bei der Person des Herrn geschieht jedoch nicht von selbst. Dazu ist eine bewusste Entscheidung unsererseits notwendig, ein Entschluss des Herzens, bei Ihm zu verharren. Nur wenn wir nahe bei Ihm bleiben wollen, werden wir vor eigenen Wegen und Handlungen bewahrt bleiben können (vgl. Joh 7,17). Der Zustand unseres Herzens spielt dabei eine entscheidende Rolle. Wie angebracht ist in diesem Zusammenhang die Ermahnung Salomos in Sprüche 4,23: „Behüte dein Herz mehr als alles, was zu bewahren ist; denn von ihm aus sind die Ausgänge des Lebens“! Wie manche Entscheidung würde anders ausfallen, wenn in unseren Herzen stets der Friede des Christus entschiede (Kol 3,15)!

Im Folgenden soll auf einige Beispiele aus der Schrift eingegangen werden, die zeigen, welche gesegneten Auswirkungen und Folgen eine entschiedene Herzenseinstellung im Leben von Gläubigen haben kann. Dabei wollen wir unser Augenmerk auf einige Personen richten, die in ihrem Leben auf manche Annehmlichkeiten verzichteten und Entbehrungen auf sich nahmen, um der Person zu folgen, die sie schätzten und liebten. In dieser Hinsicht sind sie uns zum Vorbild geworden, indem sie auf ihre Weise veranschaulichen, was es heißt, mit Herzensentschluss bei dem Herrn zu verharren.

Ruth

Als Noomi vor ihrer Rückkehr in das Land Juda ihren beiden Schwiegertöchtern Ruth und Orpa nahelegte, ihr doch nicht zu folgen, sondern nach Moab zurückzukehren, lesen wir zweimal von beiden, dass sie ihre Stimme erhoben und weinten. Beide standen vor der schweren Entscheidung, entweder Noomi zu folgen und damit alles zu verlassen, was sie auf dieser Erde besaßen, oder aber in ihr Land und zu ihrem Volk zurückzukehren.

Während bei Orpa schließlich die Liebe zu ihrem Volk überwog und sie dazu führte, wieder nach Moab zurückzukehren, sehen wir bei Ruth den bestimmten Vorsatz, ihrer Schwiegermutter zu folgen. Dieser Vorsatz muss sich auf ihre Liebe zu ihrer Schwiegermutter gegründet haben. Der Heilige Geist benutzt kurze und prägnante Worte, um die Entschiedenheit und Bestimmtheit ihres Herzens in dieser Sache zu beschreiben: „Ruth aber hing ihr an“ (Ruth 1,14). Ließe sich treffender beschreiben, was in ihrem Inneren vorging und was sie bewog, Noomi zu folgen? Es war die Liebe zu Noomi – und vielleicht dürfen wir hinzufügen – und zu Noomis Gott, die in ihrem Herzen bestimmte und den Ausschlag gab, ihr zu folgen. Diese Liebe führte sie dazu, alles hinter sich zu lassen, und ließ sie in Kauf nehmen, als eine Fremde im Land Juda einer ungewissen Zukunft entgegenzugehen.

War es denn tatsächlich eine ungewisse Zukunft, der Ruth entgegenging? Menschlich gesprochen ja. Doch sagt sie selbst: „Dringe nicht in mich, dich zu verlassen, um hinter dir weg umzukehren; denn wohin du gehst, will ich gehen, und wo du weilst, will ich weilen; dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott; wo du stirbst, will ich sterben, und dort will ich begraben werden“ (Ruth 1,16.17). In diesen Worten wird deutlich, dass Ruth mit Gott rechnete. Sie hatte Glauben, und ihr Glaube stützte sich auf Gott. Ihre Zukunft war nicht ungewiss; sie lag in den Händen Gottes. Sie trachtete sozusagen nach einem besseren, das ist himmlischen Vaterland (Heb 11,16). Richten sich die Worte Ruths nicht auch an unsere Herzen? Sie ermuntern uns, die Augen des Herzens wieder vermehrt auf Gott zu richten und im Glauben mit Ihm zu rechnen.

Ruth veranschaulicht auf schöne Weise, was es für einen Gläubigen in sich schließt, mit Herzensentschluss bei dem Herrn zu verharren. Die Anhänglichkeit und der Glaube, die sie kennzeichneten, sollten auch uns kennzeichnen, wenn es darum geht, dem Herrn zu folgen und bei Ihm zu verharren.

Ittai

Ittai, der Gatiter, ist ein weiteres Beispiel eines Menschen, der einem anderen – in seinem Fall König David – mit Herzensentschluss anhing und nachfolgte (2. Sam 15,19–22). Während es bei Ruth besonders Liebe und Anhänglichkeit ihrer Schwiegermutter gegenüber waren, die sie bewogen, ihr zu folgen, sehen wir bei Ittai die Ergebenheit eines Knechtes seinem König gegenüber.

David stand im Begriff, Jerusalem zu verlassen, um vor dem Komplott Absaloms, seines Sohnes, zu fliehen. Obwohl von den meisten seines Volkes verworfen, gab es doch solche, die treu zu ihm standen und bereit waren, seine Verwerfung mit ihm zu teilen. Unter diesen Treuen befanden sich auch Ittai, der Gatiter, und seine Brüder. Aus den Worten Davids an ihn lässt sich entnehmen, dass er erst sehr kurze Zeit in Jerusalem gewesen sein muss und zudem ein Fremder war. Wegen Letzterem wollte David ihn und seine Männer schonen und vor einem entbehrungsreichen Leben bewahren. Doch auf den Vorschlag Davids, wieder nach Jerusalem zurückzukehren, entgegnete Ittai mit Worten, die seine unbedingte Ergebenheit dem König gegenüber ausdrückten: „So wahr der HERR lebt und mein Herr, der König, lebt, an dem Ort, wo mein Herr, der König, sein wird, sei es zum Tode, sei es zum Leben, dort wird auch dein Knecht sein“ (2. Sam 15,21)! Bei Ittai gab es kein Wanken und Zweifeln; aus seinen Worten sprach die Ergebenheit eines Herzens, das bereit war, dem König folgen, koste es, was es wolle. Möchte unser Herr während der Zeit seiner Verwerfung die gleiche Herzenshaltung bei uns, seinen Knechten, finden!

Noch etwas sehen wir bei Ittai. Seine Entschiedenheit, David zu folgen, hatte nicht nur Folgen für ihn selbst, sondern auch für andere. Seinem Beispiel folgend zogen alle seine Männer mit ihren Familien David nach (2. Sam 15,22). Dies wird immer so sein. Unser Beispiel hat Auswirkungen auf andere, im Guten wie im Schlechten. Möchte uns dies ein neuer Ansporn sein, mit Herzensentschluss bei dem Herrn zu verharren!

Elisa

Die letzte gemeinsame Reise von Elia und Elisa, die uns ausführlich in 2. Könige 2 beschrieben wird, führte die beiden Diener des Herrn über verschiedene Etappen schließlich zu dem Ort, an dem Elia im Sturmwind in den Himmel auffuhr. An jedem dieser bedeutsamen Orte gab es Proben zu bestehen und Lektionen zu lernen. Diese denkwürdige Reise diente vor allem dazu, Elisa auf seinen bevorstehenden Dienst unter einem abtrünnigen Volk vorzubereiten. Gott sorgte jedoch dafür, dass Elisa diese Reise nicht allein gehen musste, sondern unter der Anleitung und Führung Elias, von dessen geistlicher Reife und Weisheit er lernen konnte. Elia und Elisa gingen diesen Weg gemeinsam (2. Kön 2,6). Wie schön und gesegnet und zugleich notwendig für den Fortbestand des Zeugnisses ist dieses einträchtige Miteinander von Jung und Alt!

Elisa wurde auf diesem letzten Weg aber nicht nur an ganz wichtige Wahrheiten erinnert, sondern seine Zuneigungen sowie seine Bereitschaft, zu lernen, wurden auf die Probe gestellt. Dreimal forderte Elia ihn auf, an dem jeweiligen Ort zu bleiben. Doch dreimal lautete die entschiedene Antwort Elisas: „So wahr der HERR lebt und deine Seele lebt, wenn ich dich verlasse“ (2. Kön 2,2.4.6)! Es war eine Frage der Liebe, wenn er Elia trotz gegenteiliger Aufforderungen folgte. Zudem sehen wir, dass er bereit war, die Lektionen, die an den jeweiligen Orten an ihn herangetragen wurden, zu lernen und dadurch geistlichen Fortschritt zu machen.

Sollte die Liebe zu Christus nicht auch uns dazu bewegen, Ihm zu folgen und die Lektionen zu lernen, die die verschiedenen Etappen unseres Lebens vor uns bringen? Und sollten wir Ihn nicht dadurch ehren, dass wir die Proben, die Er uns sendet, aus seiner Hand annehmen und mit Ihm bestehen, statt leichtfertig über sie hinwegzugehen? Was auch immer uns auf der Reise begegnen mag, in welche Situation wir auch geraten mögen, der Herr hat seine weisen Absichten damit (vgl. Röm 8,28). Und gilt nicht auch für die Reise unseres Lebens mit seinen vielen Etappen, dass Er mit uns geht? Er wird uns nicht versäumen noch verlassen (Heb 13,5). Stets dürfen wir mit seiner Gegenwart rechnen. Sollte uns dies nicht aufs Neue ermuntern, in seiner Gemeinschaft voranzugehen und die Lektionen zu lernen, die Er uns zuteilt – zu seiner Ehre?

Die Jünger

Zuletzt noch ein Beispiel aus dem Neuen Testament. Während des öffentlichen Dienstes des Herrn auf der Erde gab es viele, die von seinen Wundern und Zeichen angezogen Ihm nachfolgten, ohne Ihn jedoch wirklich im Herzen als Herrn angenommen zu haben. Nach anfänglicher Begeisterung kehrten Ihm viele dieser Jünger wieder den Rücken, nachdem sie das Leben, das Er führte, und die Schmach und Verachtung, die sein Leben des Gehorsams mit sich brachte, genauer kennengelernt hatten. Sein Eifer für Gott schien ihnen übertrieben, seine Haltung zu kompromisslos, seine Worte zu hart (Joh 6,60).

Bei einer dieser Gelegenheiten, als sich viele seiner Jünger von Ihm abwandten und nicht mehr mit Ihm wandeln wollten, erforschte der Herr auch die Herzen der Zwölfe (Joh 6,66.67). Er hatte sie einst in seine Nachfolge berufen. Doch wie sah es nun in ihren Herzen aus? Wollten sie, die Ihn von Anfang an begleitet, seine Größe und Herrlichkeit bei vielen Gelegenheiten bewundert hatten und Ihm besonders nahe standen, etwa auch weggehen? Hatten sie etwa auch genug? – Müssen wir uns, die wir heute dem Herrn nachfolgen, nicht auch dem Ernst dieser Frage stellen? Hat sich der Herr nicht auch uns in besonderer Weise offenbart? Haben nicht auch wir seine Größe und Herrlichkeit bei vielen Gelegenheiten bewundern dürfen? Sind unsere Herzen noch bereit, Ihm nachzufolgen und seine Schmach zu tragen (vgl. Heb 11,26; 13,13)?

Die Antwort, die Petrus gibt, ist jedenfalls eindeutig und lässt keinen Zweifel zu. „Herr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte ewigen Lebens; und wir haben geglaubt und erkannt, dass du der Heilige Gottes bist“ (Joh 6,68.69). Beim Herrn Jesus hatten die Zwölfe etwas gefunden, das sie in dieser Welt vergeblich gesucht hatten. Mit den Augen ihrer Herzen hatten sie etwas von der Größe und Herrlichkeit seiner Person gesehen, das sie nicht mehr losließ und sie veranlasste, Ihm mit Entschiedenheit nachzufolgen. Vor allem aber hatten sie Ihn als den erkannt, der der Heilige Gottes ist und Worte ewigen Lebens spricht. Die Worte, die Er spricht, kommen aus dem Mund dessen, der das ewige Leben ist, und sind in der Lage, ewiges Leben mitzuteilen. Seinen Worten hatten sie geglaubt und auf diese Weise ewiges Leben empfangen.

Und wir?

An uns ist es nun, diesen Beispielen zu folgen. Möchten wir den Glauben und die Anhänglichkeit Ruths, die Ergebenheit Ittais, die Zuneigung und Lernbereitschaft Elisas und den glaubensvollen Gehorsam der Jünger den Worten des Herrn gegenüber zum Vorbild nehmen, um mit Herzensentschluss bei dem Herrn zu verharren! Haben wir denn nicht viel mehr Grund und Ursache dazu, bei Ihm zu verharren, der uns geliebt und sich selbst für uns hingegeben hat (Eph 5,2)?