Man sagt gern: „Vergebung kann es nur geben, wenn die Sünde bekannt wird.“ Das klingt plausibel und stützt sich zweifellos auf 1. Johannes 1,9. So weit so gut. Aber das darf nicht dahin führen, dass wir jetzt für jedes kleines Vergehen ein Bekenntnis erwarten und uns bei jeder Unregelmäßigkeit umgürten, um den Dienst der Fußwaschung zu tun. Wer meint, so alles „göttlich ordnen“ zu müssen, schießt weit über das Ziel hinaus.

Man muss die Sache differenziert betrachten. Im Umgang unter Gläubigen entspricht vieles nicht dem hohen Standard der Schrift. Da werden unfreundliche Worte gebraucht, ein bisschen Sturheit gezeigt und vieles andere mehr. Da gibt es reichlich Gelegenheit, über Sünden hinwegzusehen. „Die Einsicht eines Menschen macht ihn langmütig, und sein Ruhm ist es, Vergehung zu übersehen“ (Spr 19,11).

Manchmal wird es auch etwas ungemütlicher und man merkt schon, dass der andere einem nicht wohlgesonnen ist. Aber, siehe, auf einmal zeigt er Zeichen der Reue (vgl. Lk 17,3). Da kommt ein besonders freundliches Wort über seine Lippen. Oder eine unmissverständliche Geste spricht laut: „Es tut mir leid und es soll jetzt wieder besser werden.“ Wer will da noch darauf pochen, dass ein „offizielles Bekenntnis“ abgelegt wird?

Sicher gibt es aber auch Fälle, wo es keinen anderen Weg gibt, als dass man miteinander spricht und die Sünden bekennt (Jak 5,16). Dabei ist es wichtig, dass die Sache konkret bezeichnet wird und man sich nicht hinter allgemeinen Ausdrücken versteckt, oder gar sofort einfordert, dass der andere jetzt seinen (vermeintlichen) Teil der Schuld bitte auch sofort bekennen soll. Ein rückhaltloses Bekenntnis kann tiefe Gräben überwinden und Herzen auf besondere Weise miteinander verbinden.