Die Geduld, mit der Gott dem zögerlichen und furchtsamen Gideon begegnet, hat uns schon oft beeindruckt. Besonders beim zweimaligen Auslegen des Woll-Vlieses springt sie uns ins Auge. Aber fast noch beeindruckender finden wir diese unendliche Langmut und Herablassung Gottes, als er Gideon zum ersten Mal in der Person des Engels des Herrn begegnete.

Gideon will sichergehen, dass es wirklich der Herr ist, der mit ihm spricht, und bittet um die Erlaubnis, ihm eine Opfergabe vorzusetzen. Was ist die Antwort des Herrn? „Ich will warten, bis du wiederkommst.“ Kein Vorwurf: „Warum zweifelst du? Habe ich nicht gesagt, dass ich mit dir sein werde?“ Nein, der Herr wartet. Er wartet sehr lange, denn es muss Stunden gedauert haben, bis ein Ziegenbock zubereitet und ein Epha (40 Liter!) Mehl zu Kuchen verarbeitet war.

Doch Gideon ist nicht nur unsicher, wen er da vor sich hat, seine Unkenntnis wird auch in seiner Opfergabe deutlich. „Ziegenbock“ und „ungesäuerte Kuchen“ kommen uns aus den Opfervorschriften von 3. Mose bekannt vor. Aber was ist mit der Brühe? Hatte Gideon das Fleisch etwa gekocht? Opfer, die Gott gebracht wurden, wurden niemals gekocht. Wenn etwas gekocht wurde, dann der Teil, der von den Priestern gegessen wurde (vgl. 3. Mose 6,19–23). (Es ist so: Unsere Kenntnis über Gott, über seinen Sohn und über das Werk von Golgatha prägt auch unsere Anbetung.)

Und was tut der Engel des Herrn? Verwirft er die Opfergabe? Nein, in unendlicher Herablassung nimmt er dieses Opfer an, aber nicht ohne das, was daran mangelhaft war, zu korrigieren. „Die Brühe gieße aus“, sagt er; sie war als Opfer untauglich. Und das (wahrscheinlich) bereits gekochte Fleisch wurde durch das Feuer aus dem Felsen verbrannt. So war es annehmbar für Gott. Welche Gnade!

Und Gideon hat seine Lektion gelernt. Er baute dem Herrn einen Altar!