Ich schaute, bis Throne aufgestellt wurden und ein Alter an Tagen sich setzte: Sein Gewand war weiß wie Schnee und das Haar seines Hauptes wie reine Wolle, sein Thron Feuerflammen, dessen Räder ein loderndes Feuer. Ein Strom von Feuer ging von ihm aus; tausendmal Tausende dienten ihm, und zehntausendmal Zehntausende standen vor ihm. Das Gericht setzte sich, und Bücher wurden geöffnet.“ (Dan 7,9.10)

In dem Augenblick, wo es um Gott geht, wo große Dinge gegen Gott geredet und gelästert werden, in diesem Augenblick kommt das Urteil Gottes! Die Dinge spitzen sich zu, sie gewinnen jetzt einen göttlichen Charakter und führen bis zum Ende. Dieser Vers macht deutlich, dass die Gläubigen einmal die Welt richten werden. Dem Sohn des Menschen wird das Reich gegeben werden, aber Er wird nicht allein regieren.

Diese Szene des Gerichtes hier ab Vers 9 ist aber nicht etwa ein drittes Gesicht; es ist zwar eine völlig neue Szene, aber sie gehört unbedingt noch zu dem zweiten Gesicht dazu! Das vierte Tier und das Gericht über das vierte Tier bilden eine Einheit und gehören als ein Gesicht zusammen; so wird es auch in Offenbarung 17,8 beschrieben, dass es aus dem Abgrund heraufsteigen und ins Verderben gehen wird.

Daniel schaute, bis Throne aufgestellt wurden. Dieses bis kommt vier Mal in diesem Kapitel vor (Dan 7,9.11.18.22). Ein frommer, gottesfürchtiger Mann schaut diese exzessive Gottlosigkeit des vierten Weltreichs, bis diese Throne aufgerichtet werden. Diese Lästerungen gehen über eine gewisse Zeit, Gott lässt das gedeihen bis zu Seiner Stunde, und diese Linie überschreitet kein Mensch! Keine Macht kann Gott daran hindern, zu Seinem Ziel zu kommen. Diese Szene der Throne des Gerichts strahlt die ganze souveräne Ruhe und Allmacht Gottes aus angesichts des Tobens der Nationen. Es ist ein Beweis der Überlegenheit Gottes, dass Er wartet mit der Ausführung des Gerichts, bis das Böse seinen Höhepunkt erreicht hat! Er wird durch die Lästerungen, die auf der Erde ausgesprochen werden, nicht erschüttert (vgl. Ps 11,3.4).

Das Gericht wird hier angedeutet mit dem Feuer; so kündigt es auch Johannes der Täufer in Matthäus 3,11 im Blick auf den Herrn Jesus an. Er wird mit loderndem Feuer alles verbrennen, was nicht Seiner Heiligkeit entspricht. Die Räder des Thrones von loderndem Feuer sind ein Hinweis darauf, dass das zustande kommen wird, was Gott will. Das Rad ist ein Bild der Fortbewegung, der nicht widerstanden werden kann (Hes 1,15.16), und auch von Geradheit (vgl. Jak 1,17). Keine Hindernisse können das aufhalten, was Er durchführen will. Die Wege Gottes in Seiner Vorsehung gehen ihren Weg und hier in Verbindung mit dem Feuer offenbaren sie sich in Gericht. Es wird ein Gericht sein, wie es diese Welt noch nicht erlebt hat. Es hat schon schlimme Gerichte gegeben auf dieser Erde, wenn wir nur an das 1. Buch Mose denken, aber hier lässt Gott durch den Sohn des Menschen das Gericht ausführen (Joh 5,22.27), und wir werden mit Ihm richten (1. Kor 6,2). Wir haben hier eine Szene vor uns, die uns den Atem stocken lässt – Gott ist wie Feuer, und das Feuer wird kommen! „Denn auch unser Gott ist ein verzehrendes Feuer“ (Heb 12,29)! Und der Herr Jesus, den man hier verachtet hat, Er wird als der Letzte auf der Erde stehen (Hiob 19,25).

Der Alte an Tagen und das Gericht

Wer ist dieser Alte an Tagen? Im weiteren Verlauf dieses Kapitels scheint er mit dem zu verschmelzen, der wie eines Menschen Sohn war (Dan 7,13.14.21.22). In Vers 9 ist der Alte an Tagen da und sitzt auf seinem Thron; in Vers 13 kommt zu ihm einer wie eines Menschen Sohn; und in Vers 22 kommt der Alte an Tagen selbst. Im Alten Testament werden die Personen der Gottheit noch nicht so unterschieden wie im Neuen Testament. Der Alte an Tagen steht für die ewige Gottheit, Gott in Seiner Souveränität und Würde und Autorität, und Er wird hier in Vers 9 mit ganz ähnlichen Kennzeichen beschrieben, wie wir sie in Offenbarung 1,12–16 bei dem Herrn Jesus als Sohn des Menschen und Richter Seiner Versammlung finden. In beiden Beschreibungen finden wir das Haar und das Gewand, in Daniel 7 wird das Gewand als weiß wie Schnee beschrieben und in Offenbarung 1 sein Haar. Das Gewand spricht von dem Handeln, alles geschieht in absoluter Reinheit (Jes 1,18); das Haar ist eine Andeutung von der vollkommenen Weisheit, mit der das Gericht ausgeübt wird. Dieser Alte an Tagen zieht jedenfalls die ganze Aufmerksamkeit Daniels auf sich, mehr noch als sein eindrucksvoller Thron.

Bei den tausendmal Tausenden und zehntausendmal Zehntausenden handelt es sich um Engel, das zeigt auch ein Vergleich mit Offenbarung 5,11. Und dann setzt sich das Gericht; aber erst, nachdem sich der Alte an Tagen gesetzt hatte. Eine feierliche Szene: Mit großer Ehrfurcht vor dem, der die Szene bestimmt, hat das Gericht gestanden und gewartet, bis der Alte an Tagen sich setzte. Die Bücher, die dann aufgetan werden, enthalten das, worüber dann das Urteil gesprochen wird. Gott hat Kenntnis genommen von allen bösen Worten und Taten, und genau dem entsprechend wird das Gericht ausgeübt (vgl. Judas 14.15). Wenn Gott Gericht spricht, dann ist das immer ein vollkommen gerechtes Gericht, Er nimmt sich symbolisch die Zeit, in den Büchern nachzuschlagen und Er kann immer auf das verweisen, was an Bosheiten verübt wurde und von Ihm aufgezeichnet wurde. Nach diesem gleichen Grundsatz wird auch 1000 Jahre später das Gericht am großen weißen Thron stattfinden (Off 20,11–15).

Hier in Vers 10 wird noch gar nicht genau gesagt, aus welchen Personen sich dieses Gericht zusammensetzt. Der Herr Jesus wird Gläubige bei sich haben, die auch auf Thronen sitzen werden. In Vers 27 werden sie als das Volk der Heiligen der höchsten Örter beschrieben, denen das Reich gegeben wird. Diese Heiligen, die auf den Thronen sitzen werden, sind nicht nur die Gläubigen der Zeit der Versammlung. In Offenbarung 20,4 finden wir auch Throne, und da werden drei verschiedene Gruppen beschrieben, die darauf sitzen. Es handelt sich um die letzte Phase der ersten Auferstehung, die mit dem Herrn Jesus als dem Erstling der Entschlafenen begonnen hat. Die Throne werden von denen besetzt sein, die die erste Auferstehung erlebt haben. Das umschließt auch die Gläubigen des Alten Testaments, die zusammen mit den Gläubigen der Gnadenzeit entrückt werden, sowie die Märtyrer der Drangsalszeit, die auch Teil haben werden an der ersten Auferstehung.

Nun ist das Sitzen auf Thronen nicht das Höchste, was wir erwarten. Aber Gott will es so, und deshalb wird das auch so geschehen! Gott will es so, dass Sein Sohn verherrlicht wird von solchen, die gleich Ihm auf Thronen sitzen und mit Ihm regieren; dann wird es so werden. Es ist ein Ziel Gottes, über das wir uns freuen dürfen. Den Grund dieses Gerichtes und dieser Herrschaft finden wir in Johannes 17,23: Die Welt soll Seine Herrlichkeit als verherrlichter Mensch sehen, und diese Herrlichkeit wird Er mit uns teilen. Es ist Gottes Wille, und Er wird dafür sorgen, dass die, die auf Erden auf der Seite Seines verworfenen Sohnes gestanden haben, einmal mit Ihm vor der Welt anerkannt werden. Wir werden mit Ihm richten und mit Ihm herrschen, wenn Er kommen wird, um an jenem Tag verherrlicht zu werden in Seinen Heiligen (2. Thes 1,10).

Wir merken gerade in diesem Kapitel, wie wir zum Verständnis der Geschehnisse hier das Buch der Offenbarung brauchen. Wenn man das Buch Daniel verstehen will, muss man das Licht der Offenbarung darauf fallen lassen; und umgekehrt gilt das genauso: Wenn wir die Offenbarung recht verstehen wollen, brauchen wir zwar das ganze Licht der prophetischen Aussagen des Alten Testaments. Aber speziell zwischen Daniel und der Offenbarung gibt es so viele Verbindungen, dass man das eine Buch nicht ohne das andere verstehen kann. Und das gilt auch ganz besonders hier bei dem Alten an Tagen. Hätten wir nur das Alte Testament, würden wir nicht darauf kommen, wer damit gemeint ist. Aber das Neue Testament macht ganz klar, dass es sich um den Herrn Jesus handelt.