Der Herr liebt alle, die ihm gehören (Joh 13,1). Insgesamt werden in der Bibel acht Personen konkret genannt, von denen es ausdrücklich heißt, dass sie von Gott geliebt wurden: Jakob (Mal 1,2; Röm 9,13), Salomo (2. Sam 12,24; Neh 13,26), Daniel (Dan 9,23; 10,11.19), der reiche Jüngling (Mk 10,21), Lazarus, Maria, Martha (Joh 11,5) und Johannes (Joh 13,23 etc.). Der Herr Jesus Christus selbst natürlich auch (Mt 3,17; 17,5; Mk 1,11; 9,7; Lk 3,22; 9,35; 2. Pet 1,17).

Geliebt werden alle Kinder Gottes – die Frage ist nur, ob wir uns dessen bewusst sind. Johannes, der Evangelist, lebte in der Liebe Christi. Er bezeichnete sich darum in seinem Evangelium fünfmal als den Jünger, den Jesus liebte:

  • Johannes liegt an der Brust Jesu und stellt ihm eine delikate Frage, die Petrus sich nicht zu stellen getraute. Wir lernen: Wer Christi Liebe genießt, geht in seine Nähe, pflegt vertrauten Umgang mit ihm, dem Geliebten (Joh 13,23). Wir reden dann gern zu ihm im Gebet, und er belehrt uns durch sein Wort. Durch diesen vertrauten Umgang bekommen wir Einsicht in seine Gedanken und lernen, Dinge so zu sehen, wie er sie sieht, und können auch anderen eine Hilfe sein.
  • Johannes bekommt im Schatten des Kreuzes die Maria, die Mutter Jesu, anvertraut, während Petrus seinen Herrn verleugnet hat und bittere Tränen der Reue weint. Wir lernen: Wer seine Liebe genießt, kann zu einem herausragenden Dienst für den Herrn, in dem es auf Liebe und Fürsorge ankommt, gebraucht werden (Joh 19,26).
  • Johannes läuft schneller als Petrus, dessen Gewissen noch durch die Verleugnung belastet war, zum geöffneten Grab Jesu. Wir lernen: Wer die Liebe Christi genießt, kann seinen Weg zuversichtlich und unbelastet gehen, weil es uns auch vor schlechten Wegen bewahrt (Joh 20,2).
  • Johannes erkennt – im Gegensatz zu Petrus, der das eigenwillige Fischen im See Genezareth vorgeschlagen hatte – vom Boot aus Jesus am Ufer, der einen wunderbaren Fischfang gewirkt hat (Joh 21,7). Wir lernen: Wer die Liebe genießt, zeigt ein rasches geistliches Wahrnehmungsvermögen. Wir erkennen den Herrn auf allen unseren Wegen.
  • Petrus wird zur Nachfolge aufgefordert, aber Johannes folgt dem Herrn ohne Aufforderung von sich aus nach (Joh 21,20)! Wir lernen: Wer sich der Liebe bewusst ist, will von sich aus Christus folgen und benötigt dazu keine Impulse von außen.

Es ist doch bemerkenswert, dass bei diesen Stellen, in denen es um den geliebten Jünger geht, Petrus auch immer irgendeine Rolle spielt. Petrus, könnte man sagen, war der Jünger, der Jesus liebte. Er betonte seine Hingabe zu dem Meister, die die Liebe anderer angeblich in den Schatten stellte (siehe Mt 19,27; 26,33–35; Lk 22,33). Es ist gut, Christus zu lieben, aber es ist nicht gut, damit so sehr beschäftigt zu sein oder sich auf die eigene Liebe gar zu verlassen. Deshalb musste ein Petrus auch lernen, seine eigene Liebe zu Christus als kaum wahrnehmbar klein zu bekennen (Joh 21,15 ff.). Später schreibt Petrus von der Liebe, die die Gläubigen zu Christus haben, von seiner Liebe redet er jedoch nicht mehr (1. Pet 1,8). Johannes verfolgt das in seinen Briefen weiter, was er auch schon im Evangelium vorstellte (vgl. auch Joh 13,34; Joh 14,21.23; Joh 15,9): Er spricht viel von der Liebe Gottes und der Liebe des Herrn zu uns (1. Joh 4,9.10.16; 1. Joh 3,16).

Der Vergleich zwischen Petrus und Johannes an den fünf oben genannten Stellen macht klar, wie wichtig es ist, zuerst mit der Liebe des Herrn Jesus beschäftigt zu sein, ehe unsere Liebe überhaupt ins Blickfeld gerät. Denn seine Liebe ist ewig, seine Liebe ist unveränderlich (Joh 13,1), im Gegensatz zu unserer Liebe, und seine Liebe war zuerst da. Wenn wir das vor Augen haben, werden wir eine Antwort auf seine Liebe geben: Der Apostel Johannes versäumt es nicht, uns gerade darauf hinzuweisen: „Wir lieben, weil er uns zuerst geliebt hat“ (1. Joh 4,19).