Frage: Enthält 1. Mose 2,4ff. einen zweiten Schöpfungsbericht?

Antwort: Mit Kap. 2,4 beginnt offenbar ein ganz neuer Abschnitt in dem göttlichen Bericht, nicht etwa eine Wiederholung des bereits Erzählten in einer anderen Form. Wohl nimmt der 4. Vers in nicht misszuverstehender Weise Bezug auf das Vorhergehende, aber er fasst dasselbe nur kurz zusammen, um dann zu einem völlig neuen Gesichtspunkt überzugehen, der bis zum Ende des 3. Kapitels anhält. Es wird dem aufmerksamen Leser nicht entgehen, dass Gott hier unter einem anderen Namen erscheint, als im 1. Kapitel. Heißt Er dort einfach Gott (Elohim), so nimmt Er hier den Titel Gott, der HERR (Jahwe Elohim) an. Ungläubige, die Inspiration leugnende Kritiker des Wortes Gottes haben aufgrund dessen behauptet, dass hier und anderswo Berichte von verschiedenen Urhebern zusammengestellt worden seien (man redet von einer elohistischen und einer jehovistischen Richtung oder Quelle), aber der Gläubige findet gerade in diesem Unterschied, wie so oft, einen starken Beweis für die göttliche Eingebung der Heiligen Schrift.

Gott (Elohim), der Name, welcher den großen Schöpfer und Erhalter aller Dinge in der Fülle Seiner Macht, Weisheit und Güte darstellt, im Gegensatz zu dem schwachen, irrenden Geschöpf, aber ohne Bezugnahme auf irgendeine besondere Beziehung zu ihm, ist die einzig richtige, passende Bezeichnung, wenn im 1. Kapitel die Erschaffung von Himmel und Erde mit allem, was in ihnen ist, beschrieben wird. HERR (JHWH), der persönliche Name Gottes in Seiner Beziehung zu den Menschen auf der Erde, ganz besonders zu Seinem Volk, der eine, unveränderliche „Ich bin“, der treue Bundesgott Israels, vor dessen Angesicht der Mensch wandeln sollte, erscheint mit Recht, ja mit Notwendigkeit, sobald Er, wie es im 2. Kapitel geschieht, innere, sittliche Beziehungen und Verhältnisse hier auf der Erde aufzurichten beginnt und die Menschen in diese einführt.

Unser Kapitel enthält also nicht einen zweiten Schöpfungsbericht, sondern erzählt uns, wie Gott, nachdem Er Himmel und Erde erschaffen hatte, den Menschen bildete und ihm Seinen Odem in die Nase blies; wie Er ihn zum Haupt und Herrn der niederen Schöpfung machte, der das Recht besaß, allen Tieren, ja selbst seiner Frau, nach seinem Belieben Namen zu geben; wie Er dann den Garten Eden pflanzte und den Menschen mit seiner Gehilfin hineinstellte als von Ihm reich gesegnete, aber auch Ihm verantwortliche Geschöpfe usw. Von alledem ist im 1. Kapitel keine Rede. Dort handelt es sich um die Einzelheiten der Erschaffung des Himmels und der Erde mit all ihrem Heer sowie des Menschen als Krone und Schlussstein des Ganzen; im 2. Kapitel um die Einführung dieses Menschen als Geschöpf, wenn auch als Haupt der Schöpfung, und in seine besondere Beziehungen zu dem HERRN, dem ewigen Gott. Bevor das geschah, war es wichtig, dem Menschen zu sagen, wie Gott alles zu seinem Unterhalt Nötige, Kraut und Früchte (1. Mo 1,29), schuf und in Fülle und passender Reife darstellte, ehe Er ihn selbst bildete. Zwei Gründe werden in Verbindung damit genannt: zunächst dass Gott der HERR es nicht hatte regnen lassen auf der Erde und zweitens dass kein Mensch da war, um den Erdboden zu bebauen. Trotzdem sollte der Mensch, sobald er ins Leben trat, alles zu seiner Aufnahme bereitfinden, aufs Beste geordnet und zubereitet durch die gütige Hand seines Schöpfers. Solange es nicht regnete auf der Erde und noch kein Mensch da war, den Boden zu bebauen, ließ Gott einen Dunst aufsteigen, der die ganze Oberfläche der Erbe befeuchtete und sorgte so reichlich für das Wachstum dessen, was der Mensch bedurfte.