Es gab neben den zwölf Aposteln nur wenige Menschen, zu denen der Herr Jesus als Mensch auf der Erde in einer besonderen Beziehung stand. Zu ihnen gehören unbedingt seine Mutter, Maria, Johannes der Täufer und die drei Geschwister aus Bethanien.

Alle diese Personen waren dem Herzen des Herrn Jesus nahe und sie bedeuteten ihm viel. Können wir uns vorstellen, dass er, der als Schöpfer die natürliche Liebe von Kindern zu ihren Eltern in diese Beziehung hineingelegt hat, als der vollkommene Mensch nicht eine besondere Liebe zu seiner Mutter empfand? Welche Liebe er zu ihr hatte, sehen wir, als er sie sterbend seinem geliebten Jünger Johannes anbefahl!

Was Johannes der Täufer ihm bedeutete, sehen wir besonders bei zwei Gelegenheiten. Als er von der Gefangennahme des Johannes erfuhr, „zog er sich nach Galiläa zurück“ (Mt 4,12). Und als Johannes schließlich hingerichtet wurde, zog Jesus sich „in einem Schiff von dort zurück an einen öden Ort für sich allein“ (Mt 14,13). Welch ein Schmerz um diesen treuen Boten wird da sichtbar!

Von Maria, Martha und Lazarus wird ausdrücklich gesagt, dass Jesus sie liebte (Joh 11,5). Als Lazarus gestorben war und der Herr Jesus die Trauer der beiden Schwestern sah, „seufzte er tief im Geist und erschütterte sich“ und „vergoss Tränen“, so dass selbst die Juden sagten: „Siehe, wie lieb hat er ihn gehabt“ (Joh 11,33–36).

Alle diese Personen bedeuteten ihm viel; und doch wurde seine Mutter mehrmals von ihm abgewiesen, und doch griff er nicht ein, als Johannes eingekerkert und hingerichtet wurde und als Lazarus krank wurde und starb, obwohl man es ihm berichtet hatte.

Was hat das zu bedeuten? Waren ihm diese irdischen Beziehungen plötzlich nichts mehr wert? Das kann nicht sein. Vielmehr sehen wir hier den völlig gehorsamen Knecht Gottes, der seinen Dienst für Gott über alle irdischen Beziehungen stellte. Er konnte den Anforderungen seiner Mutter nicht nachgeben, er konnte den Tod Johannes’ und Lazarus’ nicht verhindern, sonst wäre er von dem Weg der Unterordnung unter den Willen des Vaters abgewichen. Waren diese irdischen Beziehungen nicht der „Honig“, der bei dem Speisopfer keinen Platz haben durfte (3. Mo 2,11)? Ist das nicht auch ein Beispiel davon, dass er den Gehorsam lernte an dem, was er litt (Heb 5,8)? Musste es nicht Leiden für ihn bedeuten, geliebte Menschen leiden und sterben zu sehen, ohne eingreifen zu können, obwohl er als Gott die Macht dazu gehabt hätte? Gehörte das nicht auch zu dem Versuchtwerden in allem in gleicher Weise wie wir, um denen helfen zu können, die versucht werden (Heb 4,15; 2,18)? Und hat er uns damit nicht ein Beispiel dafür hinterlassen, dass wir Vater oder Mutter oder andere Personen, die uns wichtig sind, nicht über die Nachfolge hinter ihm her stellen dürfen (Mt 10,37; Lk 14,26)?

Dieser Blick auf seine Person macht uns ihn einerseits so kostbar, weil er uns so nahe gekommen ist, und andererseits so groß, weil er lieber litt, als von dem Weg des Gehorsams abzuweichen. Mögen wir ihn darin nachahmen und uns mit demselben Sinn wappnen (1. Pet 4,1). Erbitten wir uns von Gott die Weisheit, zu erkennen, wie wir gottgemäße irdische Beziehungen aufrechterhalten und pflegen und dennoch zuerst nach dem Reich Gottes trachten können.