„Und am vierundzwanzigsten Tag des ersten Monats, da war ich am Ufer des großen Stromes, das ist der Hiddekel. Und ich erhob meine Augen und sah: Und siehe, da war ein Mann, in Leinen gekleidet, und seine Lenden waren umgürtet mit Gold von Uphas; und sein Leib war wie ein Chrysolith und sein Angesicht wie das Aussehen des Blitzes und seine Augen wie Feuerfackeln und seine Arme und seine Füße wie der Anblick von leuchtendem Kupfer; und die Stimme seiner Worte war wie die Stimme einer Menge.“ (Vers 4–6)

Wir finden hier Daniel am Ufer des Hiddekel, des Tigris, östlich von Assyrien (1. Mo 2,14). Wir wissen nicht, warum er dort war, und er war auch nicht allein sondern mit einigen Männern dort (Vers 7). Vielleicht war er in Regierungsgeschäften unterwegs, aber die Bibel beschreibt es nicht genauer. Vielleicht ist das auch der Ort, von dem Psalm 137 spricht, wo sie an den Flüssen Babels saßen und weinten, Daniel hat scheinbar nicht allein geweint über den Zustand Judas (Ps 137,1–4).

Daniel erhebt seine Augen, um diesen in Leinen gekleideten Mann zu sehen, denn dieser stand oben über dem Wasser des Stromes (Dan 12,6). Es wird nicht ausdrücklich gesagt, dass es der Herr ist, aber ein Vergleich mit Off 1,12–16 lässt doch keinen Zweifel daran, dass es hier der Jehova des Alten Testaments ist, der als das Bild des unsichtbaren Gottes vor Daniel steht:

Dan 10,5+6

Off 1,12–16

·       in Leinen gekleidet

·       angetan mit einem bis zu den Füßen reichenden Gewand

·       die Lenden umgürtet mit Gold von Uphas

·       an der Brust umgürtet mit einem goldenen Gürtel

·       Sein Leib wie ein Chrysolith

·       Sein Haupt und Seine Haare weiß wie weiße Wolle

·       Sein Angesicht wie das Aussehen des Blitzes

·       Seine Augen wie eine Feuerflamme

·       Seine Augen wie Feuerfackeln

·       Seine Füße gleich glänzendem Kupfer

·       Seine Arme und Seine Füße wie der Anblick von leuchtendem Kupfer

·       Seine Stimme wie das Rauschen vieler Wasser

·       die Stimme Seiner Worte wie die Stimme einer Menge

·       in Seiner rechten Hand sieben Sterne

·       aus Seinem Mund ein scharfes zweischneidiges Schwert

·       Sein Angesicht wie die Sonne leuchtet in ihrer Kraft

Der Herr stellt sich dem Daniel also selbst vor und zeigt ihm, dass alles, was geschehen wird, nur einen Hauptgegenstand hat: es zielt alles auf ein Zentrum hin, eine Person – den Sohn Gottes. Das ganze Wort Gottes zielt auf diese Person hin, der das Zentrum des Ratschlusses Gottes ist, der die Offenbarung Gottes an uns Menschen ist, und der in Ewigkeit der Mittelpunkt unserer Anbetung sein wird. Für Gott hat Sein Sohn immer und in allem den Vorrang! Kann es da für uns etwas anders geben, was bei uns den Vorrang hat?

Die Eigenschaften, die der Herr hier trägt, wird Er auch in Herrlichkeit tragen bei der Aufrichtung Seines Reiches als der Richter, der heilige, unbestechliche, dem alle Herrlichkeit gebührt. Auch für Israel wird der Herr Jesus einmal diesen Platz haben; als der jetzt der Verachtete und Verworfene wird Er einmal auch von Seinem irdischen Volk bewundert und angebetet werden. Es sind richterliche Herrlichkeiten, denn Er wird als Richter kommen, auch für Sein irdisches Volk. In Off 1 sehen wir das im Blick auf die sieben Versammlungen, hier ist es im Blick auf Sein irdisches Volk, das geläutert wird. Berührt und trifft es uns eigentlich, den Herrn Jesus mal nicht von der Seite Seiner Liebe zu uns zu sehen, sondern zu erkennen, dass Er auch der Sohn des Menschen mit richterlicher Autorität ist? Auch im Gericht handelt Gott in Übereinstimmung mit dem, was Er ist, mit Seinem Wesen der Heiligkeit und Treue! Gott verherrlicht sich auch im Gericht (Off 19,2).

Der Herr Jesus wird hier also in Seinem richterlichen Charakter mit diesen sieben Kennzeichen gezeigt. Dabei betonen die ersten vier Punkte mehr, wer diese Person war in Seiner richterlichen Herrlichkeit, und die drei letzten Punkte mehr seine Beziehung zu Menschen:

  • das erste Merkmal in Leinen gekleidet spricht von äußerer Reinheit und Heiligkeit – vollkommene Reinheit in Seinem Wandel
  • bei dem zweiten Merkmal die Lenden umgürtet mit Gold von Uphas denken wir daran, dass die Lenden der Sitz der Kraft sind, und der Gürtel von Dienstbereitschaft spricht; das Gold ist in der Bibel immer ein Bild der göttlichen Herrlichkeit – Bereitschaft zum Handeln in Übereinstimmung mit der göttlichen Herrlichkeit
  • das Angesicht wie das Aussehen des Blitzes deutet die Schnelligkeit des Gerichtes an
  • bei dem Leib wie ein Chrysolith denken wir an die innere wesenhafte Reinheit und Heiligkeit
  • die Augen wie Feuerfackeln betonen Seinen alles durchdringenden Blick
  • die Arme und Füße wie von leuchtendem Kupfer zeigen, dass Sein richterliches Handeln und Seine Wege in Übereinstimmung sind mit der göttlichen Gerechtigkeit
  • die Stimme seiner Worte wie die Stimme einer Menge betont Seine Erhabenheit (vgl. Ps 93,4; Hes 1,24)

„Und ich, Daniel, allein sah das Gesicht; die Männer aber, die bei mir waren, sahen das Gesicht nicht; doch fiel ein großer Schrecken auf sie, und sie flohen und verbargen sich. Und ich allein blieb übrig und sah dieses große Gesicht; und es blieb keine Kraft in mir, und meine Gesichtsfarbe verwandelte sich an mir bis zur Entstellung, und ich behielt keine Kraft. Und ich hörte die Stimme seiner Worte; und als ich die Stimme seiner Worte hörte, sank ich betäubt auf mein Angesicht, mit meinem Angesicht zur Erde“ (Vers 7–9)

Die Wirkung dieser Erscheinung auf Daniel war die gleiche wie bei Johannes auf der Insel Patmos, sie waren beide fast zerschmettert, zu Boden geschlagen. Wir sehen daraus, dass der Mensch in seinem natürlichen Leib und Umfeld nicht in der Lage ist, Gott zu ertragen oder der Herrlichkeit Gottes gegenüberzustehen. Gott hatte in Seiner Gnade schon zu Mose gesagt hätte, dass Er ihn in eine Felsenkluft stellen und er Ihn von hinten sehen würde, weil der Mensch die Herrlichkeit Gottes nicht sehen kann (2. Mo 33,22). Auch bei Jesaja und bei Hesekiel war das so (Jes 6,1–5; Hes 1,29), und das war auch noch bei Johannes so, obwohl dieser doch schon die volle Offenbarung Gottes in den Herrn Jesus kannte. Aber als Paulus im dritten Himmel war, sehen wir doch einen Unterschied, denn er hatte dort keine Furcht. Aber Paulus war dort außerhalb des Leibes, im Geiste. Und da gab es die Niedrigkeit des menschlichen Gefäßes nicht mehr, so dass er unaussprechliche Worte hörte, die der Mensch nicht sagen durfte (2. Kor 12,2–4). Aber als der Herr dem Paulus als er noch der Saulus war, auf dem Weg nach Damaskus zum ersten Mal erschien, war die Wirkung die gleiche, wie bei Daniel: er wurde zu Boden geworfen durch die Herrlichkeit dieser Erscheinung (Apg 9,3+4; 22,6+7; 26,13+14).