Der Mantel des auffahrenden Elia fiel auf Elisa, und er empfing ein zweifaches Teil von dem Geist seines Vorgängers. Das erklärt den typischen Charakter seines Dienstes – er geschah in Auferstehungskraft. Das sollte man vor Augen haben, wenn man diese schöne Begebenheit in diesem Abschnitt auslegen will. Doch zuallererst muss man die Umstände verstehen, in denen die Witwe war. Ihr Mann – der den Herrn fürchtete – war gestorben und hatte seine Witwe so hoffnungslos überschuldet hinterlassen, dass der Gläubiger ihre zwei Söhne als Knechte beanspruchte.

Wer war denn der Gläubiger? Es war, meines Erachtens, das Gesetz, welches, weil es keine Barmherzigkeit kannte, fortwährend seine Ansprüche geltend machte. Es hatte deshalb den Tod über den Mann gebracht (vgl. Röm 7) und suchte nun, die beiden Söhne der Knechtschaft zu unterwerfen. Kein Wunder, dass diese arme Witwe unter ihrer unerträglichen Last seufzte und sich gezwungen fühlen musste, nach einem Ausweg zu suchen.

An wen wendet sie sich, um Hilfe und Beistand zu bekommen? An Elia, ein Bild des auferstandenen Christus. Er antwortet sofort und sagt: „Was soll ich für dich tun? Sage mir, was du im Haus hast. Und sie sprach: Deine Magd hat gar nichts im Haus als nur einen Krug Öl.“ Beachte den Unterschied zwischen den Gedanken der Menschen und Gottes Gedanken. Der Krug Öl war wie nichts in den Augen der Witwe. Sie hatte gar nichts „als nur einen Krug Öl“. Das war in den Augen Gottes alles, und Elisas Frage bezweckte, ihr diese Tatsache zu entlocken, dass es diesen Krug Öl im Haus gab.

Nun, Öl ist in der Schrift immer ein Bild des Heiligen Geistes. Und wir werden jetzt sehen, dass der Besitz des Heiligen Geistes (wir reden hier nicht von den notwendigen Erfahrungen, bevor dieses Ziel erreicht ist) der einzige Weg zur praktischen Befreiung von dem Joch des Gesetzes ist. Bis zu diesem Zeitpunkt kannte die Witwe den Wert dieses einzigen Besitzes im Haus noch nicht. Und sie war auch noch nicht in dem Herzenszustand, das zu gebrauchen, was sie bereits besaß.

Daher sagte Elisa: „Geh hin, erbitte dir Gefäße von draußen, von allen deinen Nachbarn, leere Gefäße, nimm nicht wenige; und geh hinein und schließe die Tür hinter dir und hinter deinen Söhnen zu, und gieße in alle diese Gefäße; und was voll ist, setze beiseite.“ Sofort regte sich der Glaube in lebendiger Tätigkeit. Sie gehorchte dem Propheten, und sie entdeckte, dass der Vorrat an Öl unbegrenzt war oder vielmehr nur durch das Fassungsvermögen ihrer leeren Gefäße begrenzt. Denn als die Gefäße voll waren, sagte sie zu ihrem Sohn: „Reiche mir noch ein Gefäß. Aber er sprach zu ihr: Es ist kein Gefäß mehr da. Und das Öl stand.“ Sie war noch nicht fähig, sich diesen Schatz zunutze zu machen und ging daher noch einmal zu „dem Mann Gottes; und er sprach: Geh hin, verkaufe das Öl und bezahle deine Schuld; du aber und deine Söhne, lebt von dem Übrigen.“ Dadurch erkannte sie, dass das Gesetz des Geistes des Lebens in Christus Jesus sie freimachen konnte von dem Gesetz der Sünde und des Todes (Röm 8,2) und dass sie weiter in der Kraft desselben Geistes leben musste (Röm 8,13; Gal 5,25).

Eine weitere Belehrung liegt mehr an der Oberfläche und ist doch von höchster Tragweite. Die Witwe erkannte, gelehrt durch den Herrn, in ihrem tiefen Kummer, dass sie in Gott keinen Beschränkungen unterlag; dass seine Hilfsquellen überströmten, weit über das hinaus, was sie bedurfte, und dass der Glaube sie in lebendige Verbindung mit der Quelle aller Erleichterung und Hilfe brachte. Auch wir lernen dadurch, dass Gott niemals müde wird, unserern Bedürfnissen zu begegnen; dass unsere Bedürfnisse (dargestellt durch die leeren Gefäße) ihm nie zu viel werden. Wir können so oft kommen, wie wir wollen, mit so vielen Gefäßen, wie unser Glaube herbeibringen kann; auch wir werden erfahren, dass sein Vorrat an Gnade und Segen sie alle voll machen kann. Wir sollten also unseren Mund weit öffnen, damit er ihn füllen kann.