Einleitung

Der Apostel Paulus schreibt seinen letzten inspirierten Brief. Er adressiert ihn an sein geliebtes und echtes Kind im Glauben: Timotheus. Ungefähr drei Jahre vorher hat Paulus Timotheus seinen ersten Brief geschrieben. Jetzt ist Paulus zum zweiten Mal ins Gefängnis gekommen. Seine Haftbedingungen sind schlechter als bei seiner ersten Gefangenschaft, er hat seine Hinrichtung vor Augen. Und doch drängt es ihn, Timotheus noch einmal nachhaltig zu ermutigen.

Kapitel 1

Dank und Gebet für Timotheus

Auch wenn der zweite Timotheusbrief ein persönlicher Brief ist, betont Paulus zu Beginn seine apostolische Autorität. Sein Dienst war durch das ewige Leben gekennzeichnet, das alle Glaubenden im Himmel völlig genießen werden. Dieses Leben hat Gott in der Ewigkeit bereits verheißen. Und wo ist es zu finden? In Christus Jesus (2. Tim 1,1). Paulus wünscht seinem geliebten Kind im Glauben das, was er allen seinen Briefempfängern wünscht: Gnade und Friede. Aber in den Timotheusbriefen fügt Paulus etwas hinzu: Barmherzigkeit. Diese Zuwendung Gottes und sein Mitgefühl sollte Timotheus angesichts seiner Schwachheit besonders erleben (2. Tim 1,2).

Paulus ist dankbar, dass er in seinen vielen Gebeten mit Freude an Timotheus denken kann. Er wünscht sich sehr, seinen Freund und Bruder in Christus wiederzusehen. Als sie sich das letzte Mal verabschiedet hatten, weinte Timotheus traurig. Groß wäre die Freude für Paulus, ihn noch einmal vor seinem Tod wiederzusehen (2. Tim 1,3.4)!

Der Apostel geht in seinen Gedanken, wie es ältere Menschen gerne tun, zurück in die Kindheitstage. Seine Vorfahren waren gottesfürchtige und gewissenhafte Menschen. Das prägte ihre Erziehungsarbeit und schließlich das Verhalten von Saulus (2. Tim 1,3). Paulus erwähnt nicht, dass er viele Jahre im Unglauben Christen verfolgt hat, denn das hat er schon im ersten Brief getan (1. Tim 1,13).

Wie sieht das Elternhaus von Timotheus aus? Timotheus hatte eine jüdische Mutter und eine Großmutter, deren Glaube ungeheuchelt ist. Sein griechischer Vater dagegen war offenbar ungläubig (Apg 16,1). Timotheus führt ein glaubwürdiges Christenleben, er spielt anderen nichts vor. Davon ist Paulus überzeugt (2. Tim 1,5).

Ein Auftrag für Timotheus

Weil Timotheus ein Christenleben ohne fromme Maske führt, sagt ihm Paulus nochmals, dass er seine Gnadengabe fleißig gebrauchen soll. Gnadengaben kommen immer von Gott, aber in dem besonderen Fall von Timotheus war Paulus der Vermittler dieser Gabe gewesen, was die Verbindung zwischen diesen beiden Männern Gottes gewiss stärkte (2. Tim 1,6; vgl. 1. Tim 4,14).

Timotheus war offensichtlich ein sensibler und ängstlicher Typ. Deshalb stand er in Gefahr, angesichts von Schwierigkeiten zu resignieren und seinen Dienst (vorübergehend) einzustellen. Daher erinnert ihn der Apostel daran, dass der Heilige Geist bei den Christen Kraft, Liebe und Besonnenheit hervorruft (2. Tim 1,7). Weil Gott uns diesen Geist geschenkt hat, braucht sich Timotheus nicht ängstlich zu verkriechen, sondern darf mutig das Zeugnis des Herrn ausbreiten (vgl. 1. Tim 2,7). Doch so wie das Evangelium abgelehnt wird, wird auch der Bote des Evangeliums zurückgewiesen. Diesen Schmerz der Verwerfung hat Timotheus in Kauf zu nehmen. Auch soll er sich nicht für Paulus schämen, der um des Herrn willen im Gefängnis sitzt. Gut, dass Gottes Kraft für diesen mühevollen Weg zur Verfügung steht (2. Tim 1,8).

Das Evangelium Gottes

Bevor Paulus in Vers 12 weiter über den Dienst spricht, erörtert er in den Versen 9 bis 11 den Inhalt des Evangeliums – das ist das Zeugnis, das der Herr uns anvertraut hat.

Die Gläubigen sind errettet von der Strafe für ihre Sünden und werden nicht in die Hölle geworfen werden; sie sind befreit aus der Macht Satans und herausgenommen aus dem gegenwärtigen bösen Zeitlauf. Aber nicht nur das: Gott hat uns auch zu großartigem Segen berufen durch seinen heiligen, souveränen Ruf, der nicht auf unseren Werken basiert, sondern auf dem ewigen Vorsatz der Gnade Gottes (2. Tim 1,9). Gottes Gnadenratschluss, der im Himmel gefasst wurde, konnte niemand sehen. Aber die Gnade Gottes ist sichtbar geworden in der Person des Sohnes Gottes (2. Tim 1,10).

Was musste geschehen, damit Sünder in den Genuss der Gnade kommen konnten? Der Heiland musste für unsere Sünden sterben und aus den Toten auferstehen. Für alle, die an das Evangelium von Jesus Christus glauben, ist der Tod wirkungslos gemacht; er ist nicht mehr die Pforte zur Qual, sondern das Eingangstor in den Himmel. Die Gläubigen haben ewiges Leben für ihre Seele und sie werden einmal einen unverweslichen Körper bekommen (2. Tim 1,10). Diese wunderbaren und wichtigen Tatsachen werden durch das Evangelium bekannt gemacht. Paulus hat dazu einen besonderen Auftrag: Er ist der Herold (Verkündiger, Ausrufer), Apostel und Lehrer des Evangeliums (2. Tim 1,11).

Festhalten und Bewahren

Weil Paulus das Evangelium verbreitet, muss er ins Gefängnis. Er schämt sich nicht wie die Gefangenen, die wegen ihrer Verbrechen eine Strafe abbüßen, und resigniert nicht, weil er weiß, auf wen er sein Vertrauen gesetzt hat. Jesus ist stark und Er würde die ganze Arbeit, die Paulus Ihm anvertraut hat, auf „jenen Tag“ bewahren. Das ist der Tag des Herrn, an dem der Lohn offenbar werden wird, den die Knechte Gottes am Richterstuhl empfangen haben. Dann wird sichtbar: Paulus war kein Krimineller, sondern ein treuer Mann Gottes, dessen Dienst Gott gesegnet hat (2. Tim 1,12).

Paulus hat Timotheus eine Lehre mitgeteilt, bei der alles wunderbar an seinem Platz ist und die zur Gesundheit im Glauben führt. Timotheus soll das ganze Bild des Wortes Gottes festhalten und nicht nur einige „Puzzlestücke“ der göttlichen Wahrheit – keine Bibelstelle darf isoliert betrachtet und aus dem Zusammenhang gerissen werden. Um die Lehre festzuhalten, benötigt man kein herausragendes Gedächtnis, sondern wir müssen nahe beim Herrn Jesus bleiben. Wenn unsere Beziehung zu Ihm intakt ist, wenn Er vor unseren Augen ist, bekommen wir die Kraft, die Wahrheit des Wortes Gottes auszuleben (2. Tim 1,13).

Wir vertrauen dem Herrn unser Lebenswerk an, aber Er vertraut auch uns etwas an: das schöne Glaubensgut. Das ist die Glaubenswahrheit, die einmal den Heiligen überliefert wurde (Jud 3). Allerdings sind wir nicht aus uns selbst heraus imstande, es zu bewahren (vgl. mit 2. Tim 1,12), sondern es gelingt uns nur durch die Kraft des Geistes Gottes (2. Tim 1,14).

Trauer und Freude für Paulus

Timotheus versieht seinen Dienst in Ephesus, das zu der römischen Provinz Kleinasien gehört. In dieser Provinz ist man auf Distanz zu dem hingebungsvollen Diener Paulus gegangen, der wegen seiner evangelistischen Arbeit mit der Obrigkeit in Konflikt gekommen und zum zweiten Mal inhaftiert worden war. Auch zwei offenbar einflussreiche Männer, von denen wir sonst nichts wissen, rücken von Paulus ab: Phygelus und Hermogenes (2. Tim 1,15). Sie haben anscheinend kein Verständnis dafür, dass Paulus für die Wahrheit zu leiden bereit war.

Aber Paulus sieht nicht nur die Dinge, die ihn traurig machen. Da ist auch ein Onesiphorus, der ihm oft Freude bereitet und sich nicht geschämt hat, ihn in Rom im Gefängnis zu besuchen. Paulus wünscht, dass Gott seiner Familie Barmherzigkeit zuwendet zu ihrer rechtzeitigen Hilfe. Außerdem betet Paulus dafür, dass der barmherzige Onesiphorus selbst Barmherzigkeit an dem Tag der Belohnung erfährt (vgl. Mt 5,7). Dieser Lohn ist einerseits eine Vergeltung des gerechten Richters, aber er ist auch ein Zeichen der Barmherzigkeit des Herrn. Dieser Onesiphorus hat sich nicht nur in Rom um Paulus bemüht, sondern auch in Ephesus viel gedient, was Timotheus natürlich bestens beurteilen kann (2. Tim 1,16–18).

Wir wollen die Appelle von Paulus an Timotheus aus Kapitel 1 besonders in unser Herz fassen:

  • Fache die Gnadengabe Gottes an!
  • Schäme dich nicht des Zeugnisses unseres Herrn!
  • Leide Trübsal mit dem Evangelium nach der Kraft Gottes!
  • Halte fest das Bild gesunder Worte!
  • Bewahre das schöne anvertraute Gut!

Kapitel 2

Ermunterung zum Dienst

Paulus ermuntert Timotheus, zu dem er ein enges Vertrauensverhältnis hat, stark zu sein. Dabei geht es nicht darum, natürliche Kräfte zu mobilisieren, sondern den Herrn Jesus im eigenen Leben wirken zu lassen (2. Tim 2,1).

Timotheus benötigt diese Kraft, um das weiterzugeben, was der Apostel ihm vor den Ohren vieler Menschen verkündigt hat. Dabei soll er sich besonders um Leute bemühen, die zwei Eigenschaften aufweisen: Treue im Leben und Tüchtigkeit in der Lehre (2. Tim 2,2). Es sind die treuen und klugen Knechte, die zur rechten Zeit der Dienerschaft geistliche Speise geben (Mt 24,45). Insgesamt werden hier vier Generationen gezeigt: Paulus, Timotheus, treue Leute und die von ihnen belehrten Gläubigen. Vergleichbares finden wir auch schon in Joel 1,3: „Erzählt davon euren Kindern, und eure Kinder ihren Kindern, und ihre Kinder dem folgenden Geschlecht.“

Anhand von drei Berufen macht Paulus klar, wie ein Christ sich verhalten soll. Zuerst nennt er den Soldaten, der von seinem Heerführer gegen Sold angeworben worden. Er nimmt Schwierigkeiten und Leid in Kauf, um seinen Dienst auszuführen. So soll es auch ein Streiter Christi machen (2. Tim 2,3). Ein Soldat an der Front konzentriert sich auf das Kampfgeschehen und lässt sich nicht durch tausend Alltagsdinge ablenken. Er will dem gefallen, der ihn gegen Lohn in den Heeresdienst gestellt hat. So sollen Christen sich nicht durch Beschäftigungen des Lebens so einwickeln lassen, dass diese sie abziehen vom Dienst des Herrn, der sie durch sein Blut erworben hat (2. Tim 2,4).

Der Kampfsportler muss sich an die Spielregeln halten, sonst kann er den Siegpreis nicht erkämpfen, auch wenn er sich noch so angestrengt hat. Regelkonform muss es auch im Dienst für Gott zugehen: Alles, was wir tun, muss sich am Maßstab der Bibel orientieren (2. Tim 2,5).

Der Ackerbauer ist durch harte Arbeit und geduldiges Warten geprägt, denn die Früchte des Feldes reifen nur langsam heran. Auch Jünger Jesu müssen ausdauernd ihren Dienst verrichten, bevor sie die Ergebnisse ihrer Arbeit bei der Ankunft des Herrn sehen können (2. Tim 2,6; Jak 5,7).

Bedenken und Erdulden

Timotheus soll sich Zeit nehmen, über die Belehrungen nachzudenken. Und auch wir brauchen Ruhe für Gottes Wort. Wenn wir betend über die Aussagen der Bibel nachdenken, werden wir erleben, dass der Herr uns Verständnis geben wird (2. Tim 2,7).

In Vers 7 sprach Paulus vom Verständnis in allen Dingen, in Vers 8 redet er von einer Person: dem Herrn Jesus Christus. Auf Ihn soll Timotheus seine Gedanken beständig richten. Dieser Jesus ist gestorben und aus den Toten auferstanden – eine Wahrheit, die besonders im Neuen Testament vorgestellt wird. Jesus ist aber auch ein Nachfahre Davids, der auf dem Thron Davids im Friedensreich sitzen wird. Diese Wahrheit finden wir speziell im Alten Testament. Und alles gehört zu dem Evangelium, dessen Diener Paulus geworden war (vgl. Röm 1,1–4). Dieses Evangelium brachte Paulus derart in Schwierigkeiten, dass er wie ein Verbrecher gefesselt wurde. Doch wenn auch die Füße der Verkündiger in den Stock gelegt werden, das Wort Gottes läuft weiter (2. Tim 2,9; vgl. 2. Thes 3,1; Phil 1,12–14). Paulus nahm die Leiden auf sich, weil er wollte, dass Menschen für die ewige Herrlichkeit gerettet werden (2. Tim 2,10). Nicht nur das: Er war auch bereit, für die Gläubigen zu leiden, um sie durch sein Beispiel und seinen Dienst, was seine Verantwortung betrifft, zum himmlischen Ziel zu führen.

Wenn – dann

Jetzt spricht Paulus von wichtigen Prinzipien, die ihm in seinem treuen Dienst motiviert haben. Er weiß: Wer mit Christus gestorben ist (und das ist die Stellung eines jeden wahren Christen), der wird einmal mit Christus im Himmel leben (2. Tim 2,11; vgl. Röm 6,5.8). Und wer geduldig in den Glaubensschwierigkeiten ausharrt (und das ist letztlich die Praxis eines wahren Christen), wird einmal mit dem Herrn im Reich regieren.

Aber es gilt auch: Wer durch sein Leben deutlich macht, dass er keine Beziehung zu Jesus hat, den wird Er verleugnen (vgl. 2. Tim 3,5; Tit 1,16; 2. Pet 2,1; Jud 4; Off 2,13; 3,8). Bloße christliche Bekenner werden aus dem Mund des Herrn einmal hören: „Ich habe euch niemals gekannt; weicht von mir; ihr Übeltäter!“ (Mt 7,23). Sie haben Nein zu Ihm und seinem Willen gesagt, und so wird Er auch zu ihnen einmal Nein sagen (2. Tim 2,12). Diese Worte machen aber auch jedem Kind Gottes deutlich, wie ernst es ist, zu kneifen und den Herrn in einzelnen Situation zu verleugnen.

Wenn wir untreu sind, Er bleibt treu. Er sagt wohl Nein zu bösen Personen und Wegen, aber Er wird niemals Nein sagen zu seinem eigenem Wort. Gott wird alles ausführen, was Er versprochen oder angedroht hat (2. Tim 2,13). Er ist treu und wird es auch immer bleiben. Diese unumstößliche Tatsache sollte uns stets bewusst sein.

Tun und vermeiden

Timotheus soll immer wieder darauf hinweisen, dass es nicht zu nutzlosen Wortgefechten kommen darf, wenn Gläubige versammelt sind (2. Tim 2,14). Denn das führt in die Katastrophe, während gute Lehre vor Gefahren rettet (1. Tim 4,16). Und Timotheus wird ermuntert, sich Mühe zu geben, das Wort der Wahrheit treu zu verkünden und sich damit Gottes Anerkennung zu sichern. Er soll wie ein Facharbeiter sein, der seinem Meister eine gute Arbeit abliefert, das einer sorgfältigen Prüfung standhält, damit man sich dieser Arbeit nicht schämen muss (2. Tim 2,15).

Über religiöse Themen zu debattieren, ohne dass man bereit ist, Gottes Wort in den Mittelpunkt zu stellen, ist sinnlos. Einen weiten Bogen soll man machen um Leute, die gerne rechthaberisch diskutieren und nur intellektuell die Klingen kreuzen wollen. Wer sich nicht vor dem Wort Gottes beugt, wird immer weiter im Bösen verstrickt werden (2. Tim 2,16). Das „Wort“ dieser untreuen Leute, das im Gegensatz zu dem „Wort der Wahrheit“ (2. Tim 2,15) steht, wird sich ausbreiten wie ein Krebsgeschwulst im Körper. Hymnäus und Philetus gehören zu denen, die Irrtümer verbreiten und den Glauben etlicher zerstört haben (2. Tim 2,17). Sie haben die geistliche Auferstehung, die wir der Stellung nach in Christus haben (Eph 2,6; Kol 3,1), fälschlicherweise mit der leiblichen Auferstehung gleichgesetzt (2. tTm 2,18). Doch wenn wir jetzt schon einen Auferstehungskörper hätten, wäre unsere Hoffnung auf den Heiland dahin, der kommen wird und unseren Leib der Niedrigkeit umgestalten wird zur Gleichförmigkeit mit seinem Leib der Herrlichkeit (Phil 3,21).

Die Glaubensüberzeugung kann torpediert werden, aber es gibt ein Fundament, das unveränderlich ist. Und auf dieses Fundament ist gewissermaßen ein Siegelabdruck aufgeprägt, der zwei Botschaften enthält. Die erste Botschaft zeigt die Gnade Gottes: Der Herr kennt, die sein sind. Die zweite Botschaft zeigt die menschliche Verantwortung: Wer sich zum Herrn bekennt, muss vom Bösen abstehen (2. Tim 2,19). Wie sehr sich der Sauerteig der bösen Lehre ausgebreitet haben mag, es bleibt bestehen, dass der Herr die Seinen kennt und Er sie nicht verderben lassen wird. Es bleibt aber auch wahr, dass Christen sich immer von der Ungerechtigkeit absondern müssen.

Das große Haus

Dann vergleicht Paulus die Christenheit mit einem großen Haus, in dem es verschiedene Gefäße gibt. Die Gefäße kann man unterscheiden nach ihrem Material und ihrem Zustand. Es gibt Gefäße aus edlem Material und Gefäße aus unedlem Material, und es gibt Gefäße zur Ehre und Unehre. Die Gefäße aus unedlem Material sind zur Unehre. Aber auch die edlen Gefäße können zur Unehre sein – wenn sie verstaubt in einer Rumpelkammer stehen. Nur die silbernen und goldenen Gefäße machen dem Hausherrn Ehre, die gereinigt sind und sich an einem adäquaten Platz befinden.

In dem großen Haus der Christenheit gibt es gläubige christliche Bekenner. Das sind die, aus denen Gottes Gnade etwas Schönes gemacht hat: edle Gefäße; Menschen, die aus Gott geboren sind. Es gibt aber auch ungläubige Bekenner. Das sind die unedlen Gefäße aus Holz und Ton, die dem Feuer der göttlichen Prüfung nicht standhalten. Da aber die verschiedenen Gefäße durcheinanderstehen und auch teilweise mit Schmutz überzogen sind, ist die Unterscheidung zwischen edlen und unedlen Gefäßen schwierig. Nur der Hausherr kann alle Gefäße noch auseinanderhalten.

Die Verantwortung der edlen Gefäße nun ist es, sich von den Gefäßen der Unehre abzusondern. Das bedeutet: Die Gläubigen sollen keine Gemeinschaft mit denen pflegen, die zur Unehre des Meisters sind, indem sie beispielsweise ungöttliche Reden führen und falsche Lehren verbreiten. Nur so werden die goldenen und silbernen Gefäße geheiligte, brauchbare Gefäße zur Ehre des Hausherrn, der sie zu jedem guten Werk gebrauchen kann. Erst wenn ein goldenes oder silbernes Gefäß aus der Rumpelkammer geholt, poliert und in die Vitrine gestellt wird, kann es zu allem verwendet werden, was dem Hausherrn gefällt (2. Tim 2,20.21).

Fliehen und streben

Äußere Absonderung ist wichtig. Aber sie genügt nicht. Auch unser innerer Zustand muss Gott gefallen. Wir sollen nicht zulassen, dass sich jugendliche Begierden in unserem Herzen festsetzen, wie Übermut, Selbstvertrauen, Ungeduld, Heftigkeit, Wissensdemonstration, nutzlose Wortstreitereien, vorschnelle Urteile. Doch unser Christenleben ist nicht nur eine Flucht vor bösen Dingen, wir brauchen auch positive Ziele: ausgelebte Gerechtigkeit, intaktes Glaubensleben, Geschwisterliebe und ein friedevolles Miteinander. Das sollen und können wir nicht für uns allein verwirklichen. Dazu brauchen wir andere. Und das sind diejenigen, die den Herrn anrufen aus reinem Herzen – was sie durch ein reines Verhalten zeigen. Der Weg der Absonderung führt also nicht in die Isolation, sondern in die Gemeinschaft (2. Tim 2,22).

Dem positiven Streben stehen die dummen und albernen Streitfragen entgegen, die man mit der Bibel weder begründen noch widerlegen kann. Die muss man abweisen, denn sie führen nur zu Konflikten (2. Tim 2,23). Ein Knecht des Herrn ereifert sich selbst dann nicht, wenn es um die Wahrheit des Wortes Gottes geht, sondern er ist gegen alle milde, duldsam und sanftmütig (2. Tim 2,24). Dazu gesellt sich fundiertes Bibelwissen, das den Worten der Zurechtweisung Gewicht verleiht.

Aber selbst wenn wir das alles umsetzen, bleibt doch wahr, dass Gott es ist, der bei den Widersachern Buße bewirkt (2. Tim 2,25). Wenn die Widersacher Buße tun, öffnet sich ihnen das ganze Feld der göttlichen Wahrheit; sie werden frei von unnüchternen Gedankenspielen und Diskussionen und entrinnen dem Fallstrick des Teufels. Jetzt kann das Leben ganz dem Willen Gottes unterstellt werden (2. Tim 2,26).

Wir wollen die Appelle von Paulus an Timotheus aus Kapitel 2 besonders in unser Herz fassen:

  • Sei stark in der Gnade!
  • Vertraue das Wort Gottes treuen Leuten an!
  • Nimm teil an den Trübsalen als ein Streiter Christi!
  • Denke über das Wort Gottes nach!
  • Halte Jesus Christus im Gedächtnis!
  • Bringe in Erinnerung, nicht Wortstreit zu führen!
  • Befleißige dich, ein bewährter Arbeiter zu sein!
  • Vermeide leeres und ungöttliches Geschwätz!
  • Mache einen weiten Bogen um die jugendlichen Begierden!
  • Strebe nach dem Guten mit denen, die den Herrn aus reinem Herzen anrufen!
  • Törichte und ungereimte Streitfragen weise ab!

Kapitel 3

Timotheus weiß, dass sich viele Christen von Paulus abgewandt haben (2. Tim 1,15). Jetzt zeigt Paulus etwas, was Timotheus noch nicht wusste, aber wissen sollte (2. Tim 3,1): Die letzten Tage der Christenheit würden schwer zu ertragen sein, weil die Menschen sich von der Wahrheit abkehren. In „späteren Zeiten“ fielen einige vom Glauben ab (1. Tim 4,1), aber in den letzten Tagen ist es der allgemeine Trend, ein hohles Christenleben zu führen, weil man die lebensverändernde Kraft des Evangeliums nicht kennt.

Paulus nennt Charakterzüge dieser Menschen, die nur formell Christen sind. Es ist erschreckend, zu sehen, dass diese Christen sich ähnlich wie die unzivilisierten Heiden verhalten, die Paulus eindrücklich in Römer 1,21–31 beschreibt. Die neunzehn Merkmale der Menschen in den letzten Tagen sind (2. Tim 3,2–5):

  • Eigenliebig: Das Ich steht bezeichnenderweise an erster Stelle. Egozentrik ist chic.
  • Geldliebend: Wer sich selbst liebt, liebt auch das Geld, das man für sich selbst ausgeben kann.
  • Prahlerisch: Wer Geld hat, hat etwas zum Prahlen. Darüber hinaus gibt es noch viele Dinge, mit denen man sich glaubt brüsten zu können.
  • Hochmütig: Prahlerei fällt auf, Hochmut nicht unbedingt. Und doch muss das heilige Auge Gottes diese böse Gesinnung in ihren Herzen wahrnehmen.
  • Lästerer: Sie reden hochtrabend von sich, aber beleidigend von Gott und Mitmenschen.
  • Eltern Ungehorsame: Ihr respektloses Verhalten zeigt sich auch deutlich im Ungehorsam den Eltern gegenüber.
  • Undankbar: Sie nehmen die Fürsorge der Eltern und vieles andere als selbstverständlich an und meinen, sich nicht bedanken zu müssen.
  • Unheilig: Ihr Leben steht im Widerspruch zu der Heiligkeit Gottes.
  • Ohne natürliche Liebe: Wer die heiligen Maßstäbe Gottes nicht schätzt, dem geht die natürliche Liebe verloren. Darum sind die Familien der Menschen in den letzten Tagen oft ein Scherbenhaufen.
  • Unversöhnlich: Der Streit mit anderen wird sorgsam gepflegt. Man ist weder zum Bekenntnis noch zur Vergebung bereit.
  • Verleumder: Diejenigen, denen man nicht grün ist, setzt man mit Worten herab und stellt sie in ein schlechtes Licht.
  • Unenthaltsam: Es mangelt den Menschen in den letzten Tagen im groben Maß an Selbstbeherrschung.
  • Grausam: Bei allem technischen Fortschritt offenbart sich doch barbarische Grausamkeit, wie es zum Beispiel viele ungeborene Kinder im Mutterleib erleben.
  • Das Gute nicht lieben: Sie lieben das nicht, was wesenhaft gut ist, wie zum Beispiel die Tugend der Demut.
  • Verräter: Das Vertrauen anderer wird missbraucht, um egoistische Ziele zu verfolgen.
  • Verwegen: Man liebt draufgängerische Abenteuer und nimmt keine Rücksicht.
  • Aufgeblasen: Hinter dem großspurigen Auftreten ist nur Dampf zu finden. Heiße Luft um nichts.
  • Mehr das Vergnügungen lieben als Gott: Sie lieben sich selbst, das Geld und das Vergnügen. Aber Gott?
  • Kraftlose Form der Gottseligkeit: Sie sind äußerlich Christen, haben aber keine Beziehung zur Kraftquelle für ein Leben mit und für Gott.

Verführer und Verführte

Von solchen Leuten soll Timotheus sich wegwenden. Denn aus dieser Gruppe übel gesinnter Menschen entwickeln sich Irrlehrer. Diese predigen nicht die Wahrheit vor vielen Zeugen (2. Tim 2,2), sondern schleichen sich wie eine Schlange in die Häuser und verbreiten dort den Irrtum. Sie haben Erfolg bei Menschen, die von Emotionen geleitet werden, von Verfehlungen beladen sind und beherrscht werden von ihren Begierden (2. Tim 3,6). Die Verführten versuchen, eifrig Lehren zu finden, die ihr Leben glücklicher machen, die sie aber nicht zwingen, über ihre Sünden Buße zu tun und diese zu lassen. Doch so können sie nicht zur Erkenntnis der Wahrheit kommen (2. Tim 3,7).

Die Verführer widerstehen der Wahrheit, so wie die ägyptischen Zauberer, die in Ägypten die Wunder Moses nachäfften und damit verhinderten, dass der Pharao von den göttlichen Wundern beeindruckt wurde (2. Tim 3,8; 2. Mo 7,11.12.22; 8,7). Diese modernen Nachahmer zeigen eine miserable Geisteshaltung und haben sich im Blick auf die christliche Glaubenswahrheit als untauglich erwiesen (2. Tim 3,9).

Doch Gott entlarvt die selbsternannten Propheten, indem Er klarmacht, dass seine Kraft nicht in ihnen wirkt und sie nur schlitzohrig die Wahrheit imitieren. So waren Jannes und Jambres, die im Alten Testament namentlich nicht erwähnt werden, nicht fähig, aus dem Staub Leben hervorzubringen; sie mussten anerkennen, dass Gott durch Mose wirkte (2. Mo 8,19). Schließlich konnten sie aufgrund der Plage mit Geschwüren sogar nicht einmal mehr vor den Pharao treten (2. Mo 9,11).

Das Leben von Paulus

Paulus lebte ganz anders als die religiösen Verführer. Timotheus wusste das genau (vgl. 1. Tim 4,6). Er kannte die Lehre des Apostels. Das war keine Lehre, die Paulus erfunden oder entwickelt hat. Er hatte sie von Gott durch Offenbarung empfangen und war auch beauftragt worden, die Wahrheit auszubreiten. Und Paulus lebte in Übereinstimmung mit der Wahrheit, die er verkündigte. Er unterstrich durch sein Leben die Lehre und strich sie nicht durch. Sein Verhalten fußte auf dem Vorsatz, ein zielorientiertes Christenleben zu führen (vgl. Phil 3,14). Das funktionierte nicht in eigener Kraft, sondern durch das Glaubensvertrauen auf den Herrn Jesus Christus. Paulus zeigte Langmut sowie Liebe zu Gott, den Glaubensgeschwistern und allen Menschen. Die Selbstliebe aber war Paulus fremd (vgl. 2. Tim 3,2). Und wenn es knüppeldick kam, Paulus harrte aus (2. Tim 3,10). Dazu gehören die Leiden in Antiochien, Ikonium, Lystra und andere Verfolgungen, aus denen der Herr ihn errettet hatte (3. Tim 3,11).

Alle, die mit und für Gott leben wollen und nicht nur formell Christen sind, werden eins erleben: Verfolgung in der einen oder anderen Form (2. Tim 3,12). Über dem Leben der bösen Menschen und Betrüger steht ein anderes Wort: Verführung. Sie verführen und werden verführt. Wenn auch einzelne falsche Lehrer gestoppt werden (2. Tim 3,9), so ist die allgemeine Entwicklung ein Fortschreiten im Bösen: Die Schüler gehen weiter als ihre Lehrer (2. Tim 3,13).

Das Wort Gottes

Auf die „neuen Erkenntnisse“ von Verführern braucht sich Timotheus nicht einzulassen. Er soll bei dem bleiben, was er gelernt hat und wovon er weiß, dass es richtig ist, da sich seine Überzeugung aus reinen, zuverlässigen Quellen speist (2. Tim 3,14):

  • der apostolischen Belehrung (letztlich: das Neue Testament)
  • den heiligen Schriften (das Alte Testament)

Das Alte Testament kannte der Halbjude Timotheus schon von den jüngsten Kindheitstagen an (als es das Neue Testament noch nicht gab). Seine gottesfürchtige Mutter und Großmutter unterwiesen ihn in den Schriften des Alten Testaments, die eine Hilfe sind, die Errettung besser zu verstehen, die jeder erfährt, dessen Glaubensfundament Jesus Christus ist (2. Tim 3,15).

Alle Schrift, das heißt die ganze Bibel, ist von Gott inspiriert. Jeder Buchstabe in den Urschriften ist von Gottes Geist gewollt und bewirkt. Das Wort Gottes ist vom großen Nutzen, um ein „vollkommener Mensch Gottes“, das heißt geistlich erwachsen zu werden. Die Bibel ist dienlich zur:

  • Lehre: Jede sinnvolle Belehrung fußt auf der Bibel. Eigene und philosophische Gedanken greifen stets zu kurz.
  • Überführung: Durch die Worte Gottes kann man klarmachen, dass ein Weg verkehrt ist.
  • Zurechtweisung: Die Bibel ist Grundlage dafür, um den rechten Weg zu weisen.
  • Unterweisung in der Gerechtigkeit: Die Bibel gibt denen Unterricht, die ein Leben in Übereinstimmung mit Gott und seinem Willen führen wollen (2. Tim 3,16).

Durch das Wort wird derjenige, der vor Gott steht und für Gott einsteht, vollkommen. Damit ist nicht ein Zustand der Sündlosigkeit gemeint. Es geht darum, dass wir in geistlichen Dingen keinen Mangel mehr leiden. Wenn das der Fall ist, sind wir zu jedem guten Werk völlig geschickt. Wir werden nicht zu Universalgenies – aber es gibt keine moralischen Barrieren in unserem Leben mehr, die uns daran hindern, ein gutes Werk zu tun (2. Tim 3,17).

Wir wollen die Appelle von Paulus an Timotheus aus Kapitel 3 besonders in unser Herz fassen:

  • Wisse Bescheid über die Entwicklung und den Zustand der Christenheit!
  • Wende dich ab von Namenschristen, die fromm tun, aber unfromm leben!
  • Bleibe bei dem, was du gelernt hast und wovon du völlig überzeugt bist!

Kapitel 4

Sehr nachdrücklich spornt Paulus seinen Glaubensbruder Timotheus zum Dienst des Wortes an (2. Tim 4,2). Timotheus soll beim Predigen besonders bedenken:

  • Alles geschieht unter dem wachsamen und prüfenden Auge Gottes. Wir sollten darum gewissenhaft arbeiten.
  • Der Herr Jesus, der alles sieht, ist der Richter der Lebenden (Mt 25,31–46) und der Toten (Off 20,11–15). Und weil wir seinen Schrecken kennen, überreden wir die Menschen (2. Kor 5,11).
  • Der Herr Jesus wird bald in Macht und Herrlichkeit erscheinen; dann wird der Lohn seiner Diener sichtbar werden. Das spornt uns zu hingebungsvollen Dienst an.
  • Der Herr Jesus wird in Kürze über die Erde regieren. Wir dürfen seine Herrlichkeit teilen. Das gibt uns Mut, auszuharren, wenn es im Dienst Probleme gibt.

Was soll Timotheus predigen? Das Wort Gottes; seine Verkündigung muss vollständig auf dem Fundament der Bibel ruhen. Wann soll er das Wort Gottes predigen? Timotheus soll in seinen Predigten immer das Wort Gottes in den Mittelpunkt stellen, auch dann, wenn es den Zuhörern unpassend erscheint. Und wie sollte er es tun? Mit Nachdruck.

Dabei gilt es, das Böse aufzudecken, entschlossen zu korrigieren und diese Personen zu ermahnen. Hierfür benötigt Timotheus – und jeder andere Diener! – Langmut, weil man oft auf Gleichgültigkeit und Widerstand stößt. Außerdem ist es wichtig, die Ermahnungen mit dem Wort Gottes nachvollziehbar zu untermauern (2. Tim 4,2).

Eine böse Zeit

Timotheus wird gedrängt, unermüdlich das Wort Gottes zu predigen, weil eine Zeit heraufdämmert, in der man die gesunde Lehre nicht mehr erträgt (und diese Zeit ist heute längst da). Die Ablehnung und Dickfelligkeit der Mitmenschen soll also nicht dahin führen, die Arbeit zurückzufahren, sondern muss Ansporn sein, erst recht das unveränderliche Wort Gottes zu proklamieren! Die Menschen begehren statt Predigern der gesunden Lehre eine Vielzahl von Lehrern, die sie in ihren verschiedenen Begierden bestärken und das sagen, was ihnen angenehm ist (2. Tim 4,3). Sie weigern sich, ihre Herzen von dem Wort Gottes durchbohren zu lassen (vgl. Apg 2,37; Heb 4,12.13), und kehren sich von der Wahrheit ab. Aber dabei bleibt es nicht: Sie wenden sich sogar zu den Fabeln hin. Damit sind nicht Grimms Märchen gemeint, sondern Erzählungen und Fantasien auf geistlichem Gebiet (2. Tim 4,4).

Timotheus wird ermahnt, in allem nüchtern zu sein. Er soll nicht das reden, was ihm Applaus einbringt, sondern Leidensbereitschaft zeigen (2. Tim 4,5). Zu seinem Dienst gehört die evangelistische Arbeit, die nicht vernachlässigt werden darf. Der junge Timotheus soll sich nicht entmutigen lassen, er soll seinen ganzen Dienst vollführen, wie Paulus es getan und wozu der Apostel in einem früheren Brief Archippus ermuntert hat (Kol 4,17).

Der gute Kampf

Ermunterung für Timotheus war sehr nötig, denn bald würde sein väterlicher Freund „seine Zelte auf der Erde abbrechen“. Paulus vergleicht seinen Tod mit einem Trankopfer, das schon dargebracht wurde (2. Tim 4,6). Ein Trankopfer aus Wein wurde im israelitischen Gottesdienst über ein Schlachtopfer ausgegossen (4. Mo 28,14). So krönte Paulus sein Leben, das wie ein lebendiges Schlachtopfer war (Röm 12,1), mit dem Märtyrertod.

Dann blickt Paulus auf sein Leben zurück (2. Tim 4,7). Er hat den guten Glaubenskampf geführt und seine Kraft nicht in Wortgefechten verbraucht (Kol 1,29; 4,12; 1. Tim 1,18; 6,12). Den Glaubenslauf hat er zielorientiert vollendet und er war nicht stehen geblieben (1. Kor 9,24–17). Und das wertvolle christliche Glaubensgut hat er sorgfältig behütet.

Der gerechte Richter wird ihm als Antwort auf sein gerechtes Leben an seinem Richterstuhl die „Krone der Gerechtigkeit“ geben. Sie ist aber kein Exklusivrecht für den Apostel der Nationen. Sondern jeder empfängt die Krone, der die Erscheinung des Herrn Jesus in Macht und Herrlichkeit nicht nur kennt, sondern sie liebt (2. Tim 4,8). Diese Liebe zeigt sich dadurch, dass man dem Herrn Jesus gehorsam dient.

Timotheus soll bald kommen

Timotheus soll sein Bestes tun, so bald wie möglich zu kommen, denn es war sehr einsam um Paulus geworden (2. Tim 4,9). Demas hat Paulus im Stich gelassen, weil er die Welt liebgewonnen hatte; er befand sich nun in Thessalonich. Der „unbekannte“ Krescenz ist im Dienst für den Herrn nach Galatien gegangen und der bekannte Titus nach Dalmatien (2. Tim 4,10). Nur Lukas, der geliebte Arzt, ist noch bei Paulus. Für die (schriftliche) Arbeit, die Paulus in den letzten Wochen seines Lebens erledigen will, braucht er dringend Verstärkung. Deshalb bittet er Timotheus, Markus mitzubringen (2. Tim 4,11). Ausgerechnet Markus! Er war es, der Paulus bei seiner ersten Missionsreise verlassen hatte und Anlass zu einer Verbitterung mit Barnabas gewesen war (Apg 15,37–39). Aber Paulus übersieht nicht, was der Herr an ihm gewirkt hat und wie nützlich er ihm sein könnte. Obwohl Paulus vereinsamt war, hat er Tychikus nach Ephesus gesandt, weil er in dieser Stadt – die mit zu denen gehört, die sich von Paulus abgewandt haben (2. Tim 1,15) – einen wichtigen Dienst für den Herrn erledigen sollte (2. Tim 4,12).

Wenn Timotheus sich von Ephesus aus auf den Weg nach Rom machen würde, sollte er in der Stadt Troas, die auf dem Weg lag, den Mantel des Paulus bei Karpus abholen. Außerdem will Paulus gern Bücher zum Lesen und Pergamente zum Schreiben haben (2. Tim 4,13). Merkwürdig, dass Paulus sich um alles kümmern muss und die Gläubigen ihn nicht im Gefängnis mit dem Notwendigen versorgen! Ein persönlicher Feind von Paulus ist Alexander, der Schmied, den Paulus dem Satan überliefert hatte, weil er ein Lästerer war (1. Tim 1,20). Dieser Alexander hatte Paulus enormen Widerstand geleistet. Es war zwecklos, mit ihm zu reden; Timotheus sollte ihm aus dem Weg gehen (2. Tim 4,14.15).

Der Beistand des Herrn

Paulus erfährt nicht nur Widerstand durch Feinde, sondern es fehlt ihm auch Beistand durch seine Freunde. Bei seiner ersten Gerichtsverhandlung war der Apostel ganz allein. Die Freunde haben die Chance nicht genutzt, für ihn vor Gericht zu plädieren und ihre Sympathie zu bekunden. Es erging Paulus wie seinem Meister, von dem es heißt: „Da verließen ihn alle“ (Mt 26,56). Aber Paulus ähnelt seinem Herrn auch in seiner vergebungsbereiten Haltung (2. Tim 4,16; vgl. Lk 23,36).

Wenn auch alle Paulus verlassen haben, so stand ihm doch der Herr bei. Er stärkte ihn für den Gipfelpunkt seines Verkündigungsdienstes. Selbst als Angeklagter ist Paulus nicht in der Defensive – er macht den Gerichtssaal zu einer Kanzel. Er trägt den Namen Jesu vor Nationen, Könige und Richter (Apg 9,15.16; 23,11; Phil 1,13). Und der Herr errettete ihn bei der ersten Gerichtsverhandlung vor dem blutrünstigen Kaiser Nero, hinter dem der Teufel als ein brüllender Löwe stand (2. Tim 4,17; 1. Pet 5,8).

Paulus ist sich gewiss: Der Herr rettet mich vor jedem bösen Werk. Nichts lässt Gott zu, durch das ich im Glauben Schiffbruch erleide. Er bewahrt mich für sein himmlisches Reich, auch wenn ich als Märtyrer leiden muss. – Der Tod ist für den Glaubenden ja ein Türöffner, um ihn die Gegenwart dessen zu bringen, dem die Herrlichkeit sei von Ewigkeit zu Ewigkeit (2. Tim 4,18)!

Grüße

Auch wenn Paulus mit dem Himmel beschäftigt ist, denkt er an andere und lässt sie grüßen. Dazu gehört das hingebungsvolle Ehepaar Priska (die Verniedlichungsform von Priscilla) und Aquila, die jetzt wieder in Ephesus waren. Er grüßt auch das Haus des Onesiphorus (2. Tim 4,19; vgl. 2. Tim 1,16–18).

Paulus informiert Timotheus, der sich für das Werk des Herrn interessiert, wo sich seine Mitarbeiter Erastus (Apg 19,22) und Trophimus (Apg 20,4; 21,29) jetzt befinden (2. Tim 4,20). Das macht Paulus noch einmal bewusst, wie einsam es um ihm geworden ist. Deshalb wiederholt er die Bitte an Timotheus, bald zu kommen (vgl. 2. Tim 4,9), und fügt hinzu: „vor dem Winter“ (2. Tim 4,21). Denn für Timotheus würde die Schifffahrt dann gefährlich werden, wie Paulus aus Erfahrung weiß (Apg 27). Außerdem braucht Paulus den Mantel im Winter.

Paulus richtet noch Grüße von uns unbekannten Gläubigen in Rom aus (2. Tim 4,21). Timotheus war in Rom gewesen und kennt sicherlich viele persönlich (vgl. Heb 13,23). Der Apostel wünscht dem jungen Timotheus, dass der Herr mit seinem Geist sei, und er schließt, auch wenn es ein persönlicher Brief ist, mit einem Gnadenwunsch für alle Gläubigen (2. Tim 4,22) – auch für dich.

Wir wollen die Appelle von Paulus an Timotheus aus Kapitel 4 noch einmal auflisten:

  • Predige entschieden das Wort!
  • Überführe!
  • Weise ernstlich zurecht!
  • Ermahne!
  • Sei nüchtern in allem!
  • Leide Trübsal!
  • Tu das Werk eines Evangelisten!
  • Vollführe deinen Dienst!

Wenn auch manche der Aufforderungen an Timotheus für dich vielleicht (noch) nicht direkt gelten, so schälen sich aus diesen Aufforderungen wichtige Prinzipien heraus: Wir sollen treu zu Gottes Wort stehen, bereit sein, Schwierigkeiten in Kauf zu nehmen und unsere Arbeit für den Herrn ernst nehmen. Bist du dabei?