Das Gebet im Verborgenen als Kraftquelle

„Wer im Schutz (Verborgenen) des Höchsten sitzt, wird bleiben im Schatten des Allmächtigen.“ (Psalm 91,1)

Lukas zeigt uns, dass auf das Gebet des Herrn Jesus in der Wüste (Lk 5,16) die Kraft Gottes in seinem öffentlichen Dienst folgt: „… und die Kraft des Herrn war da …“ (Lk 5,17). Diesen offensichtlichen Zusammenhang zwischen Gebet im Verborgenen und Kraft im Dienst sehen wir nicht nur hier. Auch im nächsten Kapitel lesen wir: „Denn es ging Kraft von ihm aus“ (Lk 6,19). Wieder hatte Er sich kurz vorher dem Gebet „hingegeben“ (Lk 6,12). Später betet Er auf dem Berg der Verklärung (Lk 9,28) und ist anschließend „in der Lage“, einen Dämon auszutreiben – etwas, was seine Jünger, von denen drei auf dem Berg geschlafen hatten, nicht vermochten, denn „diese Art kann durch nichts ausfahren als nur durch Gebet und Fasten“ (Mk 9).

Bei den ersten Christen hat Gott ebenfalls mit geistlicher Kraft auf Gebet geantwortet. Nachdem sie einmütig zusammen gebetet haben, legen sie anschließend mit Kraft Zeugnis von der Auferstehung Jesu ab (vgl. Apg 4,29–33). Jemand hat einmal eine einfache Formel aufgestellt, die man vielleicht nicht eins zu eins übernehmen kann, aber an der dennoch viel Wahres dran ist: Viel Gebet, viel Kraft; wenig Gebet, wenig Kraft; kein Gebet, keine Kraft! Christus ist die Kraftquelle für jeden Gläubigen. Wenn wir Kraft haben wollen, müssen wir sie im Gebet bei Ihm suchen. „An dem Tag, als ich rief, antwortetest du mir; du hast mich ermutigt: In meiner Seele war Kraft“ (Ps 138,3).

Wir können sicher sein, dass Gott auch in unserer Zeit mit Kraft antwortet, wenn wir wieder mehr auf den Knien sind. Wie schnell neigt man heute dazu, das eigene Versagen mit Schwachheit zu entschuldigen. Kaum ein Christ leugnet, dass er in sich selbst keine Kraft besitzt und dass er Gottes Kraft braucht, um das Gute tun zu können. Aber damit ist noch nicht gesagt, dass jeder Christ in diesem Verhältnis der Abhängigkeit von Gott auch wirklich lebt. Es klingt demütig und fromm, wenn wir von unserem schwachen Zustand sprechen. Doch zwischen dem Geständnis, dass wir keine Kraft haben, und dem lebendigen Bewusstsein der Seele, dass wir ohne Kraft sind, ist ein großer Unterschied. Wer sich wirklich der eigenen Schwachheit bewusst ist, den treibt es ins Gebet, wo die Kraft Gottes zu finden ist. Dann darf man sich auch voller Vertrauen auf die Zusage des Herrn stützen, der auch uns zuruft: „Meine Kraft wird in Schwachheit vollbracht“ (2. Kor 12,9). Wenn wir, im Bewusstsein unserer Schwachheit, durch das Gebet unsere Abhängigkeit verwirklichen, dann werden wir auch praktisch in Ihm, dem Weinstock, bleiben, und seine Kraft wird sich in uns, den Reben, zeigen.

Sehnen wir uns danach, dass sich die Kraft Gottes mehr in unserem Leben entfaltet? Was bewirkt das Bewusstsein unserer eigenen Schwachheit bei uns?