Gottes Handeln mit uns Kindern Gottes ist ein Handeln in Gnade. Und zwar vor der Zeit, durch die Zeit und in alle Ewigkeit.

Gnade vor der Zeit

Vor ewigen Zeiten, als wir noch nicht waren, hat Gott uns in seinem Ratschluss Gnade zugewendet: „Er hat uns errettet und berufen mit heiligem Ruf, nicht nach unseren Werken, sondern nach seinem eigenen Vorsatz und der Gnade, die uns in Christus Jesus vor ewigen Zeiten gegeben wurde“ (2. Tim 1,9).

Dieses Tun Gottes in der Ewigkeit hat nichts mit unserer Verantwortung zu tun, sondern es ist eine Sache der unumschränkten und den menschlichen Verstand übersteigenden Gnade Gottes. Es ist die „Herrlichkeit der Gnade Gottes“ (Eph 1,6). Wir erkennen hier: Noch bevor die Sünde da war, war schon die Gnade da!

Gnade in der Zeit für den Sünder

Als Gott die Welt und den Menschen erschuf, war alles sehr gut. Doch das dauerte nicht lange an. Nur eine einzige Seite der Bibel wird damit gefüllt. Dann geht es um Sünde. Erst auf der letzten Seite der Bibel wird ein Zustand beleuchtet, in der Sünde keine Rolle mehr spielt: ein neuer Himmel und eine neue Erde.

Aber in der ganzen dunklen Geschichte des Menschen, die die Bibel schildert, leuchtet Gottes Gnade hell auf. Das zeigt sich schon direkt nach dem Sündenfall. Das Erste, was Gott tat, war, in Gnade zu reden, denn er sprach von der Nachkommenschaft der Frau, der die Schlange besiegen würde. Und bevor Adam und Eva die Folgen der Sünde zu schmecken bekamen, handelte er in Gnade, indem er sie mit Fellen bekleidete.

Als der Herr Jesus auf diese Erde kam, ist die Gnade Gottes heilbringend in seiner Person erschienen (Tit 2). Durch Gottes Gnade hat er für alles den Tod geschmeckt (Heb 2).[1] Nun wird in dieser Gnadenzeit das Evangelium der Gnade Gottes gepredigt (Apg 20,24). Der, der daran glaubt, wird umsonst gerechtfertigt durch Gottes Gnade, durch die Erlösung, die in Christus Jesus ist (Tit 3,7; Röm 3,24). Wenn es aber durch Gnade ist, so nicht aus Werken; sonst ist die Gnade nicht mehr Gnade (Röm 11,6).

Das, was der Mensch tun muss, ist, die Gnade in Jesus Christus im Glauben anzunehmen. Dies ist die Seite der Verantwortung. Wir können uns nicht auf unsere eigene Leistung berufen. Und niemand kann sagen: „Ich habe die Gnade deshalb nicht empfangen, weil Gott sie mir nicht geben wollte.“ Die Gnade steht für alle offen. Wer jedoch den Geist der Gnade schmäht und die Gnade als Deckmantel für die Sünde benutzt (Heb 10,29; Jud 4), der wird Gottes Gerechtigkeit im Gericht erleben müssen.

Gnade in der Zeit für die Heiligen

Als Gläubige stehen wir in der Gnade Gottes (Röm 5,2). Und so erleben wir auch in der Praxis unseres Lebens beständig die Gnade Gottes. Wir erleben seine Hilfe, ohne das wir uns das vorher erarbeitet haben. Die Gnade unterweist uns, damit wir gottselig leben. In unserer Bedürftigkeit bekommen wir Gnade im Sekundentakt: eine Gnade nach der anderen aus seiner Fülle (Joh 1,16). Und wir bekommen auch eine passende Gnade; denn so wie die Prüfungen mancherlei (o. mannigfaltig) sind, so ist es auch die Gnade Gottes (1. Pet 1,6; 4,10). Wir empfangen „größere Gnade“, wenn dies nötig ist (Jak 4,6). Und der Gott aller Gnade kann jede Gnade gegen uns überströmen lassen (2. Kor 9,8).[2]

Es gibt aber auch die Seite unserer Verantwortung. Wir sollen ...

... den Boden der Gnade nicht verlassen (Gal 5,4).

... an der Gnade Gottes keinen Mangel leiden (Heb 12,15).

... die Gnade Gottes am Thron der Gnade suchen (Heb 4,16).

... durch die Gnade innerlich befestigt werden (Heb 13,9).

... in der Gnade Gottes stehen (1. Pet 5,12).

... in der Gnade Gottes wandeln (2. Kor 1,12).

... uns an der Gnade Gottes genügen lassen (2. Kor 12,9).

... stark sein in der Gnade (2. Tim 2,1).

... in der Gnade verharren (Apg 13,43).

... uns der Gnade Gottes immer mehr bewusst werden (2. Pet 3,18).

... völlig auf die Gnade hoffen (1. Pet 1,13)

Gnade in der Zukunft

Der Gott aller Gnade wird uns Kinder Gottes zu seiner ewigen Herrlichkeit in Christus Jesus führen, denn dazu hat er uns berufen (1. Pet 5,10). Bei der Erscheinung unseres Herrn in Macht und Herrlichkeit wird dann sichtbar werden, dass wir Denkmäler der Gnade Gottes sind (1. Pet 1,13). Jetzt ist das noch nicht offenbar.

Und Gott wird uns in den kommenden Zeitaltern – und das umschließt die Ewigkeit – den überragenden Reichtum seiner Gnade zeigen (Eph 2,7). Wir müssen im Himmel natürlich nicht mehr als Bedürftige und Irrende begnadigt werden, aber wir dürfen in der Ewigkeit immer wieder neue Schätze der Gnade entdecken. Die Zeit der Verantwortung ist dann vorbei – und somit ist uns der Segen der Gnade ewig sicher.


Fußnoten:

  1. Gottes Gnade wird auch schon im Alten Testament erwähnt, wenn auch bei weitem nicht so oft wie im Neuen Testament. Die erste Person, die in der Bibel ausdrücklich in Verbindung mit Gnade gebracht wird, ist Noah – er fand Gnade in den Augen Gottes.
  2. Es ist dabei bemerkenswert, dass der Begriff Gnade im Neuen Testament mehr in Beziehung zu Gläubigen als zu Ungläubigen gesetzt wird.