Was die Schrift dazu sagt

Die Auserwählung der Christen wird an einigen Stellen im Neuen Testament erwähnt (Apg 13,48; Tit 1,1; 1. Pet 1,1.2 usw.).

Die meisten Einzelheiten zum Thema Auserwählung können wir aus Epheser 1,3–14 entnehmen. Wir erfahren dort, wozu Gott uns auserwählt hat (Vers 4 und 5); dass er seine Wahl vor Grundlegung der Welt getroffen hat (Vers 4); dass sie zu seiner Verherrlichung gereicht (Vers 6 und 12) und dass er dabei nach dem Wohlgefallen und Rat seines Willens gehandelt hat (Vers 5 und 11).

Die in der Ewigkeit Auserwählten beruft Gott in der Zeit, um seinen Vorsatz zu erfüllen (2. Tim 1,9). In der Zukunft werden sie verherrlicht werden und dem Bild des Sohnes Gottes gleichförmig sein (Röm 8,29.30).

Es wird deutlich, dass die Auserwählung nicht auf dem Verhalten des Menschen, sondern auf dem souveränen Willen Gottes beruht.

Wenn Gott Menschen für den Segen auserwählte, hat er dann andere für die Verdammnis zuvorbestimmt?

Das ist eine nur scheinbar logische Schlussfolgerung, die durch keine Bibelstelle untermauert werden kann: Gottes Wort redet ausschließlich von einer Erwählung zur Errettung (2. Thes 2,13) und nicht von einer Erwählung zur Verdammnis.

Außerdem steht dieser Gedanke im Widerspruch dazu, dass Gott alle Menschen errettet will (1. Tim 2,4) und nicht will, dass irgendwelche verloren gehen (2. Pet 3,9).

Wie ist Römer 9,13 (Zitat aus Maleachi 1,2.3) zu verstehen: „Jakob habe ich geliebt, aber Esau habe ich gehasst“?

Noch bevor Jakob und Esau geboren wurden, hatte Gott die irdische Vorrangstellung Jakobs über seinen Bruder Esau festgelegt (Röm 9,11.12). Dies tat er aus Liebe zu Jakob. Aber das bedeutet nicht, dass Gott Esau vor seiner Geburt gehasst und verworfen hätte. Denn Gott bezeugte ja seinen Hass gegen ihn erst im letzten Buch der Bibel, nachdem Esau sich als Ungöttlicher erwiesen hatte (vgl. Heb 12,16.17). Die Worte „Esau habe ich gehasst“ standen also, im Bild gesprochen, nicht auf seiner Geburtsanzeige, sondern wurden in seinen Grabstein eingraviert!

Was bedeutet: „So denn, wen er will, begnadigt er, und wen er will, verhärtet er“ (Röm 9,18)?

„Wen er will, begnadigt er“ – das Volk Israel ist ein Beispiel für diese Aussage. Sie hatten in der Wüste das goldene Kalb gemacht und sich vor ihm niedergebeugt. Dafür hatten sie Gericht verdient (2. Mo 32,8–10); aber Gott begnadigte sie (vgl. Röm 9,15).

„Wen er will, verhärtet er“ – diese Worte werden durch den Pharao illustriert. Er hatte sein Herz verhärtet  (2. Mo 7,13.14.22; 8,15.32; 9,7) und sich geweigert, das Volk Israel ziehen zu lassen. Daraufhin verhärtete Gott sein Herz (2. Mo 9,12; vgl. Röm 9,17) und vollzog an ihm und seinem Volk das ganze Gericht.

Das, was für diese besonderen Fälle gilt, kann man auch auf alle Menschen ausdehnen, die ausnahmslos unter dem Zorn Gottes stehen: Gott begnadigt einige, aber manche verstockt er auch. Doch Gott verhärtet nur dann jemanden, wenn er ihm vorher Gelegenheit gegeben hat, Buße zu tun (vgl. Hiob 33,29.30). Dementsprechend werden nach der Entrückung auch nur die verhärtet werden, die das Evangelium gehört und abgelehnt haben (2. Thes 2,11.12).

In Römer 9,22 wird von „Gefäßen des Zorns“ gesprochen, die zum Verderben zubereitet sind. Wie ist dieser Vers zu verstehen?

Wer hat sie zum Verderben zubereitet? Gott? Das ist nicht möglich, denn dieser Vers sagt, dass Gott sie mit Langmut ertragen hat. Wozu sollte er das tun, wenn er sie zur Verdammnis bestimmt hatte? Dieser Vers spricht also offenbar davon, was die Menschen selbst durch ihre Sünden getan haben (vgl. Röm 2,5).

Von den „Gefäßen der Begnadigung“ hingegen heißt es in Vers 23, dass Gott sie zur Herrlichkeit zuvorbereitet hat. Wir können daher sagen: Die Herrlichkeit erreicht man ausschließlich durch Gottes Gnade und das Verderben ausschließlich durch eigene Schuld.

Das in diesem Zusammenhang oft angeführte neunte Kapitel des Römerbriefes gibt uns also keine Hinweise, dass Gott Menschen zur Verdammnis zuvorbestimmt hat. Dennoch lässt sich aus den Versen 19–21 dieses Kapitels entnehmen, dass selbst dann, wenn er es getan hätte, kein Mensch das Wort gegen ihn nehmen dürfte. Gott kann nämlich tun, was er will. Es ist gut, das im Auge zu behalten.

Hängt die Errettung nicht von dem Willen des Menschen ab (vgl. Off 22,17)? Wie lässt sich das mit einer Zuvorbestimmung durch Gott vereinbaren?

Man muss hierbei bedenken, dass kein Mensch von sich aus zu dem Herrn Jesus kommen will: „Da ist keiner, der Gott sucht“, lesen wir in Römer 3,11. Wenn jemand die Botschaft annimmt, dann deshalb, weil der Herr das Herz geöffnet hat (vgl. Apg 16,14).

Aus Epheser 2,1 lernen wir, dass die Ungläubigen tot in Sünden und Vergehungen sind. Kein Mensch kann diesen Zustand ändern, da nur Gott Leben aus dem Tod hervorbringen kann. Und das hat er bei den Auserwählten getan – sie wurden mit dem Christus lebendig gemacht (Eph 2,5). Sie sind das Werk Gottes, geschaffen in Christus Jesus (Eph 2,10).

Natürlich: Glauben ist auf der Seite des Menschen notwendig. Aber selbst der Glaube ist ein Gabe Gottes (Eph 2,8).

Wenn Gott nur bei den Auserwählten Glauben hervorruft, warum verdammt er dann die anderen Menschen?

Weil sie verantwortliche Geschöpfe sind. Sie haben gesündigt und wollten sich nicht retten lassen. Deshalb gehen sie verloren und nicht, weil sie nicht auserwählt sind.

Die Verantwortlichkeit des Menschen ist eben genauso hundert Prozent wahr wie die Souveränität Gottes. Diese zwei Linien können wir nicht zusammenbringen; sie laufen parallel nebeneinander her wie die Schienen eines Gleiskörpers. Wir sollten daher einfach beide Seiten anerkennen und alles (vgl. Lk 24,15) glauben, was die Schrift sagt:

Es ist wahr, dass Gott allen Menschen gebietet, Buße zu tun (Apg 17,30). Wenn er das befiehlt, dann kann dem auch jeder entsprechen und ist dafür verantwortlich.

Es ist auch wahr, dass die Buße ein Geschenk Gottes ist (Apg 5,31; 11,18). Niemand wird Buße tun, wenn Gott es nicht bewirkt.

Wenn ich weiß, dass Gottes Ratschluss feststeht, wird das dann nicht den evangelistischen Eifer ersticken?

Nein, nicht bei Christen, die wissen, dass sie gehorsam sein müssen. Wenn wir den Auftrag haben, die gute Botschaft weiterzugeben (2. Kor 5,20; 2. Tim 1,8 usw.), dann sollten wir das auch tun und nicht über den Ratschluss Gottes grübeln. So können wir zu Werkzeugen werden, die Gott benutzt, um seinen Vorsatz zu erfüllen.

Es ist dabei notwendig, ein Zeugnis für alle zu sein, da wir nicht wissen, wer zu den Auserwählten gehört. Und selbst das Zeugnis denen gegenüber, die sich nicht bekehren, ist nicht sinnlos. Denn an dem Tag des Gerichts wird die Gerechtigkeit Gottes verherrlicht werden, wenn deutlich wird, wie oft die Ungläubigen die Rettung verschmäht haben.

Wäre es ein Fehler, mit den Ungläubigen über die Auserwählung zu sprechen?

Auf jeden Fall! Es würde die Gleichgültigen noch gleichgültiger und die Ängstlichen noch ängstlicher machen. Manche Ungläubige sind in Not gekommen, weil sie meinten, wissen zu müssen, ob sie auserwählt sind, um sich bekehren zu können. Doch Gott hat nicht offenbart, wen er auserwählt hat. Was er offenbart hat, ist, dass Sünder errettet werden können (vgl. 1. Tim 1,15). Darauf darf sich jeder stützen, der nach dem Heil verlangt.

Wenn jemand zum Glauben gekommen ist, wissen wir, dass er zu den Auserwählten gehört (vgl. 1. Thes 1,4). Dann ist der Zeitpunkt gekommen, ihm mit diesem „Familiengeheimnis“ der Kinder Gottes vertraut zu machen.

Schlussgedanken

Es ist für jeden Gläubigen sehr wichtig, die Tatsache der souveränen Auserwählung zu kennen und zu verstehen (soweit uns Menschen das natürlich überhaupt möglich ist). Denn dadurch werden wir davor bewahrt, uns selbst irgendeinen Verdienst zuzuschreiben. Auch  die Frage nach der Heilssicherheit der Gläubigen ist sofort in einem positiven Sinn geklärt.

Ja, wir werden zu Anbetung geführt, wenn wir bedenken, dass Gott es vor Grundlegung der Welt im Herzen hatte, dich und mich bei sich in der Herrlichkeit zu haben.

„Was ist dein Knecht, dass du dich zu einem toten Hund gewandt hast, wie ich einer bin?“ (2. Sam 9,8).