Können Gläubige verloren gehen? (1)

Die Frage, ob ein Gläubiger verloren gehen kann, hat wohl jeden Christen schon einmal beschäftigt. In diesem Artikel wollen wir einige Bibelstellen zu diesem Thema beleuchten, um unsere Füße (wieder neu) auf den Felsengrund des Wortes Gottes zu stellen.  

Ein Wort vorab 

Ich möchte gleich zu Anfang sagen, dass ich an die ewige Sicherheit der wahren Christen glaube. Allerdings glaube ich nicht an die ewige Sicherheit derer, die sich nur Christen nennen. Es gibt zweifellos viele, die zu Jesus „Herr, Herr“ sagen, und dennoch für ewig von Ihm weichen müssen (Mt 7,21–23).

Was macht einen wahren Christen aus? Die Taufe, die Teilnahme am Abendmahl oder die guten Werke? Nein, das gehört zwar zu dem Leben eines Christen, aber Christ wird man dadurch nicht. Dazu ist es notwendig, dass man sich als verlorener Sünder im Licht Gottes erkennt, Gott seine Schuld bekennt und den Herrn Jesus als seinen Retter annimmt. Wer das getan hat, ist ein Kind Gottes und muss sich nicht mehr fürchten, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen (1. Joh 5,12.13).

Doch leider haben viele Kinder Gottes genau diese Angst. Sie glauben, dass sie verloren gehen, wenn sie nicht treu sind. Solche möchte ich herzlich einladen, (noch) einmal in Ruhe ihre Position zu überdenken. Und wie großartig wäre es, wenn die Liebe Gottes sie dahin führen könnte, die unnötige Furcht vor dem Gericht abzustreifen (vgl. 1. Joh 4,17.18)!

Viele Leser werden gewiss überzeugt sein, dass Gläubige nicht verdammt werden können. Aber auch für sie ist es nützlich, sich mit diesem Thema zu beschäftigen, um die eigene Überzeugung zu festigen und wieder neu unter den Eindruck des gewaltigen Heils Gottes zu kommen. 

Klar ist, dass es keinen goldenen Mittelweg geben kann: Entweder können Gläubige verloren gehen, oder sie können es nicht. Sollte sich Gott in seinem Wort denn nicht klar genug mitgeteilt haben? Es mag sein, dass wir nicht verstehen können, wie verschiedene Bibelstellen übereinstimmen, aber wir dürfen gewiss sein, dass sie es tun. Gottes Wortes redet deutlich und widerspricht sich nicht.           

Die Segnungen eines Christen  

Wer in echter Umkehr und im Glauben zum Herrn Jesus kommt, den überschüttet Gott mit Segnungen. Und diese Segnungen genießt man nicht heute, verwirkt sie morgen und erfreut sich ihrer wieder an dem darauf folgenden Tag. Nein, die Segnungen der Christen sind ewig – und drei davon wollen wir uns ein bisschen näher ansehen. 

Vergebung der Sünden   

Gott hat die Sünden der Gläubigen von ihnen entfernt so weit der Osten ist vom Westen; Er hat sie „in die Tiefen des Meeres geworfen“ (Ps 103,112; Mich 7,19). Ihrer Sünden und ihrer Gesetzlosigkeiten wird Gott nie mehr gedenken (Jer 31,34). Das Blut Jesu Christi hat uns von jeder Sünde gereinigt (1. Joh 1,7). Wie sollte ein Gläubiger jemals noch für seine Sünden gestraft werden können?

Hier wird manchmal eingewendet: Gott vergibt nur die Sünden, die wir Ihm bekennen. Wer versäumt, einen Teil seiner Sünden aufzudecken, bleibt dieser Vergehen schuldig. Doch wenn das wahr wäre, könnte niemand gerettet werden! Denn kein Einziger hat wirklich alle seine Sünden Gott bekannt. Weil niemand alle kennt. Wer Gott aufrichtig und rückhaltlos seine Schuld bekannt hat, empfängt volle Vergebung und wird von aller Ungerechtigkeit gereinigt (vgl. Lk 18,13.14; 1. Joh 1,9).

Außerdem: Als Christus die Sünden der Gläubigen auf dem Holz trug (1. Pet 2,24), waren das alle ihre Sünden. Wenn die Strafe zu unserem Frieden auf Ihm lag (Jes 53,5), können wir nicht mehr bestraft werden. Denn Gott richtet nicht zweimal dieselben Sünden. Das wäre ungerecht – und Gott ist vollkommen gerecht.

Das Geschenk des ewigen Lebens 

Wer an den Sohn glaubt, empfängt ewiges Leben (Joh 3,36). Dieses Leben kann nicht sterben oder vernichtet werden, denn dann wäre es kein ewiges Leben. Aber es kann auch einem Glaubenden nicht wieder abgenommen werden. Denn das ewige Leben ist nicht ein Geschenk, das wir sorgfältig bewahren müssen, damit es uns nicht abhanden kommt. „Unser Leben“, sagt Paulus in Kolosser 3,3, „ist verborgen mit dem Christus in Gott.“ Wenn wir dieses Leben verlören, müsste Christus es auch verlieren. Sollten wir verloren gehen, müsste auch Er – was absolut undenkbar ist! – verloren gehen. 

Johannes 5,24 zeigt, dass der, der zum Glauben kommt, von dem Tod in das Leben übergeht. Das ganze Sein eines Menschen wird völlig verändert, wenn er neues Leben empfängt. Das kann nicht einfach wieder rückgängig gemacht und später (vielleicht) wiederholt werden. So wie wir nur einmal eine natürliche Geburt erlebt haben, so können wir auch nur einmal von neuem geboren werden (Joh 3,7). 

Die Gabe des Heiligen Geistes  

Wer an das Evangelium des Heils glaubt, wird mit dem Heiligen Geist versiegelt (Eph 1,13). Der Geist ist der Garant dafür, dass wir unser Erbe antreten und die Erlösung des Leibes empfangen werden (Eph 1,14; Eph 4,30). Er wird bei uns bleiben in Ewigkeit (Joh 14,16). Wenn der Geist ewig bei den Gläubigen bleibt, wie können sie dann je in den Feuersee geworfen werden?

Um zu „beweisen“, dass Christen den Geist verlieren können, werden häufig die Worte Davids aus Psalm 51,13 angeführt: „Den Geist deiner Heiligkeit nimm nicht von mir!“ Dabei übersieht man jedoch, dass zur Zeit des Alten Testaments der Heiligen Geist nicht in den Gläubigen wohnte, sondern wirkte. Die Bitte Davids zielte also darauf ab, dass der Geist Gottes in seiner Wirksamkeit nicht von ihm wich, wie das bei dem ungläubigen König Saul der Fall gewesen war (1. Sam 16,14).

Der Ratschluss und das Werk Gottes  

Die Errettung eines Menschen basiert auf dem ewigen Ratschluss Gottes und ist allein ein göttliches Werk. Wenn wir das erfassen, erübrigt sich tatsächlich die Frage, ob ein Gläubiger verloren gehen kann.

Gott hat die Christen vor der Grundlegung der Welt auserwählt und sie zuvor bestimmt zur Sohnschaft (Eph 1,4.5). In der Zeit beruft Er die Auserwählten mit heiligem Ruf und in der Zukunft wird Er sie in der Herrlichkeit vollenden (2. Tim 1,9; 2. Thes 2,13.14).

In Römer 8,29–30 wird der Ratschluss Gottes gezeigt. Wir sehen dort fünf Glieder einer unzerstörbaren Kette. Gott hat die Gläubigen erstens zuvor erkannt. Damit ist gemeint, dass Er seine Aufmerksamkeit und Liebe auf diese Personen gerichtet hat, die Er in der Ewigkeit auch zuvor bestimmt hat, dem Bild seines Sohnes gleichförmig zu sein. In der Zeit hat Er sie berufen – und weil der Ruf Sünder erreicht hat, auch gerechtfertigt. Und schließlich wird Er sie verherrlichen. Es ist auffallend, dass im Bibeltext die Vergangenheitsform benutzt wird: „diese hat er auch verherrlicht“. : Das, was Gott sich vorgenommen hat, ist so gewiss wie die Dinge, die bereits vergangen sind, selbst wenn die Ausführung noch in der Zukunft liegt.

Das ist also die fünfgliedrige Kette: zuvor erkannt – zuvor bestimmt – berufen – gerechtfertigt – verherrlicht. Ist es denkbar, dass diese Kette zerrissen wird? Sollte jemand, den Gott zuvor bestimmt hat, nicht berufen werden? Und sollte jemand, den Gott gerechtfertigt hat, nicht verherrlicht werden? Wer sollte imstande sein, den Plan Gottes zu vereiteln? Wer hat die Macht, das Werk Gottes, das er in Christus Jesus gemacht hat, zu zerstören (Eph 2,10)?

Die Kronzeugen der Heilssicherheit 

Im Anschluss an die Entfaltung des Ratschlusses Gottes in Römer 8,29–20, finden wir Verse, die sehr deutlich die Heilssicherheit eines Gläubigen bezeugen. Niemand kann uns anklagen oder verdammen (Vers 31–34). In Römer 8,35–39 erforscht Paulus Raum und Zeit, um etwas zu finden, was einen Gläubigen von Gott scheiden kann – und kommt mit leeren Händen zurück. Wir bleiben ewig Gegenstände der Liebe Gottes.

Hier wird gern eingewendet, dass diese Zusagen nur gelten, wenn wir bei Christus bleiben und nicht einen Weg der Ungerechtigkeit wählen. Darauf möchte ich entgegnen: Ist das alles nicht in den Begriffen „Leben“ oder „Gegenwärtiges“ eingeschlossen? Doch, ganz gewiss! Es kann uns wirklich nichts (!) von der Liebe Gottes scheiden.

In Johannes 10,27–29 finden wir eine weitere sehr wichtige Stelle für unser Thema: „Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie, und sie folgen mir; und ich gebe ihnen ewiges Leben, und sie gehen nicht verloren in Ewigkeit, und niemand wird sie aus meiner Hand rauben. Mein Vater, der sie mir gegeben hat, ist größer als alles, und niemand kann sie aus der Hand meines Vaters rauben.“ In diesen Versen finden wir keine Bedingung, Aufforderung oder Ermahnung, sondern es werden sieben Tatsachen vorgestellt:

  • Die Schafe hören die Stimme des guten Hirten.
  • Der gute Hirte kennt seine Schafe.
  • Die Schafe folgen dem guten Hirten.
  • Der Hirte gibt ihnen ewiges Leben.
  • Die Schafe gehen in Ewigkeit nicht verloren.
  • Niemand wird die Schafe aus der Hand des Hirten rauben.
  • Niemand kann die Schafe aus der Hand des Vaters rauben.

Im Blick auf die letzten beiden Punkte wird behauptet, dass sie Gläubigen lediglich Gewissheit geben, durch keine Macht von außen geraubt werden zu können, dass sie aber durchaus in der Lage sind, sich selbst den mächtigen Händen des Vaters und des Sohnes zu  entwinden. Doch es heißt nicht: „sie gehen nicht verloren in Ewigkeit, denn niemand wird sie aus meiner Hand rauben“, sondern „und niemand wird sie aus meiner Hand rauben“. Dass Gläubige nicht geraubt werden können, ist also nicht eine Begründung, sondern eine weitere Tatsache, die für die „Schafe“ gilt. Deutlicher kann es nicht gesagt werden: „Und sie gehen nicht verloren in Ewigkeit.“ Außerdem ist die Frage berechtigt, ob ein Gläubiger mehr Macht hat als alles andere im Universum Gottes? Sollte es ihm wirklich gelingen, sich aus der Hand des guten Hirten und des großen Vaters im Himmel zu entreißen? Sind wir stärker als der Sohn und der Vater? Wird Gott es erlauben, dass diese Schmach auf seinen Sohn fällt (denn es ist eine Schmach für einen Hirten, wenn er ein Schaf verliert)?

In Hebräer 10,11–18 finden wir einen Abschnitt, der an Klarheit kaum zu überbieten ist. Der Schreiber zeigt zunächst, dass die Schlachtopfer, die in Israel dargebracht wurden, niemals Sünden wegnehmen konnten (Vers 11). Christus aber hat, nachdem Er ein Schlachtopfer dargebracht hat, sich für immerdar gesetzt zur Rechten Gottes (Vers 12). Christus wird nie mehr aufstehen, um Sühnung für Sünden zu bewirken, weil das völlig geschehen ist. „Denn mit einem Opfer hat er auf immerdar vollkommen gemacht, die geheiligt werden“ (Vers 14). Christen wird nie mehr irgendeine Sünde angerechnet werden, denn ihrer Sünden und Gesetzlosigkeiten wird Gott nie mehr gedenken (Vers 17). Gläubige sind auf immerdar vollkommen gemacht! Wie sollten sie in der Hölle enden? Sollte Gott sein Versprechen brechen und ihnen ihre Schuld doch noch zur Last legen?

Derartige Aussagen der Schrift werden regelmäßig dadurch abgeschwächt, dass man auf das praktische Leben verweist. Denn in der Praxis sind wir alles andere als vollkommen. Wir straucheln oft (Jak 3,2). Aber in Hebräer 10,14 geht es um unsere Stellung – und die ist ewig sicher. Unsere Beziehung zu Gott ist unzerstörbar. Es ist sehr wichtig, dass wir klar unterscheiden zwischen dem Zustand (der Praxis) und der Stellung eines Christen, um vor falschen Schlussfolgerungen bewahrt zu bleiben.

Weitere Stellen zur Heilssicherheit 

Um den Rahmen dieser Arbeit nicht zu sprengen, werden nachfolgend nur einige Punkte angerissen, die direkt oder indirekt klar machen, dass jeder wahre Christ das himmlische Ziel erreichen wird:

  • Gottes Wort versichert uns ohne Wenn und Aber, dass Gläubige nicht gerichtet werden (Röm 5,6–11; Röm 8,1; Joh 3,18; Joh 5,24).
  • Christen können mit absoluter Gewissheit von ihrer herrlichen Zukunft sprechen (Röm 8,11.18; 1. Kor 15,49.58; 2. Kor 4,14; 2. Kor 5,1; Kol 3,4; 2. Tim 4,18; 1. Joh 3,2).
  • Gott vollendet das, was Er angefangen hat (Phil 1,6; 1. Thes 5,23–24; 1. Kor 1,8–9).
  • Gott stellt sich in seiner Treue bedingungslos auf unsere Seite (2. Thes 3,3: Heb 13,5).
Gnade und Verantwortung  

Wenn wir die bisher behandelten Stellen überdenken, werden wir von der gewaltigen Gnade Gottes beeindruckt. Es ist nur Gnade, die einen Christen in den Himmel bringt. Und zwar Gnade zu 100%. Paulus schreibt: „Wenn aber durch Gnade, so nicht mehr aus Werken; sonst ist die Gnade nicht mehr Gnade“ (Röm 11,4). Gnade ist absolut. Wir können ihr keine Werke hinzufügen – auch keine Werke, die wir als Christen tun. Es ist nicht Gnade und unser Ausharren, es ist nicht Gnade und unsere Treue usw., sondern einfach nur Gnade.

Auf der anderen Seite betont das vollkommene Wort Gottes aber auch unsere Verantwortung. Wer den Herrn Jesus kennt, ist verpflichtet, nach seinem Wort zu leben. Der unsichtbare Glaube muss sich durch sichtbare Werke erweisen. Nur vom Glauben zu reden, genügt nicht (Jak 2,17–18). Ich hörte einmal einen unbesonnenen Christen zu Ungläubigen sagen: „Auch wenn ich einen umbringen würde, würde ich trotzdem in den Himmel kommen.“ Er wollte damit die Gnade Gottes unterstreichen, beging aber einen entscheidenden Fehler: Er berücksichtige nicht das, was die Bibel sagt. Sie erklärt, dass ein Menschenmörder kein ewiges Leben hat (1. Joh 3,15). Und überhaupt finden wir in der Bibel keinen Hinweis darauf, dass wir leben können, wie wir wollen, und trotzdem das Ziel erreichen werden. Nein, der Weg der Sünde ist der Weg zur Hölle. Wer nach dem Fleisch lebt, wird sterben (Röm 8,13).

Derartige Warnungen des Wortes Gottes dürfen auf keinen Fall relativiert, verharmlost und abgeschwächt werden. Sie sollen in ihrer ganzen Kraft auf das Gewissen einwirken. Dennoch sind sie nicht dazu da, um wahre Gläubige, die auf den Felsen gebaut haben, in Zweifel und Ängste zu stürzen. Das soll uns im nächsten Heft besonders beschäftigen. Im zweiten Teil der Arbeit werden die Einwände behandelt, die man gegen die Ansicht vorbringt, dass Gläubige nicht verloren gehen können. 

[Dieser Artikel erschien in der Monatszeitschrift „Folge mir nach“, www.folgemirnach.de]