Christus rief am Kreuz: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“

Wenn Christen über diesen heiligen Ausruf ihres Herrn nachdenken und darüber sprechen, werden nicht selten zwei Aussagen getroffen, die wir etwas näher im Licht der Schrift betrachten wollen:

1.)    Christus wurde am Kreuz von Gott verlassen. Und wenn er von Gott verlassen wurde, dann wurde er auch von dem Vater verlassen. Denn Gott und der Vater sind eine Person. Darum können wir auch davon sprechen, dass der Herr Jesus vom Vater am Kreuz verlassen wurde.

2.)    Christus sprach am Kreuz davon, dass er von Gott verlassen wurde. Wir sehen hier Christus als Mensch – denn nur als Mensch hatte er einen Gott. Er wurde also als Mensch von Gott verlassen; aber als Sohn war er immer im Schoß des Vaters und genoss seine Gemeinschaft.

Was ist nun richtig? Beides klingt nachvollziehbar. Aber mir scheint, dass es am besten ist, wenn wir gar nicht versuchen, derartige Erklärungen vorzunehmen. Umso erhabener das Thema ist, desto mehr sollten wir uns, denke ich, an den Wortlaut der Schrift klammern.

Die Schrift sagt in der Tat nicht, dass der Herr am Kreuz von dem Vater verlassen wurde. Und darum sollten wir es auch nicht tun. Die Gefahr ist, dass wir in Gedanken ein Band zwischen den Personen der Gottheit trennen, das einfach unzertrennbar ist.

Aber das bedeutet nicht, dass wir die Gemeinschaft zwischen dem Vater und dem Sohn in die drei Stunden hineinbringen sollten. Die Gefahr ist groß, dass wir, sicher unbewusst und ungewollt, die Leiden des Herrn in unseren Gedanken abschwächen („Er war zwar von Gott verlassen, aber doch in Gemeinschaft mit dem Vater“.)

Ich will nicht Worte sezieren – aber wir wollen uns doch gegenseitig helfen, uns immer wieder neu an dem auszurichten, was die Schrift uns sagt, und nicht hinter dem zurückzubleiben, was sie uns offenbart, aber auch nicht darüber hinauszugehen.

Der Herr Jesus wurde am Kreuz von Gott verlassen. Belassen wir es doch einfach bei dieser Aussage. Und lassen wir uns davon auch immer wieder neu beeindrucken! Wir dürfen uns an viele Gedanken gewöhnen, aber nicht daran, dass der Herr Jesus für uns dort verlassen wurde!