Rationalismus und Ritualismus sind zwei große Gefahren, die früh in die Kirche eingedrungen sind und großen Schaden verursacht haben. Schon bei den Kolossern wirkten diese Elemente. Paulus schrieb: „Gebt Acht, dass nicht jemand da sei, der euch als Beute wegführt durch die Philosophie [das steht mit Rationalismus in Verbindung] und durch eitlen Betrug, nach der Überlieferung der Menschen, nach den Elementen der Welt, und nicht nach Christus [Betrug, Überlieferung, Elemente der Welt = Ritualismus]“ (Kol 2,8).

Beim Rationalismus geht es besonders um den Verstand. Er wirkt deshalb gerade besonders anziehend für solche, die gerne etwas hinterfragen und mit Vorliebe etwas Neues hören. Wir denken an die Bibelkritik, die Entmythologisierung und an philosophische Strömungen, die die biblisches Gedankengut aufgreifen und doch gleichzeitig die göttliche Autorität der Bibel unterminieren. Rationalisten fallen dadurch auf, dass sie etwas kritisieren und verleugnen.

Der Ritualismus ist mehr etwas für das Gefühl. Es spricht speziell diejenigen an, die sich gerne in gewohnten Bahnen bewegen und Gefallen haben an äußerer Frömmigkeit. Wir denken an großartige (?) Kirchengebäude, an die Priester in der Kirche mit ihren glänzenden Gewändern, an Liturgien und an vieles andere mehr. Ritualisten fallen dadurch auf, dass sie von ihrer Sache schwärmen.

Was ist zu tun? Paulus wehrt beide Angriffe ab, indem er auf den Herrn Jesus hinweist, und auf das, was er bewirkt hat. Er ist die vollkommene Offenbarung Gottes und ihm sind wir vollendet (Kol 2,9–10) – was bedürfen wir da noch die Gedankengebäude der Menschen? Wir haben in Christus die Wirklichkeit, die Substanz, die Erfüllung – warum sollten wir uns dann wieder zu den Schatten wenden, die wir im Alten Testament finden (Kol 2,11–23)? (Paulus ging es damals zunächst um die judasierenden Lehrer, also um solche, die „jüdische Elemente“ in das Christentum hineinbringen wollten – die Beschneidung, das Halten der Gebote, das Beobachten des Sabbats usw. Auch wenn das buchstäblich heute eher selten gefordert und gefunden wird, ist es doch wahr, dass sich „jüdische Elemente“ – also ein äußerlicher, zeremonieller Gottesdienst usw. – in der Christenheit breitgemacht haben. Der Hinweis auf die Gefahr des Ritualismus ist daher immer noch hochaktuell).

Hüten wir uns vor solchen Strömungen! Nicht nur bei den offensichtlichen Dingen, sondern auch in den feinen Anfängen. Vielleicht haben wir damit mehr zu tun, als wir denken, und haben es nur nicht gemerkt ...