In Kolosser 2,18 ist davon die Rede, dass jemand seinen eigenen Willen in Demut tut. Mit dieser Demut ist ganz offensichtlich nicht eine christliche Tugend – so wie an vielen anderen Stellen – gemeint, sondern eine Karikatur dessen, was Gott bei Christen sehen möchte. Es ist eine falsche Demut. Im konkreten Zusammenhang geht es in Kolosser 2 um die Anbetung von Engeln, aber ich denke, wir dürfen als Grundsatz herausschälen und sagen: es gibt eine falsche Demut.

So wird Faulheit in der Arbeit für den Herrn schon mal unter dem Deckmantel der Demut verborgen. Ebenso Gleichgültigkeit gegenüber dem Bösen. Oder auch Tiefstapelei, die in Wirklichkeit Hochstapelei sein kann.

Es ist zwar nicht meine Gewohnheit, weltliche Dichter ins Feld zu führen, aber der Humorist Wilhelm Busch hat das einmal so trefflich ausgedrückt, dass ich es mir nicht verkneifen kann, es hier zu bringen:

Die Selbstkritik hat viel für sich.
Gesetzt den Fall, ich tadle mich,
So hab' ich erstens den Gewinn,
Daß ich so hübsch bescheiden bin;

Zum zweiten denken sich die Leut,
Der Mann ist lauter Redlichkeit;
Auch schnapp' ich drittens diesen Bissen
Vorweg den andern Kritiküssen;

Und viertens hoff' ich außerdem
Auf Widerspruch, der mir genehm.
So kommt es denn zuletzt heraus,
Dass ich ein ganz famoses Haus.

Gut beobachtet! Wer sich selbst kritisiert, kann dafür viele scheinheilige Gründe haben. Prüfen wir uns einmal (und nicht den anderen!), ob das nicht auch bei uns manchmal gefunden wird.