Der Psalm 27 stellt uns in schöner Weise die Erfahrungen eines Gläubigen vor, der, inmitten aller Prüfungen, mit völliger Einfalt der Augen und mit völligem Verlangen auf den Herrn blickt.

Er beginnt mit der Erfahrung, dass man in dem Herrn eine unerschöpfliche Hilfsquelle angesichts jeder Form des Widerstands findet (Verse 1–3). Dann lernen wir das verborgene Verlangen des Herzens des Psalmisten nach dem Herrn (Vers 4) und sein Vertrauen auf den Herrn (Verse 5–6) kennen. Wir hören sein Gebet zu dem Herrn (Verse 7–12); und schließlich sehen wir, wie er darauf wartet, das Gute des Herrn im Land der Lebendigen zu sehen (Verse 13–14).

Der Herr ist die Hilfsquelle für den Gottesfürchtigen

Verse 1–3: In allen Schwierigkeiten und Prüfungen findet die gottesfürchtige Seele in dem Herrn ihre unerschöpfliche Hilfsquelle. Der Herr ist ihr „Licht“, ihr „Heil“ und ihre „Stärke.”

Mitten in der herrschenden Finsternis gibt der Herr nicht nur Licht, sondern Er ist Licht. Der Christ kann sagen, dass der Herr den Weg beschritten hat und dem Widerspruch der Sünder begegnet ist und ein vollkommenes Beispiel gegeben hat, in welcher Gesinnung dem Widerstand begegnet werden muss. Darüber hinaus kann der Herr auch befreien, und Er wird am Ende auch von jedem Feind befreien. In der Zwischenzeit ist der Herr unsere Stärke und trägt uns durch alle Prüfungen des Lebens hindurch.

Mit dem Herrn als Hilfsquelle kann der Gläubige sagen: „Vor wem sollte ich mich fürchten?” Wir können von einzelnen Feinden bedrängt werden oder von einem ganzen Heer von Feinden oder durch „Krieg“, d.h. durch anhaltende Feindschaft auf jedem Schritt unserer Reise. Aber das Herz muss sich nicht fürchten und die Seele muss ihr Vertrauen nicht verlieren, denn wir haben den Herrn als unser Licht, unser Heil und unsere Stärke.

Verlangen nach dem Herrn

Vers 4: Hinter diesem Vertrauen verbirgt sich das aufrichtige Verlangen nach dem Herrn. Der Psalmist trachtet vor allem anderen danach, im beständigen Bewusstsein der Gegenwart des Herrn zu leben – zu wohnen im Haus des Herrn alle Tage seines Lebens, um anzuschauen die Lieblichkeit des Herrn und von Ihm zu lernen. Aus neutestamentlicher Sicht ist das Eine, nach dem der Psalmist trachtete das Teil, das Maria erwählte – zu den Füßen des Herrn zu sitzen und Seine Worte zu hören.

Vertrauen auf den Herrn

Verse 5–6: Verbunden mit dem Verlangen nach dem Herrn ist Vertrauen auf den Herrn nötig. Wenn der Herr mein Heil ist, wird Er mich verbergen vor allen Feinden. Wenn Er meine Stärke ist, wird Er mich im Verborgenen Seines Zeltes verbergen, das fest auf einen Felsen gegründet ist. Und zu Seiner Zeit wird Er mein Haupt erhöhen über alle meine Feinde zu Seiner eigenen Herrlichkeit und Ehre.

Gebet zu dem Herrn

Verse 7–12: In dem Gebet sehen wir die Herzensübung dieses gottesfürchtigen Mannes in der Gegenwart des Herrn. Angesichts der Feinde erkennt er die Stärke des Herrn; in der Gegenwart des Herrn ist er sich seiner eigenen Schwachheit und Sünde bewusst, weshalb er den Zorn des Herrn fürchtet. Gleichwohl lernt er das Böse seines eigenen Herzens in der Gegenwart der Gnade kennen, die diesem allen begegnen kann, denn der Herr hat zu ihm gesagt: „Suchet mein Angesicht.“ Genauso entdeckte Petrus in den Tagen unseres Herrn, dass er ein sündiger Mensch ist in der Gegenwart des Einen, dessen Herz voller Gnade für einen Menschen voller Sünde ist (Lk 5,8).

Zweitens betet er, ermutigt durch die Aufforderung „suchet mein Angesicht”, dass der Herr Sein Angesicht nicht verbergen möge – dass ihm das Bewusstsein erhalten bleiben möge, dass das Wohlgefallen des Herrn auf ihm ruht. Es ist eine Sache für den Christen zu wissen, dass er begnadigt ist in dem Geliebten und dass er in der Gunst Gottes steht; es ist eine andere Sache, in dem festen Bewusstsein dieser Gunst auch zu leben.

Drittens wünscht er, dass, wie der Herr in vergangenen Zeiten seine Hilfe gewesen ist, Er ihn auch in kommenden Tagen nicht lassen noch verlassen möge, selbst wenn die ihn verlassen sollten, die ihm auf der Erde am nächsten stehen. Der Christ, der erkennt, dass der Herr gesagt hat, „Ich will dich nicht versäumen noch dich verlassen,“ kann „kühn sagen“: „Der Herr ist mein Helfer, und ich will mich nicht fürchten; was wird mir ein Mensch tun“ (Heb 13,5–6).

Viertens wünscht er, über den Weg des Herrn belehrt zu werden. Es ist nicht irgendein Weg, den er begehrt, sondern er betet „Lehre mich, Herr, deinen Weg“, indem er erkennt, dass der Herr Seinen Weg für Sein Volk durch diese Welt hat.

Fünftens begreift er, dass es viele Feinde gibt, die versuchen, ihn von dem Weg des Herrn abzubringen, und deshalb wünscht er nicht nur über den Weg belehrt, sondern auch auf diesem Weg geleitet zu werden. Er sagt: „Leite mich auf ebenem Pfade um meiner Feinde willen!“ Wir benötigen Licht, um diesen Weg zu sehen, Glauben, um ihn zu beschreiten, und Gnade, um auf ihm bewahrt zu bleiben.

Sechstens betet er in dem Bewusstsein seiner eigenen Schwachheit angesichts seiner Feinde, dass der Herr ihn von der Gier der Feinde befreien möge, die ohne Gewissen falsch gegen ihn zeugen und ohne Herz Gewalttat schnauben.

Harren auf den Herrn

Verse 13–14: Auf sich allein gestellt wäre der gottesfürchtige Mann machtlos. Was hält ihn aufrecht? Der Glaube an das Gute des Herrn, der ihn in das Land der Lebendigen bringen würde. Als Christ kann ich sagen, dass die Gnade, die mir auf der Erde Rettung gebracht hat, mich auch in die Herrlichkeit des Himmels bringen wird. Um uns herum sehen wir das Böse des Menschen in einer Welt der Sünde und des Todes, aber der Glaube lebt in der Zuversicht, dass wir schon sehr bald das Gute des Herrn im Land der Lebendigen sehen werden. Deswegen dürfen wir mit Ruhe und Geduld Seine eigene Zeit abwarten.Daher heißt es: „Harre auf den Herrn!“ Allem, was uns auf dem Weg begegnen wird, können wir guten Mutes entgegensehen, denn der Herr wird uns zu Hilfe kommen, wenn wir auf Seinem Weg gehen. Er wird das Herz stärken. Deshalb, ob wir auf Gnade auf dem Weg hoffen, oder auf die letzte Gnade warten, die uns von dieser Welt des Todes befreien und in das Gute des Landes der Lebendigen bringen wird, lasst uns auf den Herrn harren, mit dem einfältigen Auge, das sagen kann: „Eines habe ich von dem Herrn erbeten, nach diesem will ich trachten: zu wohnen im Hause des Herrn alle Tage meines Lebens, um anzuschauen die Lieblichkeit des Herrn und nach ihm zu forschen in seinem Tempel.“

[Auszug aus „Scripture Truth, Volume 42 1965–7, Seite 285–285. Übersetzt von Marco Leßmann. Deutsche Erstveröffentlichung.]