Im Evangelium hat Gott sich als der große Geber offenbart. Er gab seinen Sohn. Auch der Glaube ist seine Gabe, genauso wie alle wunderbaren geistlichen Segnungen, in die uns der Glaube einführt. Dann gab er uns den Heiligen Geist, „um die Dinge zu kennen, die uns von Gott geschenkt sind“ (1. Korinther 2,12). Die Dinge sind uns gegeben, ja sogar „geschenkt“; aber wir müssen sie „kennen“ durch den Geist; nicht bloß etwas von ihnen wissen, sondern sie kennen in ihrer geistlichen Realität.

Zunächst hält der Glaube daran fest, dass die Dinge wirklich uns gehören. Die göttliche Tat des Gebens hat wirklich stattgefunden, wie es in der Heiligen Schrift bezeugt wird. Wir müssen aber nicht nur daran festhalten, dass die Dinge uns gegeben sind, sondern auch an den Dingen selbst, die uns durch den Heiligen Geist gegeben sind. Wir müssen beginnen, unsere Besitztümer auch in Besitz zu nehmen. Alles dieses wird uns bildlich in dem alttestamentlichen Bericht über Israel vorgestellt. Sie hatten das verheißene Land als Gabe Gottes empfangen, aber sie mussten es auch für sich in Anspruch nehmen, und das angesichts feindlicher Mächte; und in der Tat nahmen sie das Land nur Stück für Stück in Besitz. In 5. Mose 2 lesen wir, wie Mose das Volk auf seine diesbezügliche Verantwortung hinweist.

Nimm zwei Verse in diesem Kapitel zusammen, und die Sache wird sehr klar:

  • „Macht euch auf, brecht auf und zieht über den Bach Arnon. Siehe, ich habe Sihon, den König von Hesbon, den Amoriter, und sein Land in deine Hand gegeben; beginne, nimm in Besitz und bekriege ihn“ (Vers 24).
  • „Und der HERR sprach zu mir: Siehe, ich habe begonnen, Sihon und sein Land vor dir hinzugeben; beginne, nimm in Besitz, damit du sein Land besitzest“ (Vers 31).

Zwei Dinge sind also ganz sicher. Erstens hat Gott gegeben. Zweitens hat er auch begonnen zu geben. Der oberflächliche Leser ist vielleicht geneigt, Einspruch zu erheben, und wird zumindest verlangen, dass, wenn beide Aussagen akzeptiert werden sollen, die Verse in umgekehrter Reihenfolge stehen müssten. Gott hat doch erstens begonnen zu geben, bevor Er zweitens vollständig gegeben hat. Die Reihenfolge der Schrift ist jedoch die Richtige. Zuerst gibt er, sodass uns die Besitzrechte zustehen. Dann beginnt er praktisch und im Einzelnen zu geben, wenn wir beginnen, in Besitz zu nehmen.

Jetzt werden wir zweimal ermahnt: „Beginne, nimm in Besitz!“ Es gibt zwei Gründe, warum wir uns in Bewegung setzen und anfangen sollen, unsere Besitztümer in Besitz zu nehmen. Diese zwei Gründe werden hier illustriert.

Der Erste ist, dass uns die Besitzrechte zustehen. Sie tun es wirklich. Wenn sie uns nicht zuständen, wäre unsere Besitznahme völlig unberechtigt; ein bloßes Greifen nach Dingen, die uns nicht gehören. Und wie bei allen solchen gesetzlosen Vorgehensweisen, wird es uns ins Unglück stürzen. Aber weil uns die Besitzrechte durch göttliche Gabe zustehen, ist unsere Besitznahme keine anmaßende Übertretung, sondern die ruhige Gewissheit des Glaubens. Es ist die richtige und passende Antwort auf die Gabe Gottes.

Nehmen wir an, du hast eine Freundin, die du liebst und sehr schätzt. In dem Wunsch, deinen Gefühlen Ausdruck zu verleihen, kratzt du über lange Zeit dein sauer verdientes Geld zusammen und beschenkst sie schließlich mit einem teuren und schönen Kleid. Es macht dir große Freude es zu geben! Vierzehn Tage später jedoch schaust du unerwartet bei ihr vorbei und siehst das schöne Kleid auf einer Vogelscheuche flattern, die aufgestellt wurde, um den Kräutergarten vor Vögeln zu schützen! Wie fühlst du dich jetzt? Nicht über die Maßen verletzt und gedemütigt? Du hattest erwartet, die Empfängerin habe sich über das Geschenk gefreut und würde Gebrauch davon machen. Du dachtest, sie würde es als ihren Besitz ansehen und nicht auf den Misthaufen verbannen.

Hat Gott uns diese wunderbaren Dinge gegeben, damit wir sie zweckentfremden oder sogar wie ein im Schrank verwahrtes Kleid ungenutzt lassen, bis eine kommende Zeit anbricht? Die Frage verlangt nach einer Antwort. Gott hat uns die Dinge gegeben; aber wir müssen beginnen, sie in Besitz zu nehmen.

Der zweite Grund, warum wir uns in Bewegung setzen und anfangen sollen, in Besitz zu nehmen ist, dass Gott selbst beginnt zu geben, wenn wir beginnen, in Besitz zu nehmen. Wenn er nämlich nicht anfangen würde, in uns zu wirken, um uns praktischen Zugang zu unseren Besitztümern zu verschaffen, würden wir niemals Fuß darin fassen. In 4. Mose 14 lesen wir, wie Gott sagt, dass er wegen ihres Unglaubens weitere vierzig Jahre nicht beginnen würde, den Israeliten das Land zu geben. Trotzdem beharrte das Volk darauf zu beginnen, das Land in Besitz zu nehmen. „Hier sind wir und wollen zu dem Ort hinaufziehen“, sagten sie. Mose erwidert darauf: „Zieht nicht hinauf, denn der HERR ist nicht in eurer Mitte.“ Doch sie wollten nicht hören und waren so vermessen, trotzdem hinaufzuziehen. Das Ergebnis war, dass sie vollständig geschlagen wurden. Zu dieser Zeit hatte Gott, obwohl ihnen die Besitzrechte schon zustanden, noch nicht begonnen, ihnen das Erbteil zu geben und daher war ihr Versuch, „zu beginnen und in Besitz zu nehmen“, absolut aussichtslos.

Bei Moses Ansprache in 5. Mose 2 hatte die Stunde der Tat geschlagen. Gott hatte begonnen, in praktischer Weise zu geben, und sie begannen, in Besitz zu nehmen. Nun sind diese Dinge aber zu unserer Belehrung geschrieben. Was ist mit den Dingen, die uns von Gott geschenkt sind? Sie gehören uns, und jetzt ist es für uns an der Zeit, sie uns wirklich zu eigen zu machen. Das wird uns dadurch deutlich, dass Gott uns seinen Heiligen Geist gegeben hat, damit wir sie kennen und wirklich und glücklich besitzen. Schätzen wir sie? Geben wir uns dem Studium des Wortes Gottes hin, das uns die Dinge offenbart, und wandeln wir im Geist, damit wir in diesen Dingen auferbaut und befestigt werden?

Was hindert uns daran? Nur unsere menschliche Lethargie gepaart mit Liebe zur Welt. Dem bereits zitierten Vers 31 folgen die Verse 32 und 33: „Und Sihon zog aus, uns entgegen, er und sein ganzes Volk, zum Kampf nach Jahaz. Aber der HERR, unser Gott, gab ihn vor uns hin; und wir schlugen ihn und seine Söhne und sein ganzes Volk.“

Wenn wir beginnen, in Besitz zu nehmen, zeigt sich sofort Widerstand. Die alten Mächte geben sich nicht kampflos geschlagen. Es ist ein hartes Geschäft. Es bedeutet, zu vielen Dingen „Nein“ zu sagen, die uns eben nicht von Gott geschenkt sind. Es bedeutet Übungen und Konflikte und Schwierigkeiten. Aber das ist es alles wert. Die Freude des Sieges wird folgen: die Freude, ein wenig mehr von dem wirklich zu besitzen, was uns durch ein unanfechtbares Besitzrecht von Gott geschenkt wurde.

Gib dich nicht damit zufrieden zu wissen, dass es Dinge gibt, die uns von Gott geschenkt sind. Sei noch nicht einmal zufrieden damit, etwas über sie zu wissen. Strebe danach, sie durch den Geist, der dir gegeben wurde, wirklich kennenzulernen. Erlebe die Freude und Befriedigung eines in Besitz genommenen Besitzes.

[Übersetzt aus „Scripture Truth“ von Marco Leßmann]