In einer kleinen Serie wird ein längst vergriffenes Buch (“Schritte im Licht“) dem geneigten Leser vorgestellt. Man möge dabei bedenken, dass es ein ziemlich altes Buch ist, dass es niedergeschriebene Vorträge sind und nicht zuletzt, dass der Redner (Schreiber) die subjektive Seite des Christentum besonders betonte und manches Mal etwas merkwürdige Gedanken hatte.   

Hier steht vom Zugang zu Gott geschrieben. Alle Christen wissen, dass sie dem Gericht entgehen. Dem Gericht zu entkommen, ist sozusagen das einzig Wichtige.

Ich glaube nicht, dass im Allgemeinen die Lehre vom Zugang zu Gott sehr bekannt ist.

In Lukas 17 findest du ein Beispiel für das, was ich meine. Du erinnerst dich an die zehn Aussätzigen. Sie wurden alle geheilt. Sie waren alle entkommen. Aber nur einer nahte dem Herrn. Im Vorbild in 3. Mose 14 siehst du zunächst die Erleichterung für den Aussätzigen – es wurde ein Opfer zu seiner Reinigung dargebracht –, danach aber musste er ein sehr umfangreiches Verfahren durchmachen, bevor er Gott nahen konnte.

Nun, geliebte Freunde, ich möchte eure Herzen sehr stark für diese Wahrheit interessieren, dass es nämlich nicht nur ein Entrinnen gibt, sondern auch einen Zugang zu Gott. Sicherlich ist es wunderbar für uns Sünder, dass wir dem Gericht entgehen können – das ist unsere Seite der göttlichen Gnade. Aber denke nur, dass der glückselige Gott möchte, dass du ihm nahst. Daher sagt der Herr, als der eine Aussätzige zurückkehrte: „Sind nicht die zehn gereinigt worden? Wo sind die neun? Sind keine gefunden worden, die zurückkehrten, um Gott Ehre zu geben, außer diesem Fremdling?“

Nun wirst du natürlich fragen: Was war das Hindernis oder die Schwierigkeit? Davon werde ich gleich sprechen. Bevor ich aber von dem Hindernis spreche (welches das Verfahren einschließt), möchte ich dabei verweilen, dass wir ein Recht haben, Gott zu nahen, denn das ist die erste große Sache, von der wir in der Seele überzeugt sein müssen, und das finden wir in Lukas 17 als Beispiel. Der Herr hatte den Aussätzigen so gesegnet, dass er verpflichtet war, zu ihm zurückzukehren. Als er zurückkehrte, gab er zweifellos ein Vorbild für das, was wir durchzumachen haben, wenn wir ihm nahen. Er fällt auf sein Angesicht. Das ist das Verfahren. Ohne das kannst du ihm nicht nahen. Du kannst das Bewusstsein erlangen, vom Gericht errettet zu sein, ohne dich selbst aufzugeben. Aber du kannst nicht hinzutreten, ohne es zu tun. „Damit sich vor Gott kein Fleisch rühme“ (1. Korinther 1,29).

Nach dieser Einleitung, mit der ich hoffentlich euer Interesse für diese Betrachtung geweckt habe, möchte ich zuerst zeigen, dass die Stiftshütte uns begreiflich macht, welche Freude es für Gott bedeutet, uns in seiner eigenen Gegenwart zu haben. Hätte Israel keine Stiftshütte, sondern nur die Aussicht auf das Land gehabt, so wäre ihnen Wohltat und Glück vollkommen zuteilgeworden. Aber tatsächlich war auf dem Weg nach Kanaan die Stiftshütte da. Wir finden im Hebräerbrief, dass es sich für uns nicht um die Stiftshütte handelt, die Israel kannte, sondern um die wahrhaftige Hütte. Ich werde nicht zu ihr hinaufgeführt, sondern das Bewusstsein davon wird zu mir herabgebracht, damit ich die Freude erkenne, die Gott daran hat, mich in seiner Gegenwart zu haben.

So haben wir in Hebräer 10, 19 zuerst das Recht einzutreten. Wir haben „Freimütigkeit“, ein sehr starkes Wort, ein Wort, das man von einem entlassenen Sklaven benutzt; wir haben Freimütigkeit zum Eintritt in das Heiligtum. Das ist nicht nur ein Entkommen. Du magst entkommen und doch nie in das Heiligtum eintreten, so wie die neun Aussätzigen.

Ich möchte eucher Interesse für einen weiteren Punkt wecken, denn ich bin des darin enthaltenen Segens gewiss. Ich habe nicht nur ein Recht, in dieses Licht einzutreten, sondern ich erfahre auch, wie der Empfang ist, den mir derjenige bereitet, dem dieser Platz gehört. Wenn ich von dem Platz spreche, so meine ich den Zustand, der zu einem Platz gehört. „Das Heiligtum“ bedeutet im Hebräerbrief ja nicht einfach einen Platz, deswegen sage ich, du bist jetzt dort in der Gegenwart Gottes.

Wenn du dem Vorbild folgst, so war die Stiftshütte in der Wüste unter dem Volk. Das Gegenbild zeigt uns jetzt, dass wir in diesen Segen eingehen können, in seine lebendige Wirklichkeit, nicht im Bild, sondern durch den Geist Gottes. Obwohl ich noch nicht in den Himmel eingegangen bin, habe ich doch schon im Voraus Zugang zu Gott im Heiligtum gefunden. Einige mögen sagen: 0, wenn ich aber den Epheserbrief lese, so bin ich in die himmlischen Örter versetzt in Christus. Gewiss, aber das zeigt dir nur noch Größeres, und das gilt überhaupt für einen ganz anderen Zweck, den wir, so der Herr will, ein anderes Mal betrachten werden. Dort sollst du befähigt werden, eine wundervolle Darstellung des himmlischen Menschen auf dieser Erde zu sein. Dieses hier ist die Freude des Herzens im Bewusstsein der Nähe des glückseligen Gottes. Und deswegen ist das Allererste, das Recht einzutreten. Dort ist „Freimütigkeit zum Eintritt in das Heiligtum durch das Blut Jesu“. Das ist das Erste, geliebte Freunde. Ihr müsst ausdrücklich sagen: Ich habe das Recht hineinzugehen. Es ist oft gesagt worden, dass wir hier nicht über das Recht hinausgehen. Hier wird nicht betrachtet, was wir dort tun. Hier erreichen wir nicht Johannes 4, die Anbetung des Vaters. Hier wird nur dein Recht festgesetzt. Hier ist noch nicht einmal die Rede von der geheiligten Schar, obwohl das ohne Frage die einzige Schar ist, die überhaupt dort ist. Wir haben das Recht einzutreten, „wir haben Freimütigkeit zum Eintritt in das Heiligtum durch das Blut Jesu“.

Nun betrachte die Grundlage für dieses Recht zum Eintritt. Sieh Matthäus 27,50–51: „Jesus aber schrie wiederum mit lauter Stimme und gab den Geist auf. Und siehe, der Vorhang des Tempels zerriss in zwei Stücke, von oben bis unten; und die Erde erbebte, und die Felsen zerrissen.“

Ich möchte jetzt nicht viele Schriftstellen aufzählen, nur einen Hinweis darauf geben. Ihr erinnert euch an 3. Mose 16, den Tag der Versöhnung. Ich möchte nur anspielen auf das, was dort geschah. Das Blut wurde vom Hohenpriester hineingetragen, das Blut des Stiers und das Blut des Bockes. Das war zweierlei Blut, das Blut von zwei Tieren. Dies sollte den zweierlei Segen der zwei verschiedenen Scharen darstellen. Es gab die irdische und die himmlische Schar. Was wir jetzt betrachten, ist die himmlische Schar, das heißt die Schar, die dem Hohenpriester gleichgestellt ist. Das sind wir. Daher werden wir auch im Hebräerbrief von dieser Seite aus betrachtet.

Das Blut wurde hineingetragen in die Gegenwart der Majestät Gottes, und es wurde dort siebenmal auf den Gnadenstuhl gesprengt. Dies geschah, um eine Grundlage für Gott zu schaffen, uns dort zu empfangen. Der Hohepriester stellt sich selbst und sein Haus dar. Gott empfängt uns dort aufgrund seiner Wertschätzung des Blutes. Daher ist der Vorhang in dem gleichen Moment zerrissen, in dem Christus starb. Gott kann hervortreten und den Sünder umarmen. Niemand wird je fähig sein, die Wertschätzung zu erfassen, die Gott dem Blut Christi beimisst. Seiner eigenen Wertschätzung entsprechend verfährt er mit mir, nicht meiner Wertschätzung entsprechend. Möge doch dein Herz dies erfassen! Du kannst es kaum glauben, welche Ruhe das gibt. Seiner eigenen Wertschätzung des Blutes entsprechend verfährt er mit mir. Gewiss schätzen wir es, aber wir können nie sein Maß der Wertschätzung erreichen. Ich betone diesen Punkt besonders, geliebte Freunde – aufgrund seiner Wertschätzung des Blutes verfährt er mit mir. So wie Christus starb, in diesem allerwichtigsten Moment der Geschichte dieser Erde – du magst sagen, in dem dunkelsten Moment, wenn du es mit menschlichen Augen betrachtest –, in diesem Moment wurde der hellste Zeitabschnitt eröffnet, der dieser Erde je zuteilwurde. Alles legte von ihm Zeugnis ab. „Die Felsen zerrissen, und die Grüfte taten sich auf“ usw. Aber, geliebte Freunde, wer war der Erste? Gott! Möge das doch jedes Herz berühren! „Der Vorhang des Tempels zerriss in zwei Stücke, von oben bis unten.“ Dies geschah nicht nur, damit wir hineingehen können, sondern Gott konnte herauskommen, was etwas viel Größeres ist. Er, der Finsternis zu seinem Bergungsort machte, kann nun hervortreten. Was meinst du? Er kann hervorkommen aufgrund seiner eigenen Wertschätzung des Blutes und einen armen Verlorenen umarmen, selbst wenn „er noch fern ist“. Was in Liebe geschieht, geschieht schneller als das, was auf ein Bedürfnis antwortet. Verstehst du dies? Bedürftigkeit brachte den verlorenen Sohn zum Vater, aber Liebe trieb den Vater zu dem Verlorenen, und die Liebe war schneller als die Bedürftigkeit.

Auf der Grundlage dessen, was vollbracht worden ist, kann die Liebe alles tun, was ihr Freude macht. Gott, der Vater, kann den armen Sünder in seine Arme nehmen und ihn küssen. Er kann ihm sein Herz öffnen. Danke Gott dafür!

Der Vorhang zerriss von oben bis unten. Der Herr hat nun alles bereinigt. Da ist nicht mehr ein Opfer für die Sünde, denn er hat außerhalb des Tores gelitten. Ich wiederhole: Christus trug das Gericht, das auf dem verantwortlichen Menschen ruhte, und der verantwortliche Mensch verschwindet im Gericht. So haben wir jetzt „Freimütigkeit zum Eintritt in das Heiligtum durch das Blut Jesu auf dem neuen und lebendigen Weg, welchen er uns eingeweiht hat durch den Vorhang hin, das ist sein Fleisch“. Der Vorhang, das ist sein Fleisch, wurde zerrissen, um einen Weg für uns zu öffnen. Wie sollte es da noch einen Platz geben für dein Fleisch?

Es ist nicht notwendig, jetzt von fleischlichen Ordnungen zu reden. Öffnet eure Augen, geliebte Freunde, und erkennt in Gottes Gegenwart, was Gottes Heiligkeit ist, und ihr werdet das verstehen. Wenn der Vorhang, das ist Christi Fleisch, für mich zerrissen wurde, um einen Weg zu bereiten, auf dem ich hinzutreten kann, wie könnte es da einen Platz für den Menschen im Fleisch geben? Niemals! Das Fleisch ist weggetan, und ich bin froh, dass es weggetan ist. „Ich bin mit Christus gekreuzigt.“ Ich danke Gott, dass ich es bin, ich wünsche auch gar nicht, dass es wieder hervorkommt. „Von mir aber sei es ferne, dass ich mich rühme, als nur des Kreuzes unseres Herrn Jesu Christi, durch welchen mir die Welt gekreuzigt ist und ich der Welt“ (Galater 6,14).

Ich glaube, dass du nun die Grundlage für dein Recht erkennen kannst. Ich sage noch einmal, und ich möchte, dass dein Herz sich daran klammert: Wir haben dieses Recht aufgrund der Wertschätzung, die Gott selbst dem Blut Christi beimißt. Das ist voller Segen.

Ich denke, es ist dir nun klar, dass nun eine Grundlage für Gott geschaffen ist, die seinem Wesen entspricht, auf der er uns in seiner Gegenwart empfangen kann. Die Art und Weise des Empfangs hoffe ich ein anderes Mal zu betrachten.

Das Sündopfer geht nicht weiter, als dies Recht zu schaffen – es zeigt dir nicht, wie du empfangen wirst, sondern nur, dass du das Recht hast, empfangen zu werden. Das Gleichnis vom verlorenen Sohn geht weiter. Aber heute Abend möchte ich darauf nicht eingehen. Ich versuchte, dir klarzumachen, dass das Recht geschaffen wurde, in das Heiligtum einzutreten, denn wenn der heilige und glückselige Gott selbst bereit ist und glücklich ist, mich zu empfangen, wie gesichert muss dann mein Recht sein zu kommen!

Wir kommen nun zum zweiten Schritt, und der heißt: Worin besteht die Abneigung, warum tritt nicht jeder ein? Wenn es so einfach ist und wir alle das Recht haben, warum gehen wir nicht alle ein? Was hindert uns? Das ist eine sehr wichtige Frage. Ich habe schon auf die zehn Aussätzigen in Lukas 17 verwiesen. Nur ein Einziger von zehn überwand das Widerstreben, und um zu kommen, musste er niederfallen. „Er fiel aufs Angesicht zu seinen Füßen.“ Du magst wohl sagen:  Ich bin entkommen, ich bin von meinen Sünden befreit, ich werde durch religiöse Übungen trachten, Gott zu nahen. Aber das erfüllt nur einen religiösen Brauch. Darauf beschränkten sich die anderen neun. Und da befindet sich leider auch die weitaus größte Zahl der Christen heutzutage noch.

Der Samariter war wahrscheinlich nicht religiös erzogen, wie wir das nennen, aber er hatte die Gnade kennengelernt. Er konnte sagen: Ich bin jetzt befreit, und ich schulde dem, der mich befreite, gewiss die Anerkennung dafür, dass er mich befreite. Aber du wirst entdecken, was er auch entdeckte, dass er das Fleisch nicht in die Gegenwart Christi bringen konnte. „Damit sich vor Gott kein Fleisch rühme.“ Es gibt nichts, wovon ich täglich mehr überzeugt bin, selbst in meinen Gebeten, dass, wenn ein Hindernis da ist, wenn ein Stein vor dem Rad liegt, es das Fleisch ist. Es ist unser Ich in irgendeiner Form. Schlage Lukas 5 auf. Sieh Petrus, der seine Zeit und sein Vermögen für das Werk des Herrn hingab, bis er von Gottes Gegenwart gefesselt wurde. Dann war er bestürzt: „Er fiel zu den Knien Jesu nieder und sprach: Geh von mir hinaus, denn ich bin ein sündiger Mensch, Herr.“ Jede seiner Handlungen war zwar richtig, aber er konnte nicht im Fleisch hinzutreten. Sieh auch den verlorenen Sohn (Lukas 15). Der Vater küsste ihn, die Versöhnung hatte stattgefunden, aber er war nicht in Freiheit. Du magst wissen, dass deine Sünden vergeben sind und magst trotzdem nicht Gottes Gegenwart genießen.

So wie der verlorene Sohn magst du Versöhnung kennen, ohne zu erkennen, dass du passend bist für die Gegenwart Gottes. „Und er machte sich auf und ging zu seinem Vater. Als er aber noch fern war, sah ihn sein Vater und wurde innerlich bewegt und lief hin und fiel ihm um seinen Hals und küsste ihn sehr.“ Das ist die Versöhnung. Das ist die Antwort auf die Wirkung der Buße. „Der Sohn aber sprach zu ihm: Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir, ich bin nicht mehr würdig, dein Sohn zu heißen.“ Er ist nicht glücklich in der Gegenwart des Vaters, er muss 3. Mose 14 wirklich kennenlernen.

Du siehst, dass der Aussätzige dort zwei Waschungen durchzumachen hatte. Ich führe das jetzt nicht weiter aus, sondern ich verweise nur auf die Schrift. Eine Waschung musste er durchmachen, um ins Lager zu kommen, an den Platz der göttlichen Regierung. Nachdem er sich dort sieben Tage aufgehalten hatte, musste er eine weitere Waschung durchmachen, ehe er in den vollen Genuss des Werkes Christi im Hinblick auf sein Hinzutreten kam, wenn ich das so ausdrücken darf. So war es im Vorbild. In Lukas 15 sehe ich die praktische Seite in dem Mann, der tatsächlich geküsst wird. Das ist für uns alle wahr. Bist du nun glücklich in der Gegenwart Gottes? Du magst vielleicht sagen: Ich weiß es nicht. Ich fühle, dass ich ein Sünder bin, der Vergebung hat.

Ich habe schon bemerkt, dass dich nur Erleichterung beschäftigt, wenn du im Glauben nur das siehst, wozu du errettet bist. Beschäftigst du dich aber mit dem, wozu du errettet bist, so führt dich der Geist Gottes in die wunderbare Weite des göttlichen Segens, der dir gehört.

Nun komme ich zu einem sehr wichtigen Punkt. Der verlorene Sohn konnte nicht aufgrund der Versöhnung hineingehen. Was ihn befähigte hineinzugehen, ist hier bildlich ausgedrückt, es ist die Erneuerung. (Wenn ich dies Wort Erneuerung benutze, so benutze ich es in dem Sinne, wie es die Schrift benutzt. Die Schrift benutzt das Wort „erneuern“ für etwas, was ganz und gar neu ist, für etwas, was du nie zuvor besessen hast – „die Erneuerung des Heiligen Geistes“ – „die Erneuerung eures Sinnes“ – „euer innerer Mensch wird erneuert“.) Das ist etwas ganz Neues, etwas, das er nie zuvor hatte; auch nicht ein wenig davon hatte er zuvor. Ihr wisst, dass manche Ausleger gesagt haben, der verlorene Sohn sei ein Abtrünniger. Aber ich betone, wenn er abtrünnig war und die Gnade verworfen hatte, so bekam er jetzt auch nicht ein wenig von dem zurück, was er verworfen hatte. Wenn er die Gnade verwarf, erfuhr er wieder Gnade, aber er bekam nicht das zurück, was er vergeudet hatte. Was er bekommt, ist völlig neu.

Viele Seelen, die die Versöhnung verstehen, verstehen die Erneuerung nicht. Du hast etwas ganz Neues. Du bist nicht nur von dem Alten befreit worden. Ich habe dir bei einer früheren Gelegenheit gezeigt, dass du von dem Alten frei sein musst. Dabei verweile ich jetzt nicht, jetzt spreche ich vom Empfangen des Neuen. Denn ohne dies, geliebte Freunde, könnt ihr nicht hinzutreten. Ich habe darauf schon hingewiesen. Wenn du durch den Vorhang in das Heiligtum eintrittst, musst du als ein Neuer eintreten, du kannst es nicht in dem Alten.

Wir sehen hier im Bild, wie der Vater alles Zögern des verlorenen Sohnes beseitigt. Er sagt den Knechten: „Bringet her!“, das heißt: Bringt aus dem Haus heraus. „Bringt das beste Kleid her und zieht es ihm an, und tut einen Ring an seine Hand und Sandalen an seine Füße.“ Diese Dinge werden ihn bewusst passend machen für den Vater. „Einen Ring an seine Hand“ – ein Zeichen der Auszeichnung – und „Sandalen an seine Füße“ zeigt an, dass er daheim ist. Du magst sagen, es ist ein Gleichnis. Gewiss, aber es ist ein Gleichnis, das uns eine wunderbare Lehre mitteilt. Fragst du: Welche Lehre? Die Lehre steht  in Kolosser 1,12: „Danksagend dem Vater, der uns fähig (passend) gemacht hat zu dem Anteil am Erbe der Heiligen in dem Licht.“ Das Wort „passend“ bezeichnet den neuen Zustand, das war das Neue. Du kannst nicht durch religiöse Bräuche das Fleisch befähigen, in das Heiligtum einzutreten. Es gibt keinen größeren Fehler, als dies für möglich zu halten.

Der Vorhang, Christi Fleisch, wurde zerrissen, um uns einen neuen und lebendigen Weg ins Heiligtum zu eröffnen. Aber es besteht Widerstreben, dort einzutreten, bis du in Christi Leben frei bist vom Gesetz der Sünde.

Das ist genau das, was der Samariter, als er zurückkehrte, bildlich ausdrückte, denn er fiel auf sein Angesicht, als er dem Herrn nahte. Ich spreche jetzt aber nicht davon, wie wir das Alte für tot halten, sondern davon, wie wir das Neue genießen. Mancher mag sagen: Was ist das? Es ist Christus in mir, ein Wesen, dass Gott wohlgefällt, das immer glücklich ist in seiner Nähe und wodurch ich in der Gnade und in der Erkenntnis Christi wachse. Ich weiß nicht, wie ich es erklären soll. Es wächst beständig, alles von Gott. „Auf dass ihr durch dieselbe wachset.“ Unser äußerer Mensch verfällt, doch der innere Mensch wird erneuert. Der verlorene Sohn besaß nie zuvor etwas, was diesem Kleid vergleichbar gewesen wäre, das aus dem Haus des Vaters kam. Es war ganz neu, das „beste“ Kleid, das heißt, es gibt nichts Besseres und nichts Höheres.

Nun betrachte Vers 23. Ich verweise auf diesen Vers, weil du dort siehst, dass der verlorene Sohn drinnen ist. Du fragst wohl, wie er hineingekommen ist. Sieh nun die Herrlichkeit der Heiligen Schrift! Es heißt in dem vorangegangenen Vers: „Bringet her“, was anzeigt, dass er nicht drinnen war. Und dann wird etwas sehr Wichtiges vorgestellt. Wenn du hineingehst, wirst du nicht passend gemacht, um dort zu sein, sondern du bist „fähig gemacht zum Anteil am Erbe“. Du bist passend gemacht hineinzugehen. Merke dir auch, dass überhaupt kein Zeitabschnitt besteht zwischen dem, dass er passend gemacht war und drinnen war. Im vorhergehenden Vers heißt es noch: „Bringet her“, und nun schon im nächsten Vers, ohne den geringsten Aufenthalt, der die Entfernung berücksichtigt (die ja der Erzählung entsprechend groß war, denn sein Vater sah ihn, „als er noch fern war“), heißt es schon, die Knechte sollen ihn anziehen. Kein Aufenthalt, er ist drinnen. Da wird kein Aufenthalt zugelassen. Denke etwas darüber nach. Im gleichen Moment, wo du passend bist, bist du drinnen. Das entspricht genau dem, was wir im Hebräerbrief finden, der Zustand entspricht dem Platz. Sowie ich passend bin, bin ich auch drinnen. Ich fürchte, ich kann dir das nicht wirklich mitteilen. Ich glaube allerdings, dass jeder, der hineingegangen ist, sagen kann: Ich verstehe das völlig.

In dem Moment, wo ich erkannte, dass ich Christi Geist hatte, war ich drinnen. Ich brauchte nichts zu tun. Ich wurde nicht zur Rede gestellt, hatte nichts zu wünschen, brauchte mich nicht zu bemühen, um hineinzukommen. Ich war drinnen. Der verlorene Sohn kam hinein. Er war passend, hineinzugehen.

Ich wende mich nun wieder zu Hebräer 10. Ich hoffe, zwei Dinge sind dir nun klar – wir haben ein Recht einzutreten, und das, was den Eintritt verzögert, wird beseitigt, sodass zugleich mit der Erkenntnis des Rechtes auch die Erkenntnis erwächst, passend gemacht zu sein, um einzutreten.

Ich will nun ein wenig dabei verweilen, wie es dir drinnen geht, welche Bedeutung es hat, dort zu sein, denn ich bin sicher, dass dies offenbaren wird, ob wir drinnen sind oder nicht. Es heißt: „Lasst uns hinzutreten mit wahrhaftigem Herzen, in voller Gewissheit des Glaubens die Herzen besprengt und also gereinigt vom bösen Gewissen und den Leib gewaschen mit reinem Wasser.“ Es ist ganz klar, dass diese zwei Dinge eindeutig und genau erkannt werden, wenn du hinzutrittst: Dein Herz ist gereinigt vom bösen Gewissen und dein Leib gewaschen mit reinem Wasser. Ich habe gar keinen Zweifel, dass dies die zwei Seiten des Kreuzes einschließt. Er kam „durch Wasser und Blut ... nicht durch das Wasser allein, sondern durch das Wasser und das Blut“. Es ist das tatsächliche Bewusstsein, das ein Herz hat, gereinigt zu sein vom bösen Gewissen und den Leib mit reinem Wasser gewaschen zu haben.

Ich glaube, dass wir oftmals praktisch Mangel haben an dem Verständnis, dass die Reinigung durch Christi Tod besteht, ebenso wie die Sühnung. Jeder, der sich damit beschäftigt hat, wird sofort einsehen, wie sehr dies zutrifft, und wird es verstehen. Daher besteht Johannes darauf, dass er „nicht durch das Wasser allein, sondern durch das Wasser und das Blut“ kam. Da ist nicht nur die Vergebung der Sünden – Christus starb für unsere Sünden –, da ist auch die in uns wirkende Tätigkeit des Wortes, die mich von dem befreit, was schon in Christi Tod weggetan wurde. Daher sage ich:,Du trittst ein in dem Bewusstsein, dass kein Schatten von Sünde auf dir ruht. Ich hoffe, niemanden von euch zu verletzen, wenn ich sage, dass jemand, der ein Lied über seine Sünden in einer Zusammenkunft zur Anbetung vorschlägt, das Heiligtum verlassen hat, und er geht nicht mit der Versammlung, als wenn sie darin wäre. Ich sage, dort ist keine Sünde auf euch, nicht ein Flecken.

Das Erste ist, wir gehen hinein. Ich kann nicht davon sprechen, etwas zu verlieren, ehe ich es besessen habe. Und du kannst sicher sein, wenn du einmal hineingegangen bist, hast du dir dein Recht zu eigen gemacht. Nicht etwa, weil du vorher das Recht nicht hattest, du hattest das Recht, aber dann hast du es dir zu eigen gemacht. Du wirst nie die Wirklichkeit der Anbetung verstehen können, wenn du nicht weißt, dass dein Herz vom bösen Gewissen gereinigt und dein Leib mit reinem Wasser gewaschen ist. Nun ist es keine Frage der Sünde mehr, sondern der Heiligkeit, und das ist ein wunderbarer Gegensatz. Es ist wunderbar, unser jetziges Teil, das wir durch Christi Werk besitzen, mit dem zu vergleichen, was wir zuvor besessen haben. Alles steht jetzt in völligem Gegensatz. In der alten Haushaltung stand der Tod vor der Seele. Danke Gott, dass wir uns nun mit Leben aus dem Tod beschäftigen können. Damals war es die Sünde, heute ist es die Heiligkeit. Wir sollen nun „seiner Heiligkeit teilhaftig werden“. Mögen eure Herzen darüber geübt sein. Du könntest nicht ins Heiligtum eintreten, wenn irgendeine Sünde dich befleckte. Wenn du es tätest, so wäre es nicht länger das Heiligtum.

Einem nachdenklichen Menschen kann wohl nichts klarer sein, als dass er nicht eintreten kann, wenn Sünde ihn befleckt. Die Freude, dort zu sein, ginge verloren, wäre vorbei, wenn Sünde uns dort beschäftigte. Ich danke Gott, dass ich die unfassbare Freude kenne, in der Gegenwart Gottes zu sein. Kein Flecken ist dort. Jegliches Bewusstsein von Sünde ist erloschen. Ich bin auf dem neuen und lebendigen Weg durch den Vorhang gegangen. Anbetung wird hier gar nicht erwähnt. Es wird nicht gesagt, was uns dort beschäftigt. Die Einweihung wird nicht beschrieben. Natürlich kann nur die geheiligte Schar eintreten. Aber womit sie sich beschäftigt, wird hier nicht gesagt.

Nun komme ich zu einer Frage, die die Seelen oft beschwert. Sie lautet: Was ist mit den Sünden, die ich noch begehen mag? Ich leugne nicht, dass wir noch sündigen können, aber ich sage:,Ein Anbeter, der einmal gereinigt ist, hat kein Gewissen von Sünden mehr. Wenn wir sündigen oder uns verunreinigen, verlieren wir selbstverständlich unsere Freude im Heiligtum. Das mag geschehen, ganz kurz nachdem man dort eingetreten ist. Aber es bleibt doch eine sehr interessante Tatsache, dass du, je besser du die Wirklichkeit des Aufenthalts dort kennst und je mehr du das völlig genießt, umso besorgter sein wirst, solange dein Bewusstsein davon frisch ist, dich von der Welt unbefleckt zu erhalten.

Ich bin so empfindsam im Blick auf all die Widerwärtigkeiten hienieden, dass ich in allem geleitet werden muss. Sobald wir sündigen oder uns verunreinigen, sind wir außerhalb und nicht mehr im Heiligtum. Aber vergiss nicht, dass du dein Recht, dort zu sein, nicht verlierst. Das Recht verlierst du nie. Die Einweihung geschieht nur einmal für immer. Wenn du sündigst, musst du dich richten. Wenn du dich nicht verurteilst, so wird das, was die Sünde begeht, zu leiden haben. Das ist sicherlich die Ursache für viele unserer Krankheiten hier. Ich sage nicht für alle.

Wenn ein Mann sein Gehirn allzu sehr überanstrengt, um ein Vermögen zu erwerben, so wird sein Gehirn sehr wahrscheinlich zu leiden haben, wenn er sich nicht selbst richtet. Wenn er sich aber richtet, hört er damit auf. Man kann nicht etwas verurteilen, um es weiter zu tun. In Hebräer 12 finden wir einen anderen Gesichtspunkt. Da leidest du für die Gerechtigkeit, und Gott benutzt die Leiden, um dich für sich abzusondern, damit du „seiner Heiligkeit teilhaftig“ werden mögest. Wir sollen dort „jede Bürde und die leicht umstrickende Sünde ablegen“. „Ihr habt noch nicht wider die Sünde ankämpfend bis aufs Blut widerstanden“ – Ihr seid noch nicht gestorben, das heißt „bis aufs Blut widerstehen“, „wider die Sünde ankämpfend“.

Es ist wie bei der Steinigung des Stephanus. Er wurde praktisch jede Minute abgesonderter. „Wir, die wir leben, werden allezeit dem Tod überliefert.“ Wenn dir irgendetwas zum Hindernis wird, bringt der Herr den Tod darüber. Wenn du fühlst, dass es ein Hindernis ist, bist du froh, wenn der Tod darüber hingeht, ganz gleichgültig, was es auch sein mag. Nimm an, jemand hat die Stimme eines Sängers, die ihm eine Verstrickung ist. Wenn er die Stimme verliert, kann er Gott dafür danken, denn er versteht die Bedeutung dieses Verlustes.

Der Herr möge uns schenken, dass ein jeder besser verstehe, was es bedeutet, im Heiligtum zu sein, welche Freude es in sich birgt. Es wird dir im Gleichnis vom Vater und dem verlorenen Sohn begreiflich gemacht. Ich weiß, dass nur der Geist Gottes dein Herz wirklich so führen kann, dass du es verstehst. Aber wie wunderbar ist es, in Gottes Gegenwart zu sein ohne Flecken und ohne Schatten und zu wissen, dass es seine Freude ist, uns dort zu haben!

 Möge der Herr schenken, dass jeder von uns wisse, was es ist, Gott zu nahen.