Im Propheten Daniel ist zweimal von einem „kleinem Horn“ die Rede. Und diese beide Stellen liegen dicht beieinander (Daniel 7,8; 8,9). Dennoch – mit den beiden Hörnern sind nicht diesselben Personen gemeint.

Das kleine Horn aus Daniel 7,8 entspringt dem vierten Weltreich, das Daniel in dem Bild von vier Tieren gesehen hat (Löwe = babylonische Reich; Bär = medo-persische Reich; Leopard = griechische Reich; schrecklich, furchtbares und sehr starkes Tier = das Römische Reich). Und zwar geht es um das Römische Reich (das vierte, schreckliche Tier) in seiner letzten und heute noch zukünftigen Phase. Dies geht daraus hervor, dass das kommende Gericht mit diesem Tier verbunden wird (Vers 8 und 9).

Das Römische Reich in seiner letzten Form wird zehn „Hörner“ (zehn Herrscher) haben (Daniel 7,7; Offenbarung 17,12). Doch ein anderes Horn wird emporsteigen und drei Hörner müssen vor ihm weichen (Vers 8). Das kleine Horn ist durch Intelligenz und Hochmut charakterisiert (Vers 8). Es ist niemand anders als das Tier – das große Dinge redet – aus Offenbarung 13,1–8. Der kommende römische Imperator ist das kleine Horn aus Daniel 7.

Gehen wir zu Daniel 8,9. Dieses kleine Horn kommt aus den vier Hörnern des dritten Weltreichs empor. Das dritte Weltreich, Griechenland, wird in Daniel 8 im Bild eines Ziegenbocks gesehen. Das große Horn des Ziegenbocks ist Alexander der Große (Daniel 8,8). Als Alexander der Große starb, zerfiel sein riesiges Reich in vier Teile – vier seiner Großen formierten jeweils ein (Diadochen-)Reich. Aus dem nördlichen Reich stieg ein Herrscher empor, der sich gegen Osten, Süden und das Land Israel richtete (Vers 9). Dieser König des Nordens drangsalierte die Juden schwer. Antiochos Epiphanes ließ Schweine opfern und durch seine Soldaten ein Bild des Gottes Zeus in das Heiligtum bringen (“Frevel“), gleichzeitig beendete er den Gottesdienst (Vers 10–12). In der Auslegung des Gesichts (ab Vers 15) wird deutlich, dass diese Vorgänge auf die Endzeit hinweisen, obgleich sich das, was in den Versen 8–14 steht, in der Geschichte völlig erfüllt hat.

Also: In Kapitel 7 haben wir das Horn des Westens. Es ist der große Mann (der aber klein anfängt) in dem kommenden römischen Weltreich. In Kapitel 8 haben wir das kleine Horn des Ostens. Es ist der Antiochos Epiphanes, der große Mann des Seleukidenreiches (der aber auch klein anfing – er war 14 Jahre Geißel in Rom). Er war der mächtigste König der damaligen Zeit (175 v.Chr.–164 v.Chr.). Am Ende der Tage wird es einen ähnlichen verruchten Mann geben – der König des Nordens, der Assyrer, ein „Mann mit frechem Angesicht und ränkekundig“ (Daniel 8,23).