„Ich sage aber dies, dass jeder von euch sagt: Ich bin des Paulus, ich aber des Apollos, ich aber des Kephas, ich aber des Christus“ (1. Korinther 1,12).

Die Gläubigen in Korinth provozierten durch ihr Fehlverhalten Klerikalismus und Sektenbildung. Paulus warnte in Apg 20, das nach seinem Abschiede verderbliche Wölfe hereinkommen werden, die die Jünger abzuziehen würden hinter sich her. Der Anfang dieser verderblichen Entwicklung wurde schon zu Lebzeiten des Apostels gemacht, indem die Jünger gewissen Brüdern einen Sonderstatus einzuräumen suchten (einige wählten sogar Christus, der der Herr aller ist, zum Anführer einer Partei).

Wenn wir das auf uns anwenden und einwirken lassen wollen, möchte ich den Leser mal auf ein Nebengleis führen. Kann man nicht Folgendes sagen: Paulus war im Blick auf die Korinther mehr der Evangelist (Kap. 4,15 / 15,1), Petrus (der möglicherweise von den Juden bevorzugt wurde) der Hirte (Joh 21) und Apollos der Lehrer (Kap. 3,6; Apg 18,24).

Lehrer, Hirte, Evangelist: auch heute bevorzugt man manchmal, je nach der eigenen Neigung, die eine oder andere Gabe und macht damit Unterschiede, die nicht mehr gut sind. Gebete, Gaben, Gunst – alles fließt nur noch in eine Richtung.

Man spricht dabei vielleicht ungefähr so:

Lehrer: Gibt es etwas Wichtigeres als die Lehre des Wortes Gottes? Unser ganzes Glaubensleben ruht auf diesem Fundament. Wenn die Lehre nicht stimmt, taugt auch die Praxis nichts. Wir müssen uns nicht in tausend praktischen Erwägungen verlieren, sondern die Schrift Wort für Wort durchkämmem und dann kann nicht mehr viel schief gehen.

Hirte: Gibt es etwas Wichtigeres als die einzelnen Seele? Jeder Gläubige ist wertvoll und teuer in den Augen des Herrn und sollte es darum auch in unseren sein. Vorträge gehen leicht über die Köpfe hinweg, es muss jemand da sein, der sich der persönlichen Probleme auch wirklich annimmt. Das ist das, was wir in unserer Zeit brauchen: Hirten.

Evangelist: Gibt es etwas Wichtigeres als die Errettung von Sündern? Jeden Tag ergießt sich ein Strom von Menschen in Gottes große Ewigkeit. Und wir haben nichts Besseres zu tun als uns über mehr oder weniger nebensächlichen Fragen der Lehre stundenlang auszutauschen. Wir sollten endlich aufstehen und dem großen Auftrag des Herrn nachkommen …

Im Prinzip kann man diesen Aussagen zustimmen. Das Problem ist nur die Überbetonung. Und dem sollten wir uns nicht hingeben. Wir mögen persönlich durchaus Schwerpunkte setzten, aber wir wollen doch einen Blick für das ganze Spektrum der Arbeit behalten. „Es sei Paulus oder Apollos oder Kephas … alles ist euer“ (1. Kor 3,22).