Wir vernehmen in diesem Psalm einen der Schreie, die von dem Sohn aus Hebräer 5,7 geäußert werden und sich an den richten, „der ihn aus dem Tod zu erretten vermochte“. Den Zeitpunkt können wir zwischen seiner Festnahme im Garten Gethsemane und dem Kreuz einordnen. Es war die Zeit, als ihn alle verlassen hatten und er nicht „herauskommen“ konnte (V. 9.18.19). Das Todesurteil stand unmittelbar vor ihm, obwohl er sein ganzes Leben, praktisch „von seiner Jugend an“, „verschieden war“ (V. 16). Er starb täglich, wie es der Apostel ausdrückt (1. Kor 15,31). Doch es war ganz besonders diese Periode, in welcher er „unter den Toten hingestreckt“ wurde.

In den anschließenden drei Stunden der Finsternis, die mit der Gabe seines Blutes bzw. Lebens endeten, ertrug er dann das Gericht über die Sünde durch die zermalmende Hand eines gerechten Gottes. Wir können beobachten, dass die Leiden während seines Lebens von den Menschen kamen, weil er gerecht war. Als er jedoch zur Sünde für uns gemacht wurde (2. Korinther 5,21), erfuhr er die ganze Schwere des Gerichts von Gottes Seite. Während der drei Stunden der Finsternis litt er an einem Ort, der durch keinen freundlichen Strahl göttlicher Liebe erhellt wurde, weil die Sünde die Szene beherrschte. Das Opfer, das für uns zur Sünde gemacht wurde, und Gott konnten sich nur zurückziehen, um die Frage der Sünde allein zu klären.

Jesus fleht hier um seine Befreiung vom Tod (vgl. Ps 6,6; 30,10; 115,17), weil die Toten Gott nicht preisen können und das Grab seine Güte nicht erzählen kann. Gott ist nicht ein Gott der Toten, sondern der Lebendigen. Durch den Heiligen Geist geleitet ruft Hiskia: „Der Lebende, der Lebende, der preist dich“ (Jes 38,19) und öffnet seine Lippen als einer, der die Auferstehung in seinem Leben erfahren hat. Jesus ruft hier um Befreiung und stützt sich auf die gesegnete Wahrheit, dass Gott nicht im Tod, sondern im Leben erfahren wird. „Ich werde nicht sterben, sondern leben und die Taten Jahs erzählen“ (Ps 118,17).

[Übersetzt von Stephan Keune]