Das Königreich, die Versammlung und Versammlungen

Unterschiede und Beziehungen 

Bei der Betrachtung des Reiches und der Versammlung gibt es zwei allgemeine Aspekte, die Berührungspunkte miteinander aufweisen. Wenn wir die Übereinstimmung bzw. den Kontrast zwischen beiden anschauen, müssen wir uns bewusst sein, dass wir uns nur die heutige Zeitepoche ansehen, die am Pfingsttag begann und mit dem Kommen des Herrn für die Seinen enden wird. Wie bereits erwähnt überdauert das Reich diesen Zeitpunkt.

Wir haben also:

  1. Das Reich in seinem echten, geistlichen Charakter in Verbindung mit der Gegenwart und dem Dienst des Heiligen Geistes.
    Wird das Reich von diesem Blickwinkel aus gesehen, hat der wahre Gläubige seinen vollen Anteil daran. Außerdem werden alle wahren Gläubigen in die Versammlung, die der Leib Christi ist, hinein getauft.
  2. Das Reich in seinem äußerlichen und umfassenderen Aspekt, dem Ergebnis der Arbeit, die auf dem Acker, d. h. der Welt, getan wird. Seine Entwicklung können wir zwischen den Zeilen der Erklärungen des Herrn in den Gleichnissen lesen. Es ist ein Bereich des Bekenntnisses, in dem ein Mischmasch vorherrscht und das Gute und Böse zusammen aufwächst. Kurz gesagt ist es das, was wir heute in der Christenheit beobachten können.

Es wird jedoch ebenfalls als die gegenwärtige Sphäre der Vorrechte und Verantwortlichkeit gesehen, in welcher sich alle, die sich zum Namen des Herrn bekennen, aufhalten, mögen sie echte Gläubige oder bloße Bekenner sein. Wenn wir diese Seite betrachten, können wir die Belehrungen von Römer 9 – 11 damit in Verbindung bringen. Es gibt Heiden, die an der Wurzel und der Fettigkeit des Ölbaums teilhaben, aber nicht an der Güte bleiben und schließlich ausgeschnitten werden (Röm 11,17–22). Von dem Reich der Himmel wird an dieser Stelle nicht gesprochen aus dem einfachen Grund, weil der Rahmen hier weiter gezogen wird und bis auf Abraham zurückgeht bzw. bis auf den Erlöser vorausschaut, der aus Zion kommen wird. Trotzdem entsprechen die Belehrungen über die Gegenwart im Hinblick auf Israel, die Heiden und das Ende aller Dinge, dem, was wir in den Gleichnissen über das Reich der Himmel lernen. Es sind Menschen in seinen Bereich eingedrungen, vor denen uns Judas, Petrus und Paulus gewarnt haben, deren Werk entweder nicht gut oder absichtlich darauf ausgerichtet ist, Schaden anzurichten. Das Feuer wird die Werke verzehren, die nicht gut gewesen sind und in dem letzteren Fall sogar die Arbeiter selbst (1. Kor 3,17). Es wird kein Heilmittel geben. Treue dem Herrn gegenüber erfordert die Trennung vom Bösen und die Hinwendung zum Guten, das sich in dem Bereich des Reiches der Himmel vorfindet.

Wir können in bestimmten Aspekten Übereinstimmungen zwischen diesem Gesichtspunkt des Reiches und dem, was die Versammlung Gottes genannt wird (nicht der Versammlung als dem Leib Christi, in welchen nur das Ergebnis der Arbeit Gottes eingeht). Es ist die Gruppe von Menschen, die sich durch die Predigt des Wortes auf der Erde zusammenfindet und unter dem Bild des Hauses und Tempels dargestellt wird, worin der Mensch, wie im Reich, für sein Handeln verantwortlich ist, in der zerstörerische Menschen gefunden werden und bei welcher das Gericht Gottes anfängt (1. Pet 4,17). Der geschichtliche Verlauf der Zustände, wie er in den Briefen beschrieben wird, ist ein beredtes Zeugnis davon. Während der Begriff „Reich der Himmel“ nicht gebraucht wird, taucht der Ausdruck „Reich Gottes“ auf. In Offenbarung 2 und 3 wird deutlich, dass ein Zustand der Vermengung und des Versagens entstanden ist, weil der Mensch seiner ihm anvertrauten Verantwortung nicht entsprochen hat. Zeigen seine Ansprachen an die Versammlungen in Asien nicht deutlich die Erfüllung seiner Belehrungen in Bezug auf diesen Gesichtspunkt?

Wir müssen die Sprache der Bibel im Hinblick auf die Versammlung als dem Leib Christi und anderen Erwähnungen der Versammlung gut unterscheiden. Es ist sicherlich wahr, dass die Versammlung, die sein Leib ist, erst dann vollendet und öffentlich dargestellt werden wird, nachdem der Herr für die Seinen gekommen ist. Dem Leib wird nur das hinzugefügt, was echt und das Ergebnis des göttlichen Wirkens ist. Der Epheser- und Kolosserbrief stellen dieses Thema vollständig dar. Weiter wird der Wahrheit des Leibes eine gegenwärtige Anwendung in Bezug auf die Gläubigen verliehen, weil sie jetzt zu diesem Leib gehören. Sie bildet die Grundlage für weitere Belehrungen und Anweisungen im Hinblick auf ihre Beziehungen untereinander als Glieder voneinander und von Christus. Ihre gegenseitigen Interessen, ihr Dienst und ihre Gemeinschaft sollen ein praktischer Ausdruck von der Tatsache sein, dass sie ein Leib in Christus geworden sind (vgl. Eph 4; Röm 12; 1. Kor 12). Dem soll in der örtlichen Versammlung Ausdruck verliehen werden, so wie zu den Korinthern gesagt wurde: „Ihr aber seid Christi Leib“ (1. Kor 12,27), wobei der Artikel weggelassen wird, um deutlich zu machen, dass sie nicht der Leib sind, was zu der Auffassung führen könnte, dass es so viele Leiber wie örtliche Versammlungen gibt.

Die örtliche Versammlung wird deshalb nie der Leib Christi genannt, sondern an einer Stelle die „Versammlung Gottes“ bzw. die Versammlung in einer Stadt oder einem Haus. In 1. Kor 3,16–17 wird sie als der „Tempel Gottes“ bezeichnet. Der Tempel wird in Epheser 2 jedoch von einer anderen Seite aus betrachtet. Dort steht sein Wachstum im Vordergrund sowie die Tatsache, dass er noch nicht vollendet ist. Vor diesem Hintergrund sind es nicht nur die Juden, sondern „auch ihr“, d. h. die Heiden, welche „zu einer Behausung Gottes im Geist“ mitaufgebaut werden (Eph 2,22). An dieser Stelle möchte ich darauf aufmerksam machen, dass das Wort „Behausung“ ein wenig weiter geht als „Haus“, weil es die Beständigkeit des Wohnens zum Ausdruck bringt, die durch die fortwährende Gegenwart und Innewohnung des Geistes bewirkt wird. In 1. Kor 3 wird die örtliche Versammlung als solche „Tempel“ genannt („ihr seid“, etc.). In diesem Kapitel ist das Eindringen von dem möglich, was nicht echt ist, im Gegensatz zum obigen Abschnitt.

In 1. Timotheus 3 verbindet der Apostel das Bild des „Hauses“ (V. 15, „Haus Gottes“) mit der örtlichen Gruppe, in welcher das Werk des Aufsehers und des Dieners ausgeführt wird. Diese Gesellschaft wird in Vers 5 die „Versammlung Gottes“ genannt, in diesem Fall Ephesus, wo sich Timotheus aufhielt (1. Tim 1,3) [siehe Fußnote]. Der Nachdruck von dem, was in diesem Brief vorgestellt wird, findet seine Anwendung überall dort, wo es solche Versammlungen gibt, denn das „Haus“ hat einen universalen Aspekt, da es eine Einheit in der Gemeinschaft bezüglich den wesentlichen Lehrgrundsätzen und Praktiken geben muss, die in allen „Versammlungen Gottes“ bestehen. Das praktische Ausleben dieser Grundsätze kann jedoch nur in der örtlichen Versammlung stattfinden. Da die ganze Versammlung, global gesehen, nie an einem konkreten Ort zusammenkommt, ist die örtliche Versammlung der Gegenstand, um den es sich konkret handelt. Das Verhalten des Einzelnen steht also in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem örtlichen Zeugnis, wobei die Einheit aller Heiligen, den „Hausgenossen des Glaubens“, und Gottes stets im Auge behalten wird (Eph 2,19; Gal 6,10). Es ist der Leib in Verbindung mit dem gegenwärtigen Dienst, wie er in Epheser 4, 1. Korinther 12 und Römer 12 vorgestellt wird.

Wird „das Haus“ mit der Verantwortlichkeit und dem Verhalten des Menschen verbunden, wie im 1. Timotheusbrief, wird es nicht ausdrücklich „die Versammlung, die sein Leib ist“, genannt. Der Grund dafür liegt vielleicht darin, dass dieser Ausdruck mehr umfasst, als sich auf der Erde (an Gläubigen) zu irgendeinem Zeitpunkt befinden könnte. Es ist ein Modell, das seinem Charakter nach ewig ist und nur nach der Wiederkunft des Herrn vollkommen zum Ausdruck kommen wird, wenn die Verantwortlichkeit und das Verhalten des Menschen, so wie sie hier beschrieben werden, nicht mehr auftreten werden.

Betrachten wir das „Haus Gottes“ vor diesem Hintergrund, gibt es eine Verbindung zu der Wahrheit des Leibes insoweit, wie dieser Wahrheit eine jetzige Anwendung gegeben wird (wie bereits erwähnt), die sich auf die Offenbarung der Gesellschaft von Menschen auf der Erde bezieht, die das „Haus Gottes“ bzw. die „Versammlung Gottes“ genannt wird. Diejenigen, deren Bekenntnis echt ist und die folglich nicht zu den bloßen Bekennern zu zählen sind, bilden den „Leib“ auf dieser Erde. Unter ihnen werden die Offenbarungen und Gaben für den heutigen Dienst in Liebe zur Auferbauung des Leibes durch den einen Geist ausgeteilt und ausgeübt, wobei Christus das Haupt von allem ist. Das zählt zum gegenwärtigen Aspekt der christlichen Berufung. Ihre Hoffnung ist zukünftig und mit ewiger Herrlichkeit verbunden. Darüber hinaus werden die wahren Gläubigen dazu aufgerufen, eine würdige Lebensführung zu haben. Das ist der Punkt, an dem das Bewahren der Einheit des Geistes zum Tragen kommt. Es ist die Wahrheit, dass alle Gläubigen in ihrem Leben eins sind, eins im Hinblick auf die Innewohnung des Geistes, eins in der Verantwortlichkeit vor einem Herrn und seinem Wort, durch das alles bestimmt und geprüft werden muss.

Doch so, wie wir Unterschiede bei dem Gebrauch des Wortes „Tempel“ gefunden haben, können wir auch bei dem „Haus“ Verschiedenheiten erkennen. Es gibt nicht nur „das Haus“ als äußerliche Körperschaft, in welche das, was nicht echt ist, eindringen kann. Das Bild des Hauses wird auch in einem Sinn, der analog zu der Versammlung (als dem Leib Christi) ist, benutzt. In Hebräer 3 bezieht es sich auf wahre Gläubige, die aufgerufen werden die „Freimütigkeit und den Ruhm der Hoffnung bis zum Ende standhaft“ festzuhalten. 1. Petrus 2 hat einen ähnlichen Blickwinkel, wenn die Gläubigen als lebendige Steine gesehen werden, die ein geistliches Haus bilden, das im Gegensatz zu dem materiellen Haus steht, das den Juden bekannt war. Wird das „Haus“ von diesem Aspekt aus gesehen (wobei es hier keine Einschränkung in Form eines örtlichen Gesichtspunkts gibt, weil die Versammlung weder im Hebräerbrief noch in den Petrusbriefen von dieser Seite aus betrachtet wird), ist der Gesichtskreis allgemeiner und lenkt den Blick auf das, was alle Kinder Gottes durch die Innewohnung des Heiligen Geistes gemein haben. Gläubige, die in der oben beschriebenen Weise das Haus Gottes bilden (sie werden übrigens nie als Haus Christi bezeichnet), sind notwendigerweise unter der Herrschaft Gottes. Damit kommen wir zu der Wahrheit seines Reiches in seinem inneren und geistlichen Charakter. Sie werden aufgerufen, „würdig des Gottes zu wandeln“, der sie „zu seinem eigenen Reich und seiner eigenen Herrlichkeit beruft“ (1. Thes 2,12). Sie werden durch den „Gott aller Gnade ... zu seiner ewigen Herrlichkeit in Christus Jesus“ berufen (1. Pet 5,10). „Deshalb, da wir ein unerschütterliches Reich empfangen, lasst uns Gnade haben, durch die wir Gott wohlgefällig dienen mögen mit Frömmigkeit und Furcht“ (Heb 12,28).

In einem vorhergehenden Abschnitt sind wir bereits dem Begriff „Versammlung“ in der Einzahl begegnet. Er wird allerdings auch im Plural benutzt. Die folgende Übersicht zeigt verschiedene Aspekte, wie der Ausdruck gebraucht wird:

„Die Versammlungen der Nationen“Röm 16,4
„Die Versammlungen des Christus“ Röm 16,16
„Die Versammlungen Gottes“1. Kor 11,16; 2. Thes 1,4
„Die Versammlungen der Heiligen“1. Kor 14,33
„Die Versammlungen von Galatien“1. Kor 16,1; Gal 1,2
„Die Versammlungen Asiens“1. Kor 16,19; Off 1,4
„Die Versammlungen Mazedoniens“2. Kor 8,1
„Die Versammlungen von Judäa“Gal 1,22
„Die Versammlungen Gottes, die in Judäa sind in Christus Jesus“1. Thes 2,14

Sehen wir von der besonderen Offenbarung des Geheimnisses von Christus und seiner Versammlung, die sein Leib ist, ab, wie sie im Epheser- und Kolosserbrief vorgestellt wird, beziehen sich die Erwähnungen der Versammlung auf eine örtliche Gemeinschaft mit Ausnahme der folgenden Stellen, wo ein allgemeiner Gesichtspunkt besteht oder zumindest impliziert wird:

„Ich habe die Versammlung Gottes verfolgt“ – nicht nur in Jerusalem, sondern auch in weiter abgelegenen Orten (1. Kor 15,9; Apg 26,10–12).

„Ich habe die Versammlung Gottes über die Maßen verfolgt und sie zerstört“ (Gal 1,13).

„... was den Eifer betrifft, ein Verfolger der Versammlung“ (Phil 3,6)

„Und Gott hat einige in der Versammlung gesetzt: erstens Apostel, zweitens Propheten, drittens Lehrer, ...“ (1. Kor 12,28).

Dass der Charakter der letzten Stelle nicht so sehr örtlich, sondern allgemeiner Natur ist, geht aus einem Vergleich der Rangfolge der Gaben mit Epheser 4 hervor, wo sie durch Christus, dem Haupt, für den Dienst und die Segnung des ganzen Leibes ausgeteilt werden. In diesem Sinn betrifft die Wahrheit des Leibes alle Heiligen auf dieser Erde, die zu der Versammlung, welche sein Leib ist, gehören. Diese Wahrheit bestimmt deshalb ihre gemeinsamen Handlungen als Mitteilhaber, indem sie in dem Leib zum gegenseitigen Dienst und zur gegenseitigen Fürsorge in der Gemeinschaft durch Gott zusammengefügt worden sind. Die praktische Verwirklichung kann dabei ausschließlich durch die örtliche Versammlung geschehen. Möge die Praxis aller Versammlungen diesen Belehrungen entsprechen.

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Lasst uns jetzt zu einem Vergleich kommen, den wir bereits weiter oben angedeutet hatten – die Gegenüberstellung der Ähnlichkeiten des Reiches der Himmel, wie es uns in den Gleichnissen vorgestellt wird und dem Zustand der Versammlung als äußerlichem Körper, wie wir ihn in den Briefen beschrieben finden. Die Letztgenannte Gemeinschaft an Menschen auf dieser Erde sollte dabei in ihren kollektiven und persönlichen Beziehungen der Ausdruck dessen sein, was das Reich ausmacht, in Übereinstimmung mit den Belehrungen und Anweisungen des Königs. Es ist offensichtlich, dass die Verwaltung und die Dinge, die mit dem Königreich in Verbindung stehen, zu der Versammlung gehören.

Wenn das Reich der Himmel in dem angedeuteten Maß mit der Versammlung Gottes übereinstimmt (von beiden werden ähnliche Zustände berichtet), so gibt es doch einen wichtigen Unterschied zwischen den Begriffen selbst. Der Ausdruck „Versammlung“ bedeutet eine „herausgerufene“ Gruppe. Das Reich der Himmel wird nie mit solch einer Gruppe verbunden, sondern ist ein Ausdruck, welcher einen Bereich definiert, in dem bestimmte Bedingungen vorherrschen und ihre Entwicklung nehmen. Auf die Bedingungen folgt zur gegebenen Zeit eine angemessene Reaktion und durch die Einschaltung Gottes werden Ergebnisse hervorgebracht. Natürlich geht es auch hier um Menschen, aber sie halten sich im Reich auf und werden nicht ausdrücklich als das Reich selbst bezeichnet. Indem sie örtlich miteinander verbunden sind, werden sie die Versammlung Gottes genannt. Andere Bezugnahmen sprechen von Versammlungen. Im Zusammenhang mit dem Königreich wird jedoch von dem Acker gesprochen, welcher die Welt und nicht die Versammlung ist. Der Unterschied wird deutlich, wenn es um Fragen der Verwaltung oder Zucht geht. In Matthäus 18, wo es in den Versen 1–14 sowie 21–35 ausdrücklich um das Königreich geht, spricht der Herr in den dazwischen liegenden Versen von der „Versammlung“.

Im Hinblick auf das Reich wird ein äußerlicher Blickwinkel von einem inneren, bzw. wahren Aspekt unterschieden. Unter dem letztgenannten Aspekt ist es nur für Bekehrte möglich, ins Reich einzugehen und wie die Kinder zu werden. Es ist an dieser Stelle gleichbedeutend mit dem Reich Gottes in seinen moralischen und geistlichen Kennzeichen. Gleichzeitig ist es der Bereich, in dem der Geist Gerechtigkeit, Frieden und Freude bewirken kann (Joh 3; Röm 14,17).

Wie bereits erwähnt ist die Versammlung eine Gruppe, die zu Gott hin herausgerufen worden ist. Auch hier haben wir einen inneren, bzw. realen Aspekt, der mit den Ausdrücken „der Leib Christi“ oder „meine Versammlung“, die durch den Herrn gebaut wird, beschrieben wird. Es ist das „Geheimnis“, das erst durch den Apostel Paulus offenbar gemacht wurde. Dann gibt es noch den äußeren Aspekt, gewissermaßen den äußerlichen Leib, der mit dem Begriff „Versammlung“ verbunden wird. Örtlich gesehen ist das nach dem Neuen Testament die Gruppe, die zusammenkommt, den Namen des Herrn anerkennt und sich bezüglich ihrer Anbetung und ihres Dienstes der alleinigen Führung von Gottes Wort unterwirft. Alle betrachteten Gruppen haben gemein, dass sie sich in dem Bereich befinden, der das Reich der Himmel, bzw. Gottes genannt wird, insoweit es sich dabei um Synonyme handelt. Weiter nehmen alle diese Gruppen, abhängig davon, ob es sich um wahre Gläubige handelt, oder um bloße Bekenner, an den Wirklichkeiten des Reiches teil, bzw. unterhalten ein äußerliches Verhältnis mit den Vorrechten und Handlungen des Reiches, die sich auf sie beziehen. Bleibt es bei einem bloß äußerlichen Bekenntnis, werden sie in Übereinstimmung mit Hebräer 6 und 10 ihr Ende finden.

Seit dem Beginn am Pfingsttag beobachten wir, dass die, die dem Evangelium glaubten, sich an den Orten zusammenfanden, wo sie waren. Außerdem verhielten sie sich entsprechend den Belehrungen der Apostel in Bezug auf ihre kollektiven und persönlichen Beziehungen im Hinblick auf die Anbetung, Zucht, gegenseitige Fürsorge, den Dienst und das Berufsleben oder Verhalten zu Hause. Manchmal lesen wir von diesen Gruppen im Singular, ein anderes Mal im Plural. Sie entsprechen der Versammlung, auf die in Matthäus 18 Bezug genommen wird und die etwas anderes darstellt als die Versammlung in Kapitel 16, obwohl die echten Gläubigen nicht nur in der Ersteren zu finden sind, sondern auch in der Letzteren, soweit die heutige Zeitspanne betrachtet wird. Es darf aber im Fall der Versammlung in Matthäus 18 nicht übersehen werden, dass ihr Platz mit Belehrungen über das Reich der Himmel verknüpft ist. Darüber hinaus erstreckt sich das Königreich über die jetzige Zeitspanne hinweg, sodass wir von Versammlungen ausgehen können, die auch in der zukünftigen Zeugnisperiode des Reiches (vor dem Kommen des Herrn in Macht und Herrlichkeit) einen ähnlichen Charakter haben werden. Es sind jedoch Versammlungen, die keine Verbindung mit der von Matthäus 16 haben werden.

So fand die gegenwärtige Zeit des Reiches in diesen Gruppen seinen Ausdruck. In ihnen wurden die Dinge des Reiches, der ganze Ratschluss Gottes, gelehrt und von dort in die Welt gebracht. Der Schwerpunkt lag auf einem Leben der Heiligkeit und unverfälschten Lehre, wobei sich mit gegensätzlichen Entwicklungen in der beschriebenen Weise befasst wurde. Vergessen wir vor diesem Hintergrund nicht, dass die Belehrungen des Herrn, wie sie uns in Matthäus 5 – 7 beschrieben werden eine unmittelbare Anwendung auf uns beinhalten. Christen sind dazu berufen würdig des Gottes zu wandeln, der sie zu seinem eigenen Reich und seiner eigenen Herrlichkeit berufen hat (1. Thes 2,12; 4,7). Anders ausgedrückt sollte es Ausharren „in der Lehre der Apostel und in der Gemeinschaft, im Brechen des Brotes und in den Gebeten“ geben (Apg 2,42). Der Forderung des Herrn lautete alles zu bewahren, was er ihnen geboten hatte (Mt 28,20).

Wir wissen aus der Apostelgeschichte, dass sich diese Gruppen in der ganzen römischen Welt ausbreiteten. Von ihnen ging, nehmen wir als Beispiel die Thessalonicher, das Wort in alle nahen und fernen Gebiete aus. Diejenigen, die das Wort annahmen wurden getauft, in die Gemeinden aufgenommen, nahmen an ihren Vorrechten teil und unterwarfen sich der Ordnung und Zucht, die die Apostel bekannt gemacht hatten.

Wenn wir uns die Berichte des Neuen Testaments über den praktischen Zustand dieser Gemeinden ansehen, treffen wir auf unterschiedliche Ausprägungen. Es herrschte überwiegend eine äußerliche Einheit vor und das blieb zweifellos bis in die zweite Hälfte des dritten Jahrhunderts der Fall, wenn wir der Geschichtsschreibung Glauben schenken dürfen, sodass die Welt Juden, Griechen und die Versammlung Gottes wahrnehmen konnte (1. Kor 10,32).

In der Versammlung in Korinth gab es fleischliche Streitereien, Parteigeist, unbehandelte „Schlechtigkeiten“ und böse Lehre.

In den galatischen Versammlungen gab es eine Abkehr vom Evangelium und seiner Freiheit.

In der Versammlung in Kolossä unterhöhlten judaistisch-gnostische Sichtweisen die Einfalt in Christus.

In der Versammlung von Thessalonich musste der Müßiggang und seine Gefahren gerügt werden.

Selbst in Philippi gab es Anzeichen von Auseinandersetzungen.

Paulus bat Timotheus in Ephesus zu bleiben, um die Versammlung vor falschen Lehrmeinungen zu bewahren. Er warnte die Ältesten der Versammlung in Bezug auf Personen, die eindringen und solchen, die unter ihnen aufstehen würden, um verkehrte Dinge zu reden.

Judas beschreibt einen traurigen Zustand der Vermischung, welcher sich zu seiner Zeit gebildet hatte.

Der Zustand der Versammlungen in Asien entspricht bereits am Ende des ersten Jahrhunderts, 50 Jahre nach ihrer Entstehung, der Beschreibung von Offenbarung 2 und 3.

Diese Dinge und weitere Einzelheiten in den Briefen schildern den Zustand in den letzten Jahren des ersten Jahrhunderts. Es wird darüber hinaus keine Aussicht auf eine Besserung der Lage gegeben. Stattdessen erklärt der Geist in 2. Timotheus 3 und 4 ausdrücklich, dass es sogar noch schlimmer kommen wird, bis das Gericht schließlich die abtrünnige Bevölkerung erfasst.

Trotz der Kürze dieser Betrachtungen wird klar, dass der allgemeine Zustand der Versammlung noch vor dem Tod des letzten Apostels, durch Dinge gekennzeichnet war, die der Herr in seinen Gleichnissen über das Reich der Himmel beschrieben hatte – eine traurige Vermengung des Falschen mit dem Echten, die Einführung und Wirksamkeit des Sauerteigs, böse Verbindungen, die durch Satan benutzt werden, um Zugang zu den Versammlungen zu finden und erste Anzeichen des Wachstums gleich dem Senfkorn von Matthäus 13. All das kam schließlich in der Folgezeit zur vollständigen Entfaltung.

Mit der Beschreibung dieser Zustände beendet das Neue Testament seine Berichterstattung über die Geschichte. Wenn wir uns mit der Geschichtsschreibung der nachfolgenden Jahrhunderte befassen, finden wir keine Wiederherstellung, sondern weiteres Abweichen. Die Abwärtsspirale dreht sich immer schneller bis wir uns mitten in der Finsternis und den Missständen des Mittelalters wiederfinden. Diese Finsternis wurde erst durch die Strahlen des Evangeliums durchbrochen, bei der sich Luther und andere Reformatoren von Gott gebrauchen ließen. Es kam zu einer teilweisen Abkehr von diesem Sumpf an falschen Lehren, nach der jedoch der wahre Weg erneut verfehlt wurde, weil es versäumt wurde, die Wahrheit weiter zu erfassen und kennen zu lernen sowie der Welt und ihrer Macht den Rücken zu kehren, um allein auf Gott zu vertrauen. Von Zeit zu Zeit erweckte Gott Menschen, die sich gegen die Flut der weltlichen Einflüsse stemmten und bei verschiedenen Erweckungen benutzt werden konnten. Diese Belebungen erhoben sich über das tote Niveau der Dinge, nur um nach einer gewissen Zeit wieder zurückzufallen. Die kennzeichnendste dieser Bewegungen fand vor ca. 150 Jahren statt. In Bezug auf den Reichtum an offenbarten Wahrheiten durch von Gott benutzte Männer waren sie allen anderen überlegen. Doch zeigte sich auch hier Versagen. Es lag nicht an den wieder entdeckten Wahrheiten, denn diese sind noch immer das Licht und die Freude Vieler und die gesunde Basis jeglichen evangelistischen Dienstes, der in bestimmten Richtungen einen vorherrschenden Platz eingenommen hat. Was den äußerlichen Ausdruck der Einheit unter denen betrifft, mit denen die Bewegung identifiziert wird, so zerfiel er in viele Bruchstücke. Wer könnte sich mit dieser Geschichte vor Gott beschäftigen, ohne sein Gesicht in den Staub zu legen und zu trauern?

Es ist deutlich, dass das Reich der Himmel, wie wir es heute beobachten können, den Zuständen entspricht, die durch den Herrn vorhergesagt wurden. Die Dinge, vor denen die Apostel in ihren Briefen gewarnt haben, sind eingetroffen. Damit ist ihre tatsächliche Erfüllung eingetreten, die sie mit der Gruppe verbindet, die die Versammlung oder Versammlungen Gottes auf der Erde genannt werden und gleichzeitig sein Haus und Tempel sind. Hier muss das Gericht beginnen und das wird durch die Trennung der wahren Gläubigen, die jetzt zu dem Leib Christi gehören, von der bekennenden Masse Laodizeas bei seiner Ankunft deutlich, wenn diese Masse dem vollständigen Abfall entgegengehen wird. Der Abfall wird durch die Verhältnisse und Zustände gekennzeichnet sein, die nach dem Kommen des Herrn für sein Volk auftreten werden und letztlich im Gericht enden werden (2. Thes 2).

Vor dem Hintergrund dieser Ereignisse und der Tatsache, dass diese Zustände jahrhundertelang vorherrschend waren stellt sich die Frage, wie der Weg derer aussieht, die dem Herrn heute folgen möchten. Der zweite Timotheusbrief gibt uns die Antwort: es ist die Trennung vom Bösen und solchen, die es unterstützen sowie die Verbindung mit denen, „die den Herrn anrufen aus reinem Herzen“, welche die jugendlichen Begierden fliehen, nach Gerechtigkeit, Glauben, Liebe und Frieden streben. Solche sind berufen ihr Leben im Licht ihrer Stellung und ihres Anteils „in Christus“, die jedem wahren Gläubigen zustehen, zu führen (vgl. Kap. 1,1.9–13; 2,1.10; 3,12–17). Dieses Teil und diese Stellung sind unberührbar, egal wie groß das Versagen in der jetzigen Haushaltung auch ist. Damit in Übereinstimmung ist der kostbare und ewig gültige Dienst Johannes über die Gemeinschaft des Lebens und der Natur, das Einssein in und mit den göttlichen Personen. Diese Wahrheiten sind ewig, bilden aber schon jetzt die Freude und Segnung jedes Gläubigen, der bereit ist seinen Weg im Gehorsam Gottes Wort gegenüber zu gehen.

Eine solche Trennung erscheint notwendig, wenn wir allem Rechnung tragen, was uns die Schrift durch die Belehrungen und die Gemeinschaft der Apostel gibt. Gleichzeitig werden wir die praktische Freude der geistlichen Gemeinschaft empfinden, die am Anfang erlebt worden ist, insoweit das heute noch unter den gegebenen Umständen möglich ist. Genau das charakterisierte die Bewegung vor 150 Jahren. Ihre Kennzeichen waren Einfachheit, Anspruchslosigkeit und Demut, gepaart mit einem Gefühl für den Ruin, durch den der Leib nach außen hin gekennzeichnet war. Der Verlust dieser moralischen Eigenschaften brachte Trennungen und Unordnung mit sich. Trotzdem gibt es letztlich keinen anderen Weg als den, der in den folgenden Worten beschrieben wird: „Glaube, dass dort, wo zwei oder drei versammelt sind zu seinem Namen hin, Christus sein wird und dass der Geist Gottes die einzige Kraftquelle ist. Das, was er bewirkt, wird durch die Herrschaft Christi gesegnet werden. Diese Tatsachen (die Gegenwart des Geistes und die Herrschaft Christi) reichen für alle Zeiten. Wollen wir mehr als das, wird Unordnung die Folge sein“. Das bedeutet allerdings, damals wie heute, die Trennung von den religiösen Systemen menschlicher Organisationen mit ihren vielfältigen Erfindungen, dem Produkt des Willens und der Weisheit des Menschen, in welchen es unmöglich ist, den Weg des Gehorsams den Geboten des Herrn gegenüber zu gehen. Diejenigen, die ihre Handlungen diesen Grundsätzen entsprechend ausrichten und sich auf diese Weise örtlich versammeln, um christliche Gemeinschaft in der Anbetung, dem Dienst und der Fürsorge zu haben, bilden nicht „die Versammlung Gottes“ an ihrem Ort, weil das nach dem Sprachgebrauch der Schrift bedeutet, dass alle eingeschlossen sind, die an diesem Ort als Christen bekannt sind und in Bezug auf die Lehre und ihre Lebensführung gottesfürchtig wandeln. Doch an welchem Ort ist „die Versammlung“ nicht in viele Sekten aufgeteilt, in welchen solche gefunden werden, die den Glauben der Auserwählten Gottes festhalten? 2. Timotheus 2 deutet darüber hinaus an, dass viele von ihnen verborgen sind. Keine Gemeinde, die getrennt von diesen unschriftgemäßen, eigenwilligen und religiösen Vereinigungen zusammenkommt und die Anordnungen des Herrn beachtet kann für sich beanspruchen, „die Versammlung Gottes“ an ihrem Ort zu sein in demselben Sinn, in welchem die Briefe von der Versammlung sprechen.

Wenn diejenigen, die sich auf diese Weise versammeln jedoch alle überheblichen Ansprüche vermeiden, dürfen sie selbstverständlich von den ausführlichen Belehrungen des Wortes in Bezug auf ihre kollektiven und persönlichen Beziehungen Gebrauch machen. Besonders das Neue Testament wirft ein helles Licht auf das Studium dieses Gegenstands.

[Die gesamte dreiteilige Serie wurde übersetzt von Stephan Keune] 


1.) Einige Beispiele: Das Gleichnis vom Schatz im Acker bezieht sich auf Israel, wogegen die Nationen das Thema des Gleichnisses von dem Netz, das in den See geworfen wird, sind. Matthäus 10 beschäftigt sich mit der Zeit nach der Kirche, wobei der Überrest am Tag des Herrn und weiteren Teilen der Zukunft eine Rolle spielt. Außerdem beziehen sich die prophetischen Reden des Herrn auf diese Zeit. Was die Kirche angeht, haben wir das Gleichnis von der kostbaren Perle in Matthäus 13 (vgl. auch Mt 16; Joh 10; 13 – 17).

2.) Es ist interessant an dieser Stelle einen Vergleich mit Apostelgeschichte 20 anzustellen. Der Apostel ruft dort die Ältesten der Versammlung in Ephesus herüber (V. 17) und sagt, unter anderem: „Habt Acht auf euch selbst und auf die ganze Herde, in der euch der Heilige Geist als Aufseher gesetzt hat, die Versammlung Gottes zu hüten, die er sich erworben hat durch das Blut seines Eigenen“ (V. 28). Als Glieder der „einen Herde“ (Joh 10,16) von Gottes erkauften und herausgerufenen Gruppe, tragen sie als der örtlichen Gemeinde in Ephesus Namen, welche sich auf die ganze Versammlung beziehen, weil sie der konkrete Ausdruck dieses Ganzen sind.