Während des Dienstes des Herrn in Israel wurden nur zwei Personen für ihren Glauben von ihm gelobt. Es waren beides Heiden – die syrophönizische Frau und der römische Hauptmann in Matthäus 8,5–13 und Lukas 7,1–10. Der Glauben des auserwählten Volkes wurde so sehr durch den religiösen Formalismus in seiner Entwicklung beeinträchtigt, dass man solchen Glauben in ihrem Kreis so gut wie nicht finden konnte.

Der Hauptmann hatte sich wegen seines Knechtes an den Heiland gewandt, da er aus irgendeinem Grund wertvoll in seinen Augen war. Im Gegensatz zu vielen Leuten in Israel hatte der Römer in der Person des demütigen Zimmermanns, der durch die Provinz zog, Gott erkannt. Umgehend bringt er seine Anliegen vor und erhält die Antwort: „Ich will kommen und ihn heilen.“ Der Hauptmann bittet daraufhin den Herrn, er solle diese Mühe nicht auf sich nehmen; es sei doch nicht nötig. „Herr ich bin nicht wert, dass du unter mein Dach trittst; sondern sprich nur ein Wort, und mein Knecht wird geheilt werden.“ Das war es, was das Lob des Herrn auslöste – sein Vertrauen in die Wirksamkeit seines Wortes, auch wenn er nicht persönlich anwesend war.  

Wir finden hier einen Grundsatz, der für uns unerlässlich ist. Christus ist nicht hier auf der Erde, sondern er ist aufgestiegen zum Thron des Vaters. Aber wir haben sein Wort in der Bibel, und wir können jederzeit seine lebendige Stimme hören. Sein Wort verkündet die Wirksamkeit seines einen Opfers (Hebräer 10,12), die Vergebung und Rechtfertigung aller, die an seinen Namen glauben (Apostelgeschichte 13,38.39), und es gibt allen die wunderbare Zusicherung, dass sie schon jetzt ewiges Leben haben und nicht ins Gericht kommen werden (Johannes 5,24). In seinem Wort ruhen wir; es ist unser Alles in Anbetracht der Tatsache, dass er nicht mehr unter uns ist.  Wenn uns sein Wort weggenommen werden könnte, würde unsere Finsternis undurchdringlich sein.

Es bestehen bedeutende Unterschiede zwischen den beiden Abschlüssen der Berichte über dieses Wunder, so wie sie uns in Matthäus und Lukas gegeben werden. Sie sind nicht etwa durch Fehler der Schreiber entstanden, sondern durch die besondere Leitung des Heiligen Geistes. Er gab jedem ein, welche Besonderheiten hervorgehoben und welche ausgelassen werden sollten. So schreibt auf der einen Seite Matthäus besonders im Hinblick auf Israel und fügt die ernste Warnung des Herrn an sie an, dass viele von weither kommen und mit Abraham, Isaak und Jakob gesegnet werden würden, während die Söhne des Reiches hinausgeworfen werden würden. Ein solches Wort war absolut notwendig für ein Volk, das seine Hoffnung auf religiöse Anhängerschaft und Vorrechte setzte und damit den persönlichen Glauben vernachlässigte.

Lukas, auf der anderen Seite, war selbst Heide und schrieb im Hinblick auf die Heiden. Deshalb ließ er die Warnung an Israel aus und hebt anstelle dessen hervor, was für die Heiden so lehrreich ist: dass nämlich der Hauptmann zuerst die jüdischen Ältesten zum Heiland sandte, damit diese für ihn Fürsprache einlegen. So wie die Warnung von Matthäus zur Demütigung des jüdischen Stolzes beabsichtigt war, sollte diese von Lukas eingefügte Tatsache dazu dienen, die Einbildung der Heiden herabzusetzen. Sind wir nicht geneigt zu vergessen, dass es eine Tatsache ist, dass wir alles durch die Juden empfangen haben? Die Schriften, der Heiland, die ersten Prediger der Christenheit – all dies kam zu uns aus dem Schoß Israels. Hätte man sich daran erinnert, hätten sich die Kinder Abrahams nicht über Jahrhunderte hinweg über die Bedrückung durch „christliche“ Hände beklagen müssen.

Der Knecht wurde geheilt. Der Glauben seines Herrn konnte nicht abgelehnt werden. Genauso wird der Glauben an das Wort des abwesenden Heilands stets die volle Anerkennung Gottes bekommen.

[Übersetzt von Benjamin Runkel]