Ein Rückblick auf 40 Jahre in der Wüste

1.      Der Aufbruch ins verheißene Land (V. 1–8)

2.      Die Einsetzung von Richtern und Häuptern (V. 9–18)

3.      Die Erforschung des Landes (V. 19–28)

1.      Der Aufbruch ins verheißene Land (V. 1–8)

Wir finden im 5. Buch Mose die Wiedergabe der Worte Moses im 40. Jahr nach dem Auszug der Kinder Israel aus Ägypten. Das Volk hält sich im Osten des Jordan, in den Ebenen Moabs, auf (V. 5). Mose hat bereits Sihon und Og, die Könige der Amoriter, geschlagen und von ihrem Land Besitz ergriffen (4. Mose 21,21–35). Der HERR öffnet ihm nun den Blick für die Eroberung des verheißenen Landes in seinem vollen Ausmaß, d. h. bis zum Fluss Euphrat. Dieses Gebiet würde zwar erst in einer zukünftigen Zeit in die Hände Israels fallen, aber Gott stellt dem Glauben dennoch seine ganze Macht zur Verfügung. Doch würde es reichen, um das ganze Erbteil (5. Mose 11,24) in Besitz zu nehmen? (Vgl. 1. Mose 15,18; Jos 1,4).

Mose richtet sich jetzt direkt an das Volk Israel, „nach allem, was der HERR ihm an sie geboten hatte“ (V. 3), wie es von einem treuen Diener erwartet wird. Er betont in diesen ersten Kapiteln vor allem die Treue Gottes in Bezug auf sein Volk. Er greift den Verlauf der Ereignisse seit dem Aufbruch vom Horeb am Berg Sinai wieder auf (V. 6). Der HERR hatte seinem Volk das ganze Land der Verheißung vorgestellt: „Geht hinein und nehmt das Land in Besitz, das der HERR euren Vätern geschworen hat“ (V. 8). Die Treue Gottes öffnet ihnen folglich weite Horizonte seiner Verheißungen und Segnungen. Zwischen Horeb, dem Ort des Bundes vom Sinai, und der Grenze Kanaans, dem verheißenen Erbteil, lag keine allzu große Distanz. Es ging um 11 Tagereisen (V. 2). Obwohl es für Gott ein direkter und kurzer Weg war, dauerte die Wüstenwanderung schließlich durch den Unglauben des Volkes 40 Jahre. Welch eine Warnung für uns, die wir uns auf dem Weg zum Himmel befinden! Gott hat uns für die Herrlichkeit bestimmt und nicht etwa für Irrwege in der Wüste. In der ein oder anderen Weise hat es uns allen an Glauben gemangelt. Gott wünscht, dass wir über unsere bisherigen Wege Buch führen, wie Mose es damals tat. Er führt uns zu Abschnitten in der Geschichte Israels, wo wir über unser Leben persönlich Bilanz ziehen können.

2) Die Einsetzung von Richtern und Häuptern (V. 9–18)

Das Volk befindet sich also auf dem Weg und der HERR nimmt alles in Augenschein, was zu seiner Ehre in der Mitte der Stämme im Geist der Gerechtigkeit, Ordnung und Liebe passiert. Es ist demütigend, die widrigen Geschehnisse zu sehen, die sich in der Mitte des Volkes Gottes zutrugen. Diese Dinge würden nicht entstanden sein, wenn die Liebe Gottes in Herzen regiert hätte, die sich seinem Willen unterwerfen wollten. Doch die Gnade tritt vorsorgend dazwischen und begegnet den Zwistigkeiten. Auch heute können wir sicher sein, dass sich diese Gnade nicht verändert hat.

Mose macht in diesem Abschnitt eine Anspielung auf ein Ereignis, wo er in einem Moment der Müdigkeit, Enttäuschung und fortgesetztem Murren auf Seiten des Volkes, den HERRN bat, einen Teil seiner schweren Verantwortung auf andere zu übertragen (4. Mose 11,14). Die Bestimmungen, die bei dieser Szene in 2. Mose getroffen wurden (2. Mose 18,13–27), ähneln denen in 4. Mose, ohne allerdings Jethro zu erwähnen (Fußnote 1). Wir können in diesen beiden Szenen zwei wertvolle Grundsätze kennenlernen, die zu allen Zeiten gültig sind:1.      Wenn Gott einen Dienst oder eine Aufgabe vergibt, ist er auch in der Lage, seinem Diener die nötige Energie und alle notwendigen Mittel zu verleihen, um ihnen nachzukommen, heute wie damals.

2.      Wenn es zu einer Zusammenarbeit oder Neuverteilung der Aufgaben im Werk des HERRN kommt, muss es in Abhängigkeit vom Heiligen Geist geschehen.

Hier unterstreicht Mose das, was Gott für sein Volk getan hat und von ihm erwartet wurde. Gott hat ihn gemäß seiner Verheißung wie die Sterne des Himmels vermehrt (1. Mose 15,5; 22,17). Er hat eine richterliche Anordnung zugelassen, um auf allen Ebenen zu seiner Verherrlichung Gericht ausüben zu lassen: „Das Gericht ist des HERRN“ (V. 17). Niemand soll bevorzugt oder durch Ausübung von Druck bzw. Drohung benachteiligt werden: „Ihr sollt euch vor niemand fürchten“ (V. 17). Werden Differenzen zwischen zwei Gläubigen heute in demselben Geist behandelt, wird es nicht dazu kommen, dass Rechtsstreitigkeiten vor weltlichen Gerichten entschieden werden müssen (vgl. 1. Korinther 6,1–8).

3) Die Erforschung des Landes (V. 19–28)

Mose kommt jetzt auf einige der traurigen Ereignisse zurück, die dazu geführt haben, dass das Volk 40 Jahre in der Wüste zubringen musste, bevor es ins verheißene Land eintrat. Das Volk verlässt den Horeb und erreicht den Berg der Amoriter, der sich direkt an der Grenze des Landes Kanaan befindet. Vers 20 zeigt, dass sie nur noch hinaufziehen müssen, um das Gebirge in Besitz zu nehmen. Die weite, schreckliche Wüste liegt hinter ihnen und Gott ermuntert sie mit den Worten: „Fürchte dich nicht und verzage nicht!“ (V. 21). Doch Israel mangelt es an Glauben, um die göttlichen Verheißungen in Besitz zu nehmen und sich auf die Hilfe Gottes zu verlassen. Es scheint, als ob es lediglich menschliche Vorsicht ist, die sie dazu bewegt, doch verbirgt sich hinter dieser Fassade tatsächlich die Abwesenheit des Glaubens an Gott. Die Hand, die sie durch die Wüste geleitet hatte, war auch willens und in der Lage das Land in Besitz zu nehmen.

Für uns Gläubige verhält es sich nicht anders, wenn wir daran denken, dass wir Genossen der himmlischen Berufung sind (Hebräer 3,1). Der Herr ermuntert auch uns, ins Land einzugehen und es in Besitz zu nehmen, wobei wir in Christus bereits alle verheißenen Segnungen in dieser und der zukünftigen Lebensperiode besitzen (Epheser 1,3; 1. Timotheus  4,8). Wir können diese Dinge schon heute genießen und sind darüber hinaus, den Gehorsam seinem Wort gegenüber vorausgesetzt, durch den Glauben Pfandgläubiger geworden.

Angetrieben durch ihr Misstrauen und ihre Furcht, wollen die Israeliten stattdessen zunächst Spione vorausschicken, um das Land zu erkunden. In Vers 22 sehen wir, wie Mose ihre Verantwortlichkeit in dieser Sache herausstellt. In 4. Mose lesen wir nur, dass der HERR zu Mose geredet hatte, um die Spione auszusenden, wogegen an dieser Stelle klar wird, dass es ihr innerster Wunsch war, dem Mose nachgab. Gott kannte ihr ungläubiges und rebellisches Herz, das sich bei diesem Test offensichtlich zeigte. Mose akzeptiert also ihren Vorschlag und entsendet 12 Männer. Nachdem sie ihre Aufgabe erledigt haben, bringen sie eine Auswahl der Früchte Kanaans, wobei sie dadurch nur den Reichtum des verheißenen Landes unter Beweis stellen. Ihr Bericht über die Bewohner des Landes, deren Körpergröße sowie die „bis an den Himmel“ reichenden befestigten Städte (V. 28) jagt dem Volk jedoch Angst ein. Sie gehen in ihrer Unverschämtheit sogar so weit zu sagen, dass der HERR sie aus Hass aus dem Land Ägypten herausgeführt hat, um sie in die Hand der Amoriter zu geben, damit diese sie vertilgten (V. 27).

Obwohl Gott seine wunderbare Güte und Geduld seinem Volk gegenüber zeigt, bringen die Kinder Israel ihm keine Wertschätzung dar. In seinem natürlichen Zustand ist der Mensch dazu auch niemals in der Lage. Hätten sie wie Josua und Kaleb Vertrauen in Gottes Liebe und Macht gehabt, hätten sie sich durch diese scheinbaren Widerstände nicht abschrecken lassen. Im Gegenteil, sie hätten die Sprache Davids gesprochen: „Auf Gott vertraue ich; ich werde mich nicht fürchten; was sollte der Mensch mir tun?“ (Psalm 56,12). Können wir diese Worte im Glauben nachsprechen?

[Übersetzt aus „Sondez les Ecritures“ von Stephan Keune]

Fußnote 1: Die Begebenheit in 2. Mose 18 enthält einige Ähnlichkeiten zu der in 4. Mose 11. Allerdings gibt es auch einen fundamentalen Unterschied: Das Gesetz war noch nicht gegeben worden. Die Szene in 2. Mose 18 hat darüber hinaus auch symbolische und prophetische Bedeutung, die sich auf die Herrschaft Christi bezieht, wo den Heiligen weltweite Verwaltungsaufgaben anvertraut werden (1. Korinther 6,2).